Medikamente belasten das Wasser

Saarbrücken · Arzneirückstände in Gewässern bergen ungeahnte Risiken. Experten der Wasserwirtschaft warnen vor dem Problem. Das Umweltministerium sucht nun nach ersten Lösungen für das Saarland.

. Im Alter häufen sich bekanntlich die Gebrechen und mit ihnen folglich Pillen und Tropfen. Was die Gesundheit des Menschen erhält, ist für die Natur jedoch alles andere als verträglich. Vor allem dann, wenn Arzneireste ins Wasser gelangen. Fachleute für Wasserwirtschaft haben daher bei einer Tagung in Kaiserslautern vor den Folgen solcher Mikroschadstoffe gewarnt. Eingenommene Medikamente können vom Körper nur zu einem geringen Teil abgebaut werden. Der Rest wird wieder ausgeschieden und gelangt - trotz Kläranlage - in den Wasserkreislauf. Hinzu kommen Belastungen durch Kosmetika oder Schädlingsbekämpfungsmittel in der Landwirtschaft.

Bereits 2008 verwies das Deutsche Ärzteblatt auf unkalkulierbare Risiken für die Umwelt. Schon damals wurde erkannt, dass Medikamentenrückstände zwar keine unmittelbare Gefahr für den Menschen darstellten, jedoch sehr wohl Mikroorganismen, Fische oder Schnecken beeinträchtigen könnten. Von rund 2300 in Deutschland verwendeten Arzneimittelwirkstoffen ist die Hälfte potenziell umweltrelevant, wobei nach Informationen des Umweltbundesamtes der Arzneimittelgebrauch alleine zwischen 2002 und 2013 um 20 Prozent gestiegen ist.

Auf der Tagung in Kaiserslautern wurde nun ein ganzheitlicher Ansatz zur Verringerung der Schadstoffbelastung verfolgt. So waren nicht nur Möglichkeiten zur Produktion umweltfreundlicherer Medikamente in der Diskussion, sondern auch die Verwendung von Aktivkohle in der Abwasseraufbereitung. Letztlich aber, betonte der rheinland-pfälzische Umwelt-Staatssekretär Thomas Griese (Grüne), sei es Aufgabe der Politik, eine Strategie zu entwickeln.

Auch in Saarbrücken sieht man den Bund in der Verantwortung. "Gerade bei der Zulassung von Medikamenten muss mehr Wert auf Abbaubarkeit gelegt werden. Dafür braucht es von Bundesseite konkrete Vorschriften", sagte Hilmar Naumann, Referent im Umweltministerium. Zwar liegen dem Ministerium keine aktuellen Messdaten vor, dennoch geht man davon aus, dass auch hierzulande Gewässer zunehmend durch Medikamentenrückstände belastet sind.

Nach Angaben des Entsorgungsverbandes Saar (EVS) erfolgt derzeit jedoch in keiner der 140 Kläranlagen ein gezielter Abbau. Wie Naumann bestätigte, sind die Langzeitfolgen weder für Mensch noch Tier abzusehen.

Über die Nachrüstung hiesiger Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe wird im saarländischen Umweltministerium bereits nachgedacht. Mittels Aktivkohle-Filter sollen so problematische Substanzen absorbiert werden. "Die Technik würde nicht nur Mikroschadstoffe effizienter beseitigen, sondern generell die Wasserqualität erhöhen", erklärte Naumann. Dies könnte zwar schnell, wie der EVS befürchtet, einen zwei- bis dreistelligen Millionbetrag verschlingen, für den Verbraucher hielten sich die Mehrkosten nach Schätzungen des Umweltministeriums aber mit fünf bis zehn Euro pro Jahr in Grenzen. Noch ist allerdings unklar, bei welchen Anlagen eine Nachrüstung sinnvoll ist. Dies hänge, so Naumann, von der Größe der Anlage und anderen Faktoren ab, etwa ob sich ein Krankenhaus oder Altenheim in der Nähe befindet. Um letzte Unklarheiten zu beseitigen, hat das Umweltministerium bei den Forschern aus Kaiserslautern nun eine eigene Studie über die tatsächliche Wasserbelastung der Blies in Auftrag gegeben. Die Forscher sollen auch Gegenmaßnahmen erarbeiten. Ergebnisse sind jedoch erst Ende 2016 zu erwarten.

Bis dahin können Saarlands Bürger bereits mit der richtigen Entsorgung von Medikamenten einiges bewirken, um zumindest eine Zusatzbelastung der Gewässer zu vermeiden. Sie sollten Medikamente in die Restmülltone werfen - damit, so Naumann, wäre bereits ein erster Schritt getan.

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