Gut für die Stadt und die Macher

Saarbrücken · In elf Stadtteilen organi- sieren ehrenamtliche Gruppen zur Zeit Nach- barschaftshilfe. Der Seniorenbeirat hofft, dass es noch mehr werden.

 Auch das Feiern gehört (wie hier auf dem Eschberg) für die Netzwerke gute Nachbarschaft dazu. Foto: Oliver Dietze

Auch das Feiern gehört (wie hier auf dem Eschberg) für die Netzwerke gute Nachbarschaft dazu. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Eigentlich, sagt Jürgen Friedrich, wussten er und die andern überhaupt nicht, was da auf sie zukommt. Da war eben einfach die Idee, "etwas gegen die Einsamkeit alter Leute zu tun". Einer der andern ist Herbert Alt. Wenn er sich mit Menschen unterhalten hat, die wie er im Ruhestand sind, dann seien die Gespräche sehr ähnlich verlaufen. "Die Botschaft der Leute war: Ich will in meinem unmittelbaren Umfeld bleiben - und das so lange es geht", erinnert sich Alt.

Inzwischen wissen Jürgen Friedrich und Herbert Alt, was es heißt, eine solche Idee in die Tat umzusetzen. Beide haben Netzwerke für gute Nachbarschaft gegründet. Alts Netzwerk auf dem Winterberg feierte im vergangenen Jahr fünfjähriges Bestehen. Friedrichs Netzwerk im Wohngebiet Am Homburg feiert diese Woche ebenfalls fünf Jahre "Bürger für Bürger".

Es sei schon verrückt gewesen, sagt Alt. Durch das Netzwerk haben sich Menschen getroffen, die bereits einige Jahrzehnte nur wenige hundert Meter voneinander entfernt wohnen, ohne sich wahrgenommen zu haben. "Wenn es hoch kam, dann haben sie Leute gegrüßt. Heute bleibt man stehen, redet miteinander", sagt er.

Jedes der inzwischen elf Netzwerke für gute Nachbarschaft arbeite etwas anders, jedes setzt eigene Schwerpunkte, sagt Lothar Arnold, der Vorsitzende des Saarbrücker Seniorenbeirats. Aber alle Netzwerke haben eins gemeinsam: Sie arbeiten ehrenamtlich, organisieren Treffen und Nachbarschaftshilfe. Der Seniorenbeirat hat die Netzwerke von Anfang an gefördert und bei der Gründung geholfen.

"Ältere Menschen werden unsere Gesellschaft mehr und mehr prägen", begründet Lothar Arnold dieses Engagement. Bereits jetzt seien rund 50 000 der 182 000 in Saarbrücken gemeldeten Bewohner älter als 60 Jahre - Tendenz steigend. "Viele stellen sich die Frage, wie sie oder ihre Eltern im Alter gut leben können", sagt Arnold. "Hierzu müssen die Rahmenbedingungen wie gut erreichbare Geschäfte und Freizeitangebote, wohnortnahe und bezahlbare Dienstleistungen, lebendige Nachbarschaften sowie stabile Strukturen zur Unterstützung bei Hilfebedarf gegeben sein. Nur so wird es möglich sein, dass Menschen bis ins hohe Alter weitgehend selbstständig und selbstbestimmt in der vertrauten Wohnumgebung bleiben können", sagt er.

Das sei natürlich Aufgabe der Städte und Gemeinden. Und auch die Kirchen und die großen Sozialverbände seien da in einer wichtigen Rolle, erklärt er. Aber es seien eben auch die ehrenamtlichen Netzwerker immer wichtiger für die Stadtteile. Auch deshalb, weil die Netzwerke keine Vereine sind, keine Mitgliedsbeiträge erheben und sich selbst organisieren, sagen Alt und Friedrich. Wobei die Netzwerker nicht die Arbeit der Profis übernehmen, sondern im Notfall professionelle Hilfe vermitteln, sagt Alt. Aber dass jemand einem alten Mann Suppe vorbeibringe, so lange dessen Frau im Krankenhaus ist, dass man sich zu gemeinsamen Veranstaltungen, zu Kino- oder Theaterbesuchen verabredet, das sei Alltag.

Man hoffe deshalb, dass sich in Stadtteilen, in denen es noch keine Nachbarschaftnetzwerke gibt, in Klarenthal, Burbach, Gersweiler oder Güdingen etwa, auch Menschen finden, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren. Man könne versprechen: Die Freude der Menschen, die mitmachen, sei wundervoll.Man müsste… Eigentlich könnte man ja… Es wäre doch gut, wenn… Für Herbert Alt, Jürgen Friedrich, Lothar Arnold und all die anderen Saarbrücker und Saarbrückerinnen, die sich in und für die Netzwerke gute Nachbarschaft engagieren, ist es nie bei solchen Sätzen geblieben. Zum Glück. Denn ohne Menschen, die nicht nur reden, sondern etwas tun, wäre unsere Stadt arm dran.

Wer mit Herbert Alt und Jürgen Friedrich redet, merkt aber auch schnell, dass diese ehrenamtliche Arbeit nicht nur unsere Gesellschaft bereichert, sondern auch denen gut tut, die sie leisten. Das sollte Menschen in anderen Stadtteilen ermutigen, weitere Netzwerke zu gründen. Für sich und die Stadt.

Zum Thema:

 Herbert Alt, Lothar Arnold und Jürgen Friedrich (von links) gestern in der SZ-Redaktion. Foto: Iris Maurer

Herbert Alt, Lothar Arnold und Jürgen Friedrich (von links) gestern in der SZ-Redaktion. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

In Saarbrücken gibt es folgende Netzwerke für gute Nachbarschaft: Alt Saarbrücken (Wilfried Naumann), Am Homburg (Jürgen Friedrich, Ernst Prey), Bruchwiese (Brigitte Zey) Dudweiler Nord (Peter Weyand), Eschberg (Irene Scheidgen), Fechingen (Renate Theobald), Reppersberg (Angela Wilhelm), Rotenbühl (Rüdiger Blies), Triller (Krista Schmude), Unterer Rodenhof (Günter Hübner), Winterberg (Herbert Alt) Kontakt zu den Netzwerkern oder Hilfe bei der Gründung eines Netzwerks: Seniorenbeirat, Telefon (06 81) 5 72 53, E-Mail: seniorenbeirat@saarbruecken.de

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