Endet Streit ums Geld vor Gericht?

Saarbrücken · 246 Millionen Euro müssen die zehn Kommunen an den Regionalverband überweisen. Die Stadt Saarbrücken kritisiert, der Regionalverband spare zu wenig. Nun könnte es zu einer Musterklage Heusweilers kommen, an die sich Saarbrücken dranhängen würde..

 Die Kommunen müssen jeden Schein umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Deshalb stöhnen die Städte und Gemeinden über die hohen Zahlungen an den Regionalverband. SZ-Archivfoto: Honk

Die Kommunen müssen jeden Schein umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Deshalb stöhnen die Städte und Gemeinden über die hohen Zahlungen an den Regionalverband. SZ-Archivfoto: Honk

Jeden Dezember verschlechtert sich die Laune der Verwaltungschefs in den zehn Regionalverbands-Kommunen rapide. Dann gibt der Verband bekannt, wie hoch die von den Kommunen zu zahlende Umlage ist. 246 Millionen Euro sind es 2017, rund 20 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Obwohl der Regionalverband die Umlagebescheide noch gar nicht verschickt hat, regt sich bereits Widerstand. Der Saarbrücker Stadtrat hat die Verwaltung ermächtigt, Widerspruch gegen den Umlagebescheid einzulegen. So steht es in der Vorlage, der der Stadtrat Ende 2016 zustimmte. Führt dies nicht zum Erfolg, werde die Verwaltung sich an einem Musterprozess, den Heusweiler einleiten könnte, finanziell beteiligen. "Der Haushaltsentwurf des Regionalverbandes lässt keine angemessenen Konsolidierungsbemühungen erkennen und belastet die betroffenen Haushalte derart, dass alle Maßnahmen der Gemeinden und Städte zur Sanierung ihrer Haushalte ins Leere laufen", erklärt die Saarbrücker Verwaltung in der Vorlage.

Bereits 2013 hatte die Stadt Saarbrücken Widerspruch gegen die Umlage eingelegt. Diesen hatte der Rechtsausschuss des Regionalverbandes zurückgewiesen. Der Widerspruch sei auch jetzt wichtig, weil eine Kommune nur dann auch vor dem Verwaltungsgericht klagen könne, so Stadtpressesprecher Thomas Blug. Wenn Heusweiler Erfolg habe, könnten sich alle anderen auf dieses Urteil beziehen und möglicherweise eine Reduzierung der Umlage erwirken. Sollte das Gericht entscheiden, dass die Umlagebescheide rechtswidrig sind, müsste der Verband neu kalkulieren, so der Saarbrücker Verwaltungsdezernent Jürgen Wohlfahrt. Aus Kostengründen sei es besser, wenn eine kleinere Gemeinde klagt.

Heusweilers Bürgermeister Thomas Redelberger (CDU ) sagte, er prüfe derzeit, ob die Gemeinde die Musterklage anstrengt. Der Umlagebescheid liege auch ihm noch nicht vor. Vor Gericht solle gegebenenfalls geklärt werden, ob die Finanzströme zwischen Regionalverband und Kommunen so rechtens sind, aber auch, ob Bund und Land den Regionalverband ausreichend bei der Finanzierung seiner Aufgaben unterstützen. Redelberger ärgert, dass er in der Gemeinde Heusweiler spare, aber vieles wieder von der Umlage aufgefressen werde.

Die Verwaltungschefs sind sich aber nicht einig. Riegelsbergs Bürgermeister Klaus Häusle (SPD ) kündigte an, wenn der Gemeinderat nicht anders entscheide, werde er keinen Widerspruch einlegen und eine Klage nicht unterstützen. Diese sei aussichtslos. Zudem habe Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD ) schlüssig begründet, dass die erneut gestiegenen Sozialkosten an der höheren Umlage schuld sind. In einem Schreiben nennt Gillo die Ausgaben für Jugendhilfe, Langzeitarbeitslose und arme Rentner. Es sei "nicht klug, wenn sich die Städte , Gemeinden und Kreise selbst zerfleischen, statt gemeinsam bei Bund und Land um eine bessere finanzielle Ausstattung der gesamten kommunalen Familie zu kämpfen." Weil die Sozialausgaben den Kommunen die Luft zum Atmen nähmen, müsse der Bund sie finanzieren.

Den Vorwurf, der Regionalverband spare zu wenig, weist Gillo zurück. "Die Landkreise dürfen nur 0,5 Prozent der Umlagegrundlagen für sogenannte abweisbare Aufgaben ausgeben. Das wären 1,9 Millionen Euro für den Regionalverband. Tatsächlich geben wir aber nur 1,4 Millionen Euro aus."

Er fordert die Verwaltungschefs auf, Farbe zu bekennen und klar zu sagen, wo der Regionalverband sparen soll. Gillo: "Sollen wir die Jugendzentren schließen oder die Schulgebäude nicht mehr sanieren? Die Bürgermeister dürfen nicht so tun, als würden wir ihr Geld für etwas ausgeben, was mit ihnen nichts zu tun hat."

Meinung:

Ein verzweifelter Hilferuf

Von SZ-Redakteur Markus Saeftel

Die Regionalverbandsumlage nervt die Stadt Saarbrücken seit Jahren und ist der größte Posten im Haushalt. Während die Stadt und die anderen Kommunen eisern sparen müssen und ihnen die Kommunalaufsicht auf den Füßen steht, kann sich der Regionalverband das Geld von den Kommunen holen. Die haben den Verdacht, dass das den Sparwillen bei Verwaltungschef Peter Gillo (SPD ) nicht gerade fördert - auch wenn der das Gegenteil beteuert. Nun haben einige Verwaltungschefs genug. Erst wollen sie der Umlage widersprechen, dann könnte eine Musterklage vor dem Verwaltungsgericht folgen. Die Botschaft ist klar: Wir lassen uns nicht mehr alles gefallen.

Allerdings sollte Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) auch bedenken: Die Landeshauptstadt profitiert vom Regionalverband. Ohne die Unterstützung der anderen Kommunen bei den Sozialkosten wäre die Belastung für die Stadt noch größer. Denn in Saarbrücken ballen sich die Probleme: Hier leben die meisten Familien, die Hilfe vom Jugendamt brauchen, und die meisten saarländischen Hartz-IV-Bezieher.

Das kleine Heusweiler soll nun vorangehen, weil der Streitwert vor Gericht geringer wäre als bei der Stadt Saarbrücken . Doch eine Klage ist keine Lösung. Land, Kommunen und Regionalverband müssen endlich gemeinsam einen Weg aus der Finanzmisere finden. Das heißt: den kommunalen Finanzausgleich aufstocken und unnötige Doppelstrukturen bei Stadt und Regionalverband abschaffen, außerdem eine deutlichere Entlastung bei den Sozialausgaben durch den Bund. Und schließlich sollte das Land den Kreisen bei den Ausgaben stärker auf die Finger schauen.

Zum Thema:

 Der Regionalverband hilft vielen Familien. SZ-Archivfoto: dpa

Der Regionalverband hilft vielen Familien. SZ-Archivfoto: dpa

Hintergrund Erst nachdem die Kommunalaufsicht den Haushalt des Regionalverbandes genehmigt hat, werden die Umlagebescheide an die Kommunen verschickt - und erst dann ist ein Widerspruch möglich. Darauf weist Regionalverbandssprecher Lars Weber hin. Über einen Widerspruch entscheidet der Rechtsausschuss des Regionalverbandes. Der hat drei Mitglieder: einen Juristen oder eine Juristin aus der Verwaltung sowie zwei Beisitzer. Diese schlagen die Fraktionen vor. Im Ausschuss sind Mehrheitsentscheidungen möglich, sagt Weber. Gegen die Entscheidung des Rechtsausschusses kann Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht werden. 2013 hatte der Ausschuss den Widerspruch der Saarbrückens zurückgewiesen, die Stadt sei dann nicht vor Gericht gezogen. sm

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort