Zusammen feiern klappt schon mal

Saarbrücken · Jahrelang lebten die Hochschule für Technik und Wirtschaft und Alt-Saarbrücken nebeneinander her. Damit soll Schluss sein. Ein gemeinsames Fest am Freitag hat gezeigt, dass sie auf einem guten Weg sind.

Lothar Henkel hat sein Smartphone dabei und drückt ab. So sieht es jetzt hier also aus, davon will er ein Foto haben. Ganz allein steht er da, aber das Begegnungsfest von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und Alt-Saarbrücken steigt ja auch ein paar Meter weiter unten in der Straße. Nein, Lothar Henkel ist keiner von diesen ominösen Anwohnern, die angeblich noch nie etwas von einer Hochschule in ihrer Nachbarschaft gehört haben. Ende der 60er Jahre hat er hier studiert, und zwar Elektrotechnik. "Damals war natürlich noch weniger HTW in der Stadt, den Neubau gab es noch nicht", aber dafür ist er ein Student gewesen, nach dem Hochschule und Viertel heute dringend streben: einer, der hier gelernt und auch noch um die Ecke gewohnt hat.

HTW und Alt-Saarbrücken, das war jahrelang eine Beziehung mit fast schon literarischem Charakter, wie sie nur zwischen Nachbarn in einer anonymen Mietskaserne am Großstadtrand entstanden sein kann - nämlich keine. Lange Zeit kehrten sie sich den Rücken zu. Der Haupteingang des HTW-Gebäudes führte nach hinten zur Saaruferstraße hinaus und nicht in den Stadtteil hinein. Das hat sich aber mittlerweile geändert, und wer hier anständig studieren möchte, muss oder darf durch das sogenannte Untere Alt-Saarbrücken, das in den vergangenen Jahren zugegebenermaßen, und dem widersprechen die meisten Beteiligten nicht, in sozialer und ökonomischer Hinsicht einen Abwärtstrend erlebt hat.

So schreibt es die HTW in ihrem Hintergrundblatt zum seit acht Jahren laufendem Gemeinschaftsprojekt mit dem Stadtteilbüro "Hochschule in der Stadt: Hochschulöffnung Alt-Saarbrücken". Sie sieht in sich selbst großes Potenzial, einem Identitätsverlust in ihrem Viertel entgegen zu wirken - mit Veranstaltungen, Froschungen, vielleicht mit Initialzündungen zu einem pulsierendem Studentenleben mit ansässigen Studierenden, "urigen Kneipen" und "interessanten Geschäften" , so, wie es hier ja kaum noch ist. Thomas Hippchen vom Stadtteilbüro nickt. "Ja, aber das soll sich ändern und wird es auch", sagt er und strahlt.

Denn das Kennenlernfest von Hochschule und Nachbarschaft hat Fahrt aufgenommen. Und wie. Seit Juli vergangenen Jahres dauert schon die Vorbereitung an, bei der HTW, Stadtteilbüro und viele viele mehr, darunter Senioren und syrische Familien, in die Hände gespuckt haben, sagt Cristine Schweickard, die Referentin des HTW-Rektors, "und das war noch zu knapp." Aber der Glückszustand darüber, dass alles gelungen ist, stellt sich dafür schon nach ein paar Minuten ein, noch bevor der riesige Heliumballon des HTW-Saar-Strato-Teams hoch zur Stratosphäre startet. Von dort soll es später Daten und Fotos geben.

Richtig viele Anwohner sind gekommen, um sich die Stände und Angebote von HTW und Stadtteil-Vertretern anzusehen, die Teddybärenklinik des Studiengangs Pflege oder den selbstlenkenden Roboter des Embedded Robotic Labors, wo Besucher Moritz (10) mit dem Pad ein Weilchen Kleinwissenschaftler spielen darf.

Dass viele Anwohner da sind, stimmt. Das hat das Institut Soziale Arbeit nach einer unaufdringlichen Befragung schon hieb- und stichfest im Klammbrett notiert. Und ohnehin scheint es eher ein Gerücht, dass Alt-Saarbrücker nichts von ihrer Hochschule wissen. Gleich die erste Passantin in der Hohenzollernstraße kann den Weg zum Gebäude zeigen. Die Frage war nur ein Test. Die Rentnerin hat ihn bestanden.

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