Das Studienkolleg steht vor dem Aus

Saarbrücken · Das Studienkolleg der Uni gilt als Eingangstor für künftige Fachkräfte. Menschen aus Ländern, deren Abitur hier nicht gilt, werden im Kolleg auf das Studium vorbereitet. Doch die Kosten sind angeblich zu hoch.

Fast 2000 Namen unter der Petition gegen die Schließung, davon die Hälfte in den vergangenen 14 Tagen, dazu eine kräftige "Bunt statt braun"-Bewegung in Politik und Bevölkerung des Saarlandes - das Klima ist gut für das Studienkolleg der Universität. Doch ob das reicht?

Die kleine Einrichtung ist akut von der Streichung durch die Landespolitik bedroht, ab strakter Feind ist nicht nur die Landesregierung, die der Hochschule Sparanstrengungen in Millionenhöhe zumutet. Nein, der Gegner sitzt quasi im eigenen Haus. Die Universitätsverwaltung hält diese zentrale Einrichtung für verzichtbar, genauer gesagt ihre Feststellungs-Prüfungskurse. Hier werden Bewerber aus Nicht-EU-Ländern, deren Abi bei uns nicht anerkannt wird, auf ihre Studiengänge vorbereitet: Vokabular, Kommunikation, Methodentraining. Raphael Fanuyiwa aus Nigeria, seit 2010 an der Saar, Berufsziel Neurologe, sagt: "Das Studienkolleg hat die Basis meines Studiums gelegt, ich habe kaum Probleme mit Fachbegriffen gehabt." Der Inder Afsal Sharafudeen kam 2006 als 19-Jähriger an die Saar. "Ich habe bei Null ohne Deutsch angefangen und war in zwei Semestern Kolleg studienreif, das war extrem effektiv", erinnert er sich. Dass er nicht in Saarbrücken Chirurg wurde, war Zufall: "In München bekam ich die Zulassung schneller."

In einem Brief an den Landtag setzt das Kolleg dem behaupteten Sparpotential der Kurssparte den so genannten "Klebe-Effekt" entgegen: Von den Sommersemestern 2011 bis 2013 hätten 100 Personen die Feststellungsprüfung (also das "Ersatz-Abitur") abgelegt, davon hätten sich 61 Prozent an der Uni eingeschrieben, langfristig blieben 52 Prozent hier im Studium "kleben". Seit dem Wintersemester 2013 hätten sogar 57 Personen das Studienkolleg erfolgreich beendet, mehr also als je zuvor. Eine Streichung bedeute, dass Studienbewerber aus Ländern wie China, Vietnam, Indien, Marokko, Südamerika, Russland und arabischen Ländern hier im Saarland kein Studium mehr beginnen könnten. Da die Ausbildung gerade auf die Mangelbereiche Technik und Medizin vorbereite, seien "negative Auswirkungen auf die Fachkräfte-Situation im Saarland unbestreitbar". Josef Mischo, Präsident der saarländischen Ärztekammer, springt bei: "Das Studienkolleg der Universität ermöglicht die Vorbereitung von jungen Ausländern auf ein erfolgreiches Studium in Deutschland. Die Bedeutung wird klar, wenn wir berücksichtigen, dass inzwischen etwa ein Drittel der Ärzte in der stationären Versorgung einen Migrationshintergrund hat." Deutsch-Kursleiter Roland Forster: "Wenn es das Kolleg nicht gäbe, müsste man es erfinden."

Die Universitätsverwaltung wendet ein, dass der Aufwand für das Kolleg sehr hoch und die Absolventenquote in absoluten Zahlen eher gering sei. Die Internationalität der Universität, derzeit bei hohen 17 Prozent, könne auch mit anderen Angeboten erreicht werden, etwa durch Anwerbung von Bachelor-Studenten, die hier ihren Masterabschluss erwerben. Weitere Idee von Sprecherin Friederike Meyer zu Tittingdorf: Das Land könne das Studienkolleg direkt selbst finanzieren, wenn es ihm wichtig sei.

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HintergrundDas Studienkolleg der Saar-Uni verzeichnete zu Semesterbeginn 2014/15 insgesamt 265 Studierende. Davon besuchen 66 Studenten das reine Kolleg und 190 weitere die Deutschkursen für Anfänger und Fortgeschrittene. Von den 14,5 vollen Stellen stehen vier als Sparmasse zur Disposition. Weiterhin sind am Kolleg neun Lehrbeauftragte tätig. red

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