„Kita-Strukturen noch wie 1974“

Saarbrücken · Kindertagesstätten gelangen zunehmend an ihre Belastungsgrenze: Das haben gestern die Wohlfahrtsverbände im Saarland beklagt und personelle, fachliche und strukturelle Veränderungen in saarländischen Kitas gefordert.

Die Liga der freien Wohlfahrtsverbände hat gestern von der Landespolitik umfangreiche Maßnahmen zur Qualitätssicherung in saarländischen Kindertageseinrichtungen verlangt. "Im Wesentlichen basiert das System der Kitas auf 40 Jahre alten Strukturen", prangerte die Liga-Vorsitzende Ines Reimann-Matheis (Awo) die derzeitige Lage der Kitas im Saarland an. Insbesondere sei der pädagogische Personalschlüssel für Kitas seit 1974 nahezu unverändert geblieben, betonte Diakonie-Pfarrer Udo Blank. Ferner habe der gesellschaftliche Wandel in den vergangenen Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen in der Familienstruktur, aber auch im Berufsleben nach sich gezogen. Von diesem Umbruch seien Kitas besonders betroffen, da den Kitas eine neue Rolle zuteil werde. Die Aufgabenfelder, die heute von den Erziehern bewältigt werden müssten, seien entsprechend komplexer geworden, hieß es. So seien Erzieher durch Inklusion und kulturelle Sensibilität gefordert. Waren ehemals fünf Kinder im Alter bis zu drei Jahren pro Erzieher in einer Einrichtung vorgesehen, seien mittlerweile pro Erzieher sechs Kleinkinder die Regel. So könne zwar der Betreuungsauftrag gerade noch gewährleistet werden. Aber der Bildungs- und Erziehungsauftrag sei nicht mehr zu leisten. Zumal auch ein erhöhter Verwaltungsaufwand infolge weitreichender gesetzlicher Regularien den Arbeitsalltag von Erziehern zunehmend erschwere, betonte die Liga. Die Kitas hätten einfach zu wenig Personal , was sich negativ auf die Qualität der Einrichtungen auswirke und die Erzieherinnen zusätzlich belaste. "Der quantitative Ausbau hat stattgefunden, leider zum Teil zu Lasten der Qualität", bedauerte Reimann-Matheis und nahm die Politik in die Pflicht.

Um die Forderungen der Liga nach einer personellen, fachlichen und strukturellen Neuausstattung der Kitas zu unterstreichen, finde vom 12. bis 16. Oktober eine Hospitationswoche statt, zu der alle Saar-Landtagsabgeordneten eingeladen worden seien, damit diese sich ein Bild von der Situation der Kitas machen. Reimann-Matheis erwartete von der Woche "ein besseres Verständnis der Politik für die Belastung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine Unterstützung unserer Forderungen nach mehr Qualität in den Kindertagesstätten ."

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