Droht in Flüchtlingszelten jetzt die Grippe?

Saarbrücken · Es werden vermehrt Zelte für Flüchtlinge im Saarland aufgestellt, da es an Wohnungen mangelt. Ob Zeltinsassen in diesem Herbst und Winter gegen Grippe geimpft werden sollen, wird von Experten noch diskutiert.

. Nicht nur in Lebach stehen Zelte für mehrere hundert Flüchtlinge , auch in Homburg und Saarlouis laufen die Planungen für den Zeltaufbau auf Hochtouren. Doch wie können die Menschen, die nach harten Strapazen und oft monatelangem Stress im Saarland ankommen, in diesem Herbst und Winter gegen die Grippe geschützt werden, wenn sie vielleicht wochenlang in den Massenunterkünften leben müssen? Der Präsident des saarländischen Roten Kreuzes Michael Burkert (SPD ) sagte der SZ: "Wir orientieren uns bei diesem Thema natürlich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (RKI) und befürworten diese. Man sollte aber auch wissen, dass die Empfehlungen sich in erster Linie auf Schwangere, über 60-Jährige und chronisch Kranke beziehen und dass die Mehrheit der Flüchtlinge nicht zu dieser von der Kommission genannten Gruppe gehört." Ebenso spreche die Kommission von Aussiedlern, Flüchtlingen und Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften. "Man kann natürlich darüber nachdenken, ob man diese Impfung nicht doch im Einzelfall anbieten sollte, da viele doch einen strapaziösen Weg zurückgelegt haben, möglicherweise zu Lasten Ihrer Gesundheit", erklärte Burkert. Selbstverständlich werde das Rote Kreuz Saarland mithelfen, Impfaktionen bei Flüchtlingen mitzuorganisieren. "Wir stehen als Hilfsorganisation auch bei dieser Aufgabe zur Verfügung, zum Beispiel mit medizinischen Hilfskräften", betonte Burkert.

Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU ) prüfe das Angebot einer Grippeimpfung für Flüchtlinge , teilte ihre Sprecherin Annette Reichmann auf Anfrage mit. Ende Oktober entscheide ein Bund-Länder-Gipfel diese Frage.

Der Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung Dr. Gunter Hauptmann zeigte sich zurückhaltend gegenüber einer Impfung aller Flüchtlinge in den Massenunterkünften. "Für die Grippeimpfung gelten die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts, so dass die über 60-Jährigen und chronisch Kranke geimpft werden sollten", sagte Hauptmann der SZ. Es sei jetzt zwar Aufgabe der Landesregierung zu prüfen, was der rechtliche Rahmen erlaube. Aus seiner Erfahrung aus der Praxis in der Landesaufnahmestelle in Lebach wisse er aber, dass die meisten der Flüchtlinge nicht zu der Personengruppe zählten, für die das RKI eine Grippeimpfung empfehle. Hauptmann riet dazu, die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer zu impfen, um eine Grippeverbreitung zu verhindern. Wenn doch unter den Flüchtlingen in Lebach geimpft werde, sei das Innenministerium der Kostenträger.

Gestern ließ sich Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) von Hauptmann gegen Grippe impfen, wie die Ärztekammer mitteilte. Kramp-Karrenbauer gehört zu einer Risikogruppe: Sie kommt mit vielen Menschen in Kontakt. Die Püttlingerin wies demnach bei der Impfung im Landtag darauf hin, dass die Influenza leicht übertragbar sei. "Vor allem ältere Menschen, chronisch Kranke und Personen, die aufgrund ihres Berufes mit vielen Menschen in Kontakt kommen, sind besonders gefährdet, sich mit der Virusgrippe zu infizieren und sollten sich impfen lassen", sagte Kramp-Karrenbauer. Der Präsident der Ärztekammer Dr. Josef Mischo bezeichnete "weitere Impfungen über diese Risikogruppen hinaus als "ebenso wünschenswert". Mischo zählte auch Bewohner von Pflegeheimen zur Gruppe, die im Falle einer Ansteckung ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe hätten.

rki.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort