„Wir bekämpfen den links-grünen Zeitgeist“

Saarbrücken · Der AfD-Spitzenkandidat spricht über die Schuldenbremse, soziale Gerechtigkeit und rechtsextreme Kontakte seiner Partei.

 Rudolf Müller will für die AfD in den Landtag einziehen. Foto: Iris Maria Maurer

Rudolf Müller will für die AfD in den Landtag einziehen. Foto: Iris Maria Maurer

Foto: Iris Maria Maurer

Den jüngsten Umfragen zufolge wird die AfD den Sprung in den Landtag am 26. März wohl schaffen. Spitzenkandidat Rudolf Müller rechnet mit einem deutlich zweistelligen Ergebnis. Im SZ-Interview erläutert er außerdem, warum er an einer Stelle auf die Einhaltung des Grundgesetzes pocht, an anderer Stelle hingegen nicht.

Herr Müller, die AfD bezeichnet die Landesregierung als "Koalition der Unfähigen und Unwilligen". Was genau werfen Sie ihr vor?

Müller: Fangen wir mal an mit dem Vierten Pavillon: Früher war da eine schöne Wiese mit einer wunderschönen Skulptur. Jetzt steht da seit acht Jahren ein hässlicher Betonklotz, und man ist offensichtlich nicht in der Lage, damit fertig zu werden. Eine andere Sache ist das HTW-Gebäude, das seit über drei Jahren wegen offenbar überzogener Brandschutzvorschriften nicht genutzt werden kann. Was ich der Landesregierung außerdem vorwerfe, ist die Flüchtlingspolitik. Die ist nach unserer sicheren Überzeugung rechtswidrig, und sie wird von dieser Landesregierung sogar noch verteidigt.

Das ist aber nicht Sache der Landesregierung. Sie führt nur Weisungen der Bundesregierung aus.

Müller: Nein. Wenn ich Ihnen die Weisung gebe, bringen Sie Ihre Kollegin um, machen Sie das?

Es wird niemand angewiesen, jemanden umzubringen.

Müller: Das ist ja nur ein Beispiel. Es kommt darauf an, dass diese Weisung grundgesetzwidrig ist. In Artikel 16a des Grundgesetzes heißt es sinngemäß, dass politisch Verfolgte kein Asylrecht haben, wenn sie aus einem EU-Mitgliedstaat einreisen. Also die Leute, mit denen wir es hier zu tun bekommen, reisen zum Beispiel aus Frankreich ein. Sie können nicht sagen, dass das ein Staat ist, der Flüchtlinge verfolgt, oder?

Nein, aber diese Menschen werden nach der Dublin-III-Verordnung auch wieder zurückgeführt.

Müller: Sie dürfen überhaupt nicht erst hereingelassen werden. Die Grenzen müssen wieder gesichert werden, so wie das noch in den 90er Jahren hier im Saarland war. Und wir waren sogar gleichzeitig Exportweltmeister, falls jetzt das Argument kommt, das würde die Wirtschaft wesentlich stören. Das ist nicht der Fall. Kanzlerin Merkel praktiziert eine jahrzehntealte Forderung des Linksextremismus: Offene Grenzen für alle.

Ich möchte gerne auf das Wahlprogramm der AfD zu sprechen kommen. Sie fordern den Ausbau der Saarbahn, Geld für die Hochschulen, um sie zu Elitehochschulen auszubauen, mehr Personal für die Polizei. Wie soll all das finanziert werden?

Müller: Solange man kreditfähig ist, ist man handlungsfähig. Und das Saarland ist weiterhin kreditfähig. Gerade in der jetzigen Situation mit so außergewöhnlich künstlich verbilligten Zinsen liegt es absolut in der Logik eines Bundeslandes, Kredit aufzunehmen. Denn wenn wir jetzt sparen und anschließend geht der Euro unter - das kann in ein paar Monaten oder in ein paar Jahren sein -, dann haben wir keine realen Güter.

Das Land ist aber verpflichtet, die Schuldenbremse einzuhalten.

Müller: Wer legt denn diese Verpflichtung fest?

Das steht im Grundgesetz.

Müller: Mag sein, dass im Augenblick eine gewisse Sparsamkeit angeraten ist. Aber ich habe Ihnen eben schon gesagt, dass das Grundgesetz anscheinend nur dann befolgt werden soll, wenn es politisch gerade passt. Das kann dem Saarland natürlich nicht gefallen. Wir argumentieren hier ähnlich wie Oskar Lafontaine von der Linken: Die Schuldenbremse ist nicht in Ordnung und hindert das Saarland daran, sich vernünftig zu entwickeln.

Sie fordern die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung und begründen dies damit, dass sie ein Hort einseitiger linkslastiger Agitation sei. Was meinen Sie damit?

Müller: Genau das, was Sie zitiert haben: ein Hort einseitiger linkslastiger Agitation. Wenn Leute sich politisch bilden wollen, können sie das an Volkshochschulen tun. Die machen das neutral. Oder es gibt parteipolitisch gebundene Institutionen, dort kann man sich auch politisch bilden - oder im Falle von Links-Grün verbilden. Wir sind jedenfalls für die Abschaffung dieser Institution, denn wir bekämpfen Links-Grün, und wir bekämpfen den links-grünen Zeitgeist, der sich schädlich auswirkt auf ganz Deutschland und auch auf das Saarland.

Ihr Landesvorsitzender Josef Dörr sagt, die AfD setze sich für soziale Gerechtigkeit ein. Gleichzeitig lehnt die Partei eine Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer ab. Sie will ein stufenweises Steuersystem nach dem Modell von Paul Kirchhof einführen, das Spitzenverdiener begünstigen würde. Wie passt das zusammen?

Müller: Bei diesem Steuermodell werden auch Abschreibungsmöglichkeiten eingeschränkt, die es jetzt gibt. Das wird sich weitgehend aufheben. Allerdings führt es zu einer Vereinfachung des Steuersystems, außerdem zu einer gewissen Verringerung des Steueraufkommens. Das ist nicht schlecht. Man geht automatisch davon aus, dass der Staat mit dem Geld der Bürger besser umgehen könnte als der Bürger selbst - das ist so eine Marotte in der deutschen Diskussion.

Mit wie viel Prozent rechnen Sie bei der Landtagswahl?

Müller: Ich rechne auf jeden Fall mit einem deutlich zweistelligen Ergebnis.

Hat Ihre Partei noch Kontakt zu rechtsextremen Gruppierungen?

Müller: Wir hatten nie Kontakte zu rechtsextremen Gruppierungen. Das ist eine Chimäre.

Der Landesvorsitzende Josef Dörr hatte ja offenbar welche.

Müller: Wissen Sie, Kontakte... wenn Ihnen da draußen ein Doppelmörder begegnet, den Sie nicht kennen, und er verwickelt Sie in ein Gespräch und gibt Ihnen eine Cola aus, dann trennen sich Ihre Wege wieder - dann waren Sie für den Rest Ihres Lebens in Kontakt mit einem Doppelmörder. Macht man Ihnen daraus einen Vorwurf? Das war etwa das Schema dessen, was bei uns lange untersucht worden ist und zu dem Ergebnis geführt hat, dass wir vollkommen reingewaschen aus dieser Sache hervorgegangen sind. Leute aus einem gewissen Spektrum, das wir nicht mögen, haben zu uns Kontakt aufgenommen. Sobald wir gesehen haben, dass das welche sind, die nicht zu uns passen, haben wir den Kontakt von uns aus abgebrochen.

Das Gespräch führte Nora Ernst am 20. Februar. Eine Langfassung ist auf saarbruecker-zeitung.de zu lesen. Darin erklärt Müller unter anderem, warum die AfD den Ausbau der gebundenen Ganztagsschulen im Saarland stoppen will und weshalb sie die Position vertritt, der Klimawandel werde nicht vom Menschen verursacht.

Zum Thema:

Rudolf Müller, Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl, ist studierter Gymnasiallehrer für Französisch und Sozialkunde. Der 66-Jährige arbeitete nach eigenen Angaben als Selbständiger im Bauwesen und der Bauwirtschaft. Im Mai 2013 trat er der AfD bei. Der gebürtige Neunkircher betreibt mit seiner Frau ein Antiquitätengeschäft in der Saarbrücker Innenstadt. Weil dort auch Orden mit Hakenkreuzen verkauft wurden, ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Müller. Die Ermittlungen wurden jedoch eingestellt, weil man ihm laut Staatsanwaltschaft kein Fehlverhalten habe nachweisen können.

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