Der letzte Zeuge

Saarbrücken · Die Skulptur des Telemachos und seine Nischenwand werden im Rahmen des Projekts „Kulturerbe“ restauriert.

 Die Nische, in der Telemachos steht, ist eines der letzten Zeugnisse barocker Gartenkunst in der Stadt.

Die Nische, in der Telemachos steht, ist eines der letzten Zeugnisse barocker Gartenkunst in der Stadt.

Foto: Iris maurer

An der Kreuzung von Eisenbahn- und Vorstadtstraße, umgeben vom starken Innenstadtverkehr, steht eine der geschichtsträchtigsten Skulpturen Saarbrückens. In einer rotbraunen, barocken Nischenwand aus Sandstein befindet sich an dieser Stelle seit über vierzig Jahren die Marmorstatue des Telemachos.

Obwohl sie für diesen Ort nie vorgesehen war, passt die Skulptur aus dem Jahr 1902 erstaunlich gut in die mittlere der fünf Gewölbemuscheln. Und diese Nischenwand zählt zu den letzten Zeugen barocker Gartenarchitektur in Saarbrücken.

Leider konnte man sie in letzter Zeit nicht mehr gut sehen. Denn ein alter, großer Efeu überwucherte die Wand, schädigte die Steine und drohte mitsamt den oberen Platten abzustürzen. "Der Efeu hatte drei Meter Überhang. Das Gewicht und die Pflanze schädigten die Wand. Zusätzlich hat die Pflanze die Platten gehoben und vorgedrückt, sodass eine Sturzgefahr bestanden hat", erklärt Hans Mildenberger, Denkmalpfleger der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Das Efeu wurde nun zum größten Teil entfernt und die Platten, das Stück 220 Kilo schwer, mit einem Kran abgehoben. Sie werden nun gesäubert und anschließend neu verankert wieder aufgesetzt. Zusätzlich müssen aus den Fugen der Wand die Wurzeln des Efeus herausgekratzt werden und der übrige Bewuchs am Treppenabsatz hinter der Nischenwand beschnitten werden, damit der Blick von der Suppengasse auf die Stadt wieder frei ist.

Diese Arbeiten werden zurzeit von dem Projekt "Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" durchgeführt. Dies ist eine Arbeitsgelegenheitsmaßnahme für Langzeitarbeitslose, betreut vom ZBB, Zentrum für Bildung und Beruf, und sie wird unterstützt von verschiedenen Saarbrücker Ämtern. Darunter ist auch das Amt von Hans Mildenberger.

Und er achtet genau darauf, dass der historischen Nischenwand und der Telemachos-Statue nichts passiert. "Der arme Telemachos hat schon genug mitgemacht", sagt er und lacht.

Die Marmorstatue wurde 1902 von dem Bildhauer Ludwig Cauer geschaffen und krönte damals einen Brunnen vor dem Rathaus St. Johann. Die griechische Sagengestalt Telemachos ist der Sohn von Odysseus, wurde jedoch nackt dargestellt, und das spaltete von Anfang an die Bevölkerung, führte sogar zu Protestversammlungen.

Überraschenderweise verblieb die Statue bis 1936 trotzdem an ihrem Platz, erst dann wurde sie versetzt. "Sie wurde zuerst im Ratskeller gelagert, dann wurde sie 1973 im Schlossgarten aufgestellt", erzählt Hans Mildenberger. Und dort wurden ihr der der Kopf, ein Bein und die Geschlechtsteile abgeschlagen. 1976 wurde sie restauriert und an ihren heutigen Standort versetzt. "Trotz des Vandalismus ist die Skulptur in einem guten Zustand", erklärt der Denkmalpfleger. Sie werde aber im Rahmen der aktuellen Pflegearbeiten noch untersucht, genau wie die Nischenwand.

Und auch hier hat Hans Mildenberger Interessantes zu berichten. "Sie gehörte im 18. Jahrhundert zu den drei prächtigen Bürgergärten, die hinter der Deutschherrnstraße lagen. Bis 1920 waren die Pavillons der Gärten noch erhalten, im Zweiten Weltkrieg sind sie ausgebrannt, und danach wurden sie abgebrochen. Das einzige Teil, das sich erhalten hat, ist diese Nischenwand".

Sie stammt aus dem Jahr 1788 und wurde, nachdem sie 1968 abgebaut war, im Jahr 1975 im Zuge des Treppenneubaus der Suppengasse hier aufgestellt. Und demnächst, wenn die Pflegearbeiten abgeschlossen sind, kann sie ohne den meterhohen Bewuchs wieder als Aussichtspunkt dienen.

Zum Thema:"Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" ist eine Arbeitsgelegenheitsmaßnahme für derzeit 15 Langzeitarbeitslose. In diesem Projekt werden kulturelle, kunst- oder regionalgeschichtlich bedeutsame Orte in der Stadt gepflegt und aufgewertet.

Die Maßnahme wird von der ZBB, Zentrum für Bildung und Beruf Saar gGmbH, betreut und wird vom Amt für Stadtgrün, dem Stadtplanungsamt/ Denkmalschutz und dem Amt für Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur unterstützt. Das Projekt wurde 2017 um sechs Monate verlängert.

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