Evangelische Kirche beschließt Sparpaket über 11,3 Millionen Euro

Saarbrücken · Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sprudeln, dennoch hat sich die Evangelische Kirche im Rheinland einem strikten Sparkurs verschrieben. Wie wirkt sich das auf die Saar-Kirchenkreise aus? Besonders hart trifft es Arbeitslosenprojekte.

 Elf evangelische Kirchen wurden im Saarland bislang geschlossen. 2014 wurde der Kirchturm in Quierschied gesprengt. Foto: Seeber

Elf evangelische Kirchen wurden im Saarland bislang geschlossen. 2014 wurde der Kirchturm in Quierschied gesprengt. Foto: Seeber

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Es erscheint paradox: Die Kirchensteuereinnahmen steigen, gleichzeitig beschließt die Evangelische Kirche im Rheinland , der die meisten Protestanten im Saarland angehören, ein millionenschweres Sparpaket. Tatsächlich sprudeln die Steuereinnahmen (642 Millionen Euro im Vorjahr) aber nur wegen der guten Konjunktur. Die Zahl der Kirchenmitglieder und damit der Steuereinnahmen befindet sich seit den 70er Jahren im Sinkflug. Doch während andere Landeskirchen, etwa die bayerische, finanziell gut dastehen, plagen die rheinische Kirche Geldsorgen. Riskante Spekulationsgeschäfte des kircheneigenen Unternehmens bbz und ein Fehler bei den Berechnungen für die Versorgungskasse, aus der Pfarrer und Kirchenbeamte ihre Pension beziehen, haben ein tiefes Loch in den Haushalt der Landeskirche gerissen: Acht Millionen Euro strukturelles Defizit. Deshalb beschloss die Landessynode kürzlich ein Sparpaket von 11,3 Millionen Euro , um bis 2018 wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Welche Auswirkungen haben die Einschnitte auf die Saar-Kirchenkreise?

Für Christian Weyer , Superintendent des Kirchenkreises Saar-West, ist es bereits die dritte Sparrunde in seiner zehnjährigen Amtszeit: "Jedes Mal dachten wir, wir hätten es geschafft, und dann war es doch nicht genug." Die Unterdeckung der Versorgungskasse müssen die Gemeinden ausgleichen: Statt 22 Prozent müssen sie nun 25 Prozent der Kirchensteuer dafür abführen. "Das schnürt uns im Moment alles ab", sagt Weyer . "Alle Presbyterien haben große Probleme, ihre Haushalte zu stemmen."

Besonders schmerzhaft trifft die Saar-Kirchenkreise die Kürzung des Arbeitslosenfonds um 1,15 Millionen Euro . Im vergangenen Jahr flossen 240 000 Euro aus dem Fonds ins Saarland: an die Gemeinnützige Gesellschaft für Arbeitslosenberatung und Beschäftigung in Burbach (Gabb), die Neue Arbeit Saar und das Diakonische Werk. Die Gabb, die Langzeitarbeitslose berät, schult und beschäftigt, erhielt rund 35 000 aus dem Fonds. Die bevorstehenden Einschnitte "treffen uns tief ins Mark", sagt Geschäftsführer Lutz Günther. Vor allem da auch die Jobcenter ihre Finanzierung reduziert hätten. Die Arbeitslosenberatung stehe damit auf der Kippe, sagt Günther, auch der Gebrauchtwarenmarkt wäre betroffen.

In den kommenden Monaten werden die Verantwortlichen der Saar-Kirchenkreise überlegen, ob und wie die wegfallenden Mittel ersetzt werden können. "Wir müssen schauen, wo wir noch sparen können, ohne dass die Arbeit gefährdet wird", sagt Weyer . Schon in den vergangenen Jahren wurden Kirchen und Gemeindezentren geschlossen, 16 insgesamt. Weitere werden folgen - auch in Dudweiler gebe es Handlungsbedarf. Pfarr- und Personalstellen wurden gestrichen, doch Weyer versichert: "Es droht keine Entlassungswelle." Bis zur Haushaltssynode im Herbst kommen viele Aufgaben auf den Prüfstand - nicht alle, einige Dinge seien tabu, betont Weyer : "Es wird weiterhin flächendeckend genügend Pfarrerinnen und Pfarrer für die Seelsorge geben." Trotz der schwierigen Umstände ist Weyer optimistisch: "Natürlich lebt die Kirche vom Geld, aber wir haben auch einen großen Schatz in den Ehrenamtlichen."

Meinung:
Vermeidbare Fehler

Von SZ-Redakteurin Nora Ernst

Die evangelische Kirche muss sich verändern, das steht außer Frage. Die Zahl der Kirchgänger sinkt, allein 2014 verloren die Saar-Kirchenkreise 1400 Mitglieder. Das bedeutet zwangsläufig auch weniger Einnahmen . Doch die Geldsorgen der Kirche sind zu einem guten Teil selbst verursacht. Es wurden schlichtweg Fehler gemacht, die vermeidbar gewesen wären: Riskante Anlagespielchen eines kircheneigenen Unternehmens, ein simpler Rechenfehler bei der Versorgungskasse in den 80er Jahren, der eine milliardenschwere Unterdeckung zur Folge hat - so etwas macht fassungslos. Ausbaden müssen es jene, die Hilfe am nötigsten haben.

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