Polizeipräsident: Lacour-Anwalt bringt Ermittler in Verruf

Saarbrücken · Nur 20 Minuten dauerte gestern die Verhandlung vor dem Landgericht gegen den Ex-Unterweltkönig Hugo Lacour. Kurz zuvor wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen. In der Polizei herrscht Unmut über Lacours Anwalt. Die Ermittler sehen sich verleumdet.

 Hugo Lacour

Hugo Lacour

Foto: Becker & Bredel

Gut gelaunt betrat Hugo Lacour (71) gestern den nahezu voll besetzten Verhandlungssaal des Landgerichts Saarbrücken . Der französische Staatsangehörige war am Vorabend aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil der Hauptanklagepunkt schwerer Raub nicht aufrechterhalten werden konnte. V-Leute der Polizei hatten ihn zu einem Raubüberfall auf einen Geschäftsmann in Losheim-Rissenthal ermuntert. Als Lacour mit einem Komplizen (40) am 27. März 2015 zuschlagen wollte, wurden sie am Tatort von Einsatzkräften erwartet und überwältigt. Laut Staatsanwaltschaft wurden die verdeckten Mittler eingesetzt, um eine Reihe äußerst brutaler Raubüberfälle zu klären.

Lacours Verteidiger Walter Teusch hält das Verhalten der Ermittler für rechtswidrig. Er kündigte an, dass sein Mandant am Ende des Verfahrens entscheiden wird, ob er Schadenersatzansprüche gegen die Polizei geltend machen wird. Es stünden immerhin Freiheitsberaubung und zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft im Raum. Mit der Einstellung des Raubkomplexes habe die Staatsanwaltschaft verhindern wollen, dass schwere Ermittlungsfehler öffentlich vor Gericht zur Sprache kommen.

Landespolizeipräsident Norbert Rupp stellte sich vor die Ermittler und griff Lacours Anwalt an. "Seine Äußerungen diskreditieren die Arbeit der saarländischen Polizei und befremden mich sehr", sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. Die Ermittler hätten jederzeit im Einklang mit Recht und Gesetz gehandelt. Rupp sagte, er habe die Staatsanwaltschaft gebeten, Teuschs Äußerungen "wegen falscher Verdächtigung oder Verleumdung strafrechtlich zu würdigen".

Gestern blieb nur die Anklage wegen Drogenbesitzes. Nach 20 Minuten war die Verhandlung vorbei, am Montag wird sie fortgesetzt. Der Anklage zufolge wurde Lacour im März 2013 von Zivilfahndern der niederländischen Polizei an einer Raststätte kontrolliert. Auf Nachfrage gab er an, im Kofferraum seines Autos Drogen zu transportieren. Es waren 6,5 Kilogramm Marihuana und ein Gramm Kokain. Dazu hatte er eine Sprühdose mit CS-Reizgas in einer Jacke auf dem Rücksitz.

Der Vorsitzende der Großen Strafkammer thematisierte zu Prozessbeginn die Verhandlungsfähigkeit des erkrankten 71-Jährigen. Zwei anwesende Gerichtsärztinnen und er selbst gingen von Verhandlungsfähigkeit aus.

Am Vortag war eine Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gescheitert. Für Teusch kommt allenfalls eine Bewährungsstrafe in Betracht, die Staatsanwaltschaft möchte Lacour hinter Gittern sehen. Die Verteidigung bezweifelt, ob er überhaupt bestraft werden kann: Besitz von Marihuana ist in Holland nicht strafbar.

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