Das Guddzje wird von der Saarbrücker zur saarländischen Straßenzeitung

Saarbrücken · Es gibt Kinder, die müssen auf der Straße leben. Ein Saarbrücker spielt in der Nationalmannschaft der Wohnungslosen. Wie kommt das auf den Teller, was andere in die Tonne werfen? Wo finden Menschen in Not Hilfe? Darum und noch um viel mehr geht es im Guddzje.

 Die Guddzje-Verkäufer Lisa und Andy. Foto: Andrea Dumont

Die Guddzje-Verkäufer Lisa und Andy. Foto: Andrea Dumont

Foto: Andrea Dumont

"Die Sprache der Straße", sagt Dennis Müller, "muss unverfälscht sein." Deshalb mischt er sich ein, ohne sich einzumischen. Dennis Müller ist seit einigen Tagen Vorsitzender des Vereins, der die Straßenzeitung Guddzje herausgibt. Er mischt sich also durch sein Engagement ein in die gesellschaftliche Diskussion. Denn das Guddzje will auf Probleme von Menschen in außergewöhnlichen Lebenssituationen aufmerksam machen. Es will "Verständnis schaffen", wie Müller sagt, für die Menschen, die auf der Straße leben. Menschen, zu denen wir alle werden könne, glaubt Müller. Er ist überzeugt: "Es kann jeden von uns treffen. Ein Schicksalsschlag - und man kommt nicht mehr hoch."

Das Guddzje ist aber keine Zeitung, die nur von Menschen gemacht wird, die im Warmen sitzen. Einen Teil der Texte, die im Guddzje veröffentlich werden, schreiben Wohnungslose selbst. Und "deren Artikel zerfetzen wir nicht, damit sie uns passen", sagt Thomas Siegel. Er ist der Schatzmeister des Vereins. Und sorgt dafür, dass das Guddzje seinen zweiten Zweck erfüllen kann: Es soll eine Einnahmequelle für Menschen sein, die auf der Straße leben.

Oder wie es Siegel formuliert: "Es soll den Verkäufern die Wertschätzung verschaffen, mit ehrlicher Arbeit ein paar Euro zu verdienen." Das funktioniert so: Die Händler kaufen dem Verein das Guddzje für 70 Cent ab und dürfen es dann für 1,60 Euro weiterverkaufen. Meistens runden Käuferinnen und Käufer den Preis auf, so dass mehr als die 90 Cent Gewinn drin sind.

Dass der Verein das Heft so günstig abgeben kann, liege an Unterstützern, die Geld spenden oder eine Anzeige in dem Heft schalten, erklärt Siegel. Wer das Guddzje, seine Macher und Verkäufer unterstützen will, kann das aber nicht nur mit Geld tun, betont Dennis Müller. "Man kann uns unterstützen, indem man uns Feedback gibt", sagt der Vorsitzende. Es sei wichtig zu wissen: "Wir werden nicht nur gekauft, sondern auch gelesen."

Für das ehrenamtliche Team des Guddzje sei es nicht nur wichtig, den Menschen auf der Straße "zu helfen", sagt Andrea Dumont, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Es gehe auch darum, "etwas einzufordern". Die Verkäuferinnen und Verkäufer unterschreiben eine "Selbstverpflichtung". Darin steht unter anderem, dass nicht versucht werden darf, jemandem eine Zeitung "mit Gewalt aufzudrängen" oder jemanden, der kein Interesse hat, zu beschimpfen.

Auch der Umgang der Verkäufer untereinander wird geregelt. Das ist notwendig, weil es manchmal Streit um besonders beliebte Verkaufsplätze gebe, sagt Dumont. Der Verein weist den Verkäufern keine Plätze zu, schlichtet aber ab und zu Streit um Plätze.

Einige Verkäufer haben inzwischen gemerkt, dass es Interesse an einer Straßenzeitung nicht nur in der Großstadt gibt. Ein Verkäufer fahre zum Beispiel mit dem Guddzje nach Saarlouis, sagt Siegel. Deshalb habe man den Untertitel in "Saarlands Straßenzeitung" geändert. Aber ob in Saarbrücken oder andernorts im Saarland, die Botschaft der Guddzje-Leute sei überall dieselbe, sagt Dennis Müller: "Wir wollen nicht betteln, wir wollen das Gudzzje verkaufen." Und damit die Stimmen der Straßen bündeln und an den Mann und die Frau bringen - unverfälscht.

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Auf einen BlickSeit 1999 gibt der Guddzje-Verein eine Straßenzeitung heraus. Der Verein ist per Post zu erreichen unter Postfach 10 21 40, 66021 Saarbrücken , per E-Mail unter redaktion@guddzje.de, telefonisch unter (0 68 97) 1 79 39 11 (es meldet sich ein Anrufbeantworter). olsguddzje.de

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