Die Beerdigungsgebühr war 20 Prozent zu hoch

Saarbrücken · 2012 kippte das Oberverwaltungsgericht einen Beerdigungsgebühren-Bescheid der Stadt – weil er rund 20 Prozent zu hoch war. Inzwischen hat die Stadt die Gebühr gesenkt – aber nur um 6,1 Prozent.

 Blick über Gräber auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof. Foto: Becker&Bredel

Blick über Gräber auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Baff und auch ein bisschen empört war SZ-Leserin K.P. (Initialen geändert), als sie kürzlich die Preisliste der Stadtverwaltung für Beerdigungen studierte - also die "Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Friedhöfe und Bestattungseinrichtungen".

Ganz besonders staunte Frau P. über den Preis für die Beerdigung einer Urne in einem bereits bestehenden Grab "für Körperbeisetzungen". Die kostet in Saarbrücken 1150 Euro.

Auf genau diese Art hatte Frau P. 2008 ihren Mann beerdigen lassen. Damals verlangte die Stadt dafür 1225 Euro. Frau P. schien das zu viel. Sie klagte gegen den Gebührenbescheid - und bekam Recht in der zweiten Instanz. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hob den Gebührenbescheid über 1225 Euro auf, verurteilte die Stadt dazu, die Verfahrenskosten zu bezahlen und ließ gegen dieses Urteil keine Revision zu.

Die Urteilsbegründung ist äußerst detailliert und 32 Seiten lang. Grob vereinfacht argumentiert das OVG wie folgt: Der Stadtrat erlässt die Friedhofssatzung. Darin ist geregelt, wofür die Stadt bei Beerdigungen kassieren darf - und wofür nicht. Für Letzteres erhebt sie dann Grabnutzungsgebühr.

Das OVG entdeckte nun aber, dass die Stadt mit der Beerdigungsgebühr für Dinge kassierte, die sie nach der Friedhofssatzung gar nicht berechnen durfte. Das Gericht nannte das "satzungswidrige Zuordnung von ganz erheblichen Kosten zur Bestattungsgebühr".

Nachdem das OVG den ersten "satzungswidrig" zugeordneten Posten ermittelt hatte, war klar, dass der Gebührenbescheid für Frau P. nicht gerechtfertigt war, sondern um mindestens 20,54 Prozent (251,62 Euro) zu hoch. Danach suchte das Gericht keine weiteren Fehler mehr, vermutete aber, dass durchaus noch welche zu finden gewesen wären - denn laut OVG "dürften" die 20,54 Prozent "aller Voraussicht nach im Ergebnis noch um einige Prozentpunkte zu niedrig angesetzt sein".

Damit hatte das OVG quasi erklärt, für eine Urnenbeisetzung in einem bereits vorhandenen Grab "für Körperbestattungen" könne Saarbrücken höchstens 973,38 Euro kassieren - jedenfalls solange die Friedhofssatzung von 2008 gilt. Und selbst das sei wahrscheinlich noch zu viel. Das Urteil gegen die Stadt (Az 1 A 6/12) erging am 3. Dezember 2012.

Trotzdem kostet diese Art Beerdigung seit März gemäß Stadtratsbeschluss immer noch 1150 Euro - also nur 6,1 Prozent weniger als 2008.

Auf SZ-Anfrage bestätigte die Stadt: "Das OVG hatte 2012 in seinem Urteil festgestellt, dass der Bestattungsgrundgebühr bei Erdurnenbeisetzungen auf Basis der Satzung von 2008 teilweise zu hohe Aufwendungen zugeordnet worden sind. Diese Aufwendungen seien den Grabnutzungsgebühren zuzuordnen."

Allerdings meint die Stadt, das OVG habe ja nur einen Einzelfall durchgerechnet, daher wäre es falsch aus dem Urteil zu folgern, "dass die Gebühren bei Erdurnenbeisetzungen generell um 20 Prozent gesenkt werden müssten". Einer "neuen Gebührenberechnung" könne ja auch "eine geänderte Berechnung zugrunde liegen".

Gleichzeitig beteuert die Stadt aber auch: "Unser Friedhofs- und Bestattungsbetrieb hat die Gebühr bereits in 2011 und 2012 um jeweils 50 Euro, also um insgesamt rund 10 Prozent, gesenkt und ist damit den Vorgaben des Gerichts bereits teilweise gefolgt. Inwieweit weitere Anpassungen notwendig sind, prüft unser Friedhofs- und Bestattungsbetrieb für die Anpassung der Satzung in 2015." Dabei müssten allerdings auch die "Kostensteigerungen" seit 2008 berücksichtigt werden.

2010 zählte die Stadt 1136 Erdurnenbeisetzungen, 2011 waren es 1067 und 2012 weitere 1045. Vorsorglich stellte die Stadt in diesem Zusammenhang klar: Nur wer binnen vier Wochen gegen einen Gebührenbescheid Widerspruch einlegt, kann gegen den Bescheid vorgehen.
Meinung

Solche Bürger brauchen wir

Von SZ-Redakteur
Jörg Laskowski

Schade. Dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) hätten wir früher kennen sollen. Dann hätte die Stadt sich wohl etliche fristgerechte Widersprüche gegen ihre Beerdigungsgebühren eingefangen - und einige Beerdigungen wären dann wohl billiger geworden. Denn Stadtverwaltung und Stadtrat hätten mit Sicherheit einige Zeit gebraucht, um die Friedhofssatzung und die Gebührenordnung so zu verändern und abzusegnen, dass alles juristisch korrekt gewesen wäre und trotzdem ein gerechtes Verhältnis zwischen Beerdigungsgebühr und Grabnutzungsgebühr bestanden hätte. Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Wenn der Preis für die Beerdigung sinkt, steigt die Grabnutzungsgebühr - jedenfalls solange die Friedhofssatzung es erlaubt. Beide - die Gebührenordnung genau wie die Friedhofssatzung - muss der Stadtrat absegnen. Der wird in Zukunft da sicher genauer hinschaun. Denn die Stadt hätte sich ja auch viel Arbeit und eine Klatsche vor Gericht samt Verfahrenskosten erspart, wenn die Verwaltung dem Stadtrat von vornherein juristisch korrekte Beschlussvorlagen an die Hand gegeben hätte. Oder war das Absicht? Weil sonst die Grabnutzungsgebühr explodiert wäre. Nein, sicher nicht! Und dass wir heute all dies wissen, verdanken wir einer wackeren Saarbrücker Seniorin, die erst bis vor OVG gezogen ist, dann die Gebührenordnung der Stadt im Auge behielt und zuletzt auch die SZ informierte. Danke Frau K.P. Solche Bürger braucht das Land.

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