Soll man Flüchtlinge im Dorf lassen?

Saarbrücken · Ob es für die Gesellschaft von Vorteil ist, wenn Flüchtlinge verpflichtet werden, in den Dörfern wohnen zu bleiben? Die Bundesregierung plant ein solches Gesetz, die Landtagsfraktionen sehen es kontrovers.

 Die Bundesregierung will Asylbewerbern vorschreiben, wo sie wohnen sollen. Foto: Kastl/dpa

Die Bundesregierung will Asylbewerbern vorschreiben, wo sie wohnen sollen. Foto: Kastl/dpa

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. Der CDU-Landtagsabgeordnete Hermann Scharf kommt vom Lande und zeigt seinen Stolz darüber. "Ich bin ein Verfechter der Residenzpflicht", sagte der Oberthaler gestern vor Journalisten im Landtag. Gerade in kleinen Dörfern gelinge die Integration von Flüchtlingen sehr gut, betonte Scharf. Es sei "wahnsinnig", wie stark sich die vielen Ehrenamtler etwa in Sotzweiler oder Steinberg-Deckenhardt für die Einbindung der Flüchtlinge in die dörflichen Gemeinschaften engagierten. Er habe selbst beobachtet, wie ein junger Afghane jetzt in eine Freiwillige Feuerwehr aufgenommen worden sei und sich dort wohlfühle.

Auch SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn sagte, dass die Vorteile der Residenzpflicht im Saarland überwögen. Er unterstütze daher die Beschlüsse der CDU/SPD-Bundesregierung. Demnach sollen die Länder ermächtigt werden, anerkannten Asylbewerbern für bis zu drei Jahre vorzuschreiben, wo sie wohnen sollen. Studenten und Lehrlinge werden davon ausgenommen.

"Die Residenzpflicht legt das fest, was seit über einem Jahr im Saarland praktiziert wird", betonte Pauluhn. Es gebe zwar Probleme mit der Anbindung durch den Öffentlichen Personennahverkehr oder fehlende Supermärkte in den Dörfern. Doch die Vorteile der sozialen Einbindung überwögen, sagte der Walsheimer. Zu einem Integrationsgesetz auf Landesebene habe es in der CDU/SPD-Koalition in Saarbrücken jedoch noch keine Debatte gegeben, sagte Pauluhn.

Verhalten positiv äußerte sich Linksfraktionschef Oskar Lafontaine zu einer Residenzpflicht für Flüchtlinge . In vielen Dörfern gebe es keine Ärzte und Geschäfte, auch die Buslinien seien oft schlecht organisiert. Doch gelte es auch, "Zusammenballungen" von Flüchtlingen in den großen Städten zu vermeiden, erklärte der Silwinger. Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer sieht in der Residenzpflicht zwar ein Mittel gegen eine Ghetto-Bildung in den Städten. Doch statt Zwang auf die Flüchtlinge auszuüben, wäre es besser, Bus- und Bahnsystem attraktiv zu machen, betonte Hilberer. "Das ist purer Aktionismus, da steckt kein Integrationsplan dahinter", sagte der St. Wendeler. Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich sagt vor allem Schwierigkeiten bei der Job-Suche für Flüchtlinge voraus, wenn sie an ein Dorf gebunden würden. "Das ist ein immenses Problem", betonte der Saarlouiser.

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