„Politik braucht Zeit“

Saarbrücken · In einer neunteiligen Serie stellt die SZ die Bundestagsabgeordneten aus dem Saarland vor. Heute Teil 6: Anette Hübinger (CDU) aus Saarbrücken.

 Die Saarbrückerin Anette Hübinger (CDU) redet vor dem Deutschen Bundestag. Foto: Büro Hübinger

Die Saarbrückerin Anette Hübinger (CDU) redet vor dem Deutschen Bundestag. Foto: Büro Hübinger

Foto: Büro Hübinger

Nach einer offenbar hitzigen Diskussion mit ihrem Lehrer auf dem Steinwald-Gymnasium in Neunkirchen habe dieser sie anschließend gefragt, ob sie Kommunistin sei. Nun, das ist Anette Hübinger sicher nicht.

Die heute 60-Jährige scheint vielmehr überzeugt vom Engagement für das Gemeinwohl. Für die CDU sitzt sie bereits in der dritten Legislaturperiode in Folge im Deutschen Bundestag. Beigetreten ist sie der CDU , "als Oskar Lafontaine Ministerpräsident wurde". Ihr Motiv damals: "Grad se läds", sagt sie. Also: Jetzt erst recht. Und noch heute sagt sie: Es reiche nicht, nur zu kritisieren; man müsse sich auch engagieren, um etwas zu bewirken. "Unsere Demokratie lebt vom ehrenamtlichen Engagement", sagt Hübinger. Allerdings habe ihre Erfahrung sie auch dies gelehrt: "Politik braucht Zeit, etwas umzusetzen braucht Zeit. Das ist in unserer schnelllebigen Zeit oft schwer zu vermitteln." Die Medien beflügelten dieses Dilemma meist noch, indem sie "Inhalte verkürzen und zunehmend boulevardesk berichten", sagt Hübinger. Der gebürtigen Neunkircherin dürfte das nicht zuletzt auch deshalb gegen den Strich gehen, weil sie sich selbst auf Nachfrage als allererstes als "sehr sachlich" beschreibt.

Ganz sachlich betrachtet also: Was hat sie als Bundestagsabgeordnete bislang erreicht? Zum einen seien dank ihres Engagements sogenannte armutsassoziierte Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder Dengue-Fieber im Bundestag als echte Herausforderung erkannt worden, sagt Hübinger. So habe sie erreichen können, das in den vergangenen vier Jahren 20 Millionen Euro in den Bundeshaushalt eingestellt wurden, um Produktentwicklungspartnerschaften mit internationalen Organisationen im Kampf gegen diese Krankheiten zu finanzieren. Gemeinsam mit einem CDU-Bundestagskollegen habe sie zudem eine Initiative auf den Weg gebracht, die Forscher bei der Suche nach Wirkstoffen gegen mulitresistente Keime und Antibiotika unterstützen soll. Hübinger peilt an, dass der Bund dafür jährlich rund fünf Millionen Euro zur Verfügung stellt. Für ihren Einsatz für mehr öffentliche Forschungsförderung ist Hübinger 2014 mit dem Memento-Preis für vernachlässigte Krankheiten ausgezeichnet worden.

Auf ihre Fahnen schreibt sich die saarländische Bundestagsabgeordnete auch, eine Art Quote zur Förderung von Frauen im staatlichen Wissenschaftsbetrieb eingeführt zu haben. Dass sie im Bundestag dem Ausschuss für Bildung und Forschung sowie dem Haushaltsausschuss angehört, hat sich offenbar nicht zuletzt auch hier bezahlt gemacht: Für den Rückbau atomarer Forschungsanlagen habe sie im Haushaltsjahr 2014 zusätzlich 80 Millionen Euro locker machen können, ohne dass dafür im Forschungsbereich an anderer Stelle gespart worden sei.

Angesichts solcher Errungenschaften möchte man mutmaßen, dass ihr Draht zu Finanzminister und Parteikollege Wolfgang Schäuble offenbar ganz gut ist. Dessen und Kanzlerin Merkels Sparkurs hält Hübinger übrigens für unverzichtbar. "Das sind wir unseren nachfolgenden Generationen schuldig", sagt sie. Allerdings will sie nicht ausschließen, dass die gegenwärtige Flüchtlingskrise die schwarze Null des Bundeshaushalts wackeln lassen könnte. Für Hübinger ist klar: "Aber dann müssen wir das an anderer Stelle wieder einsparen." Sie spricht sich zudem klar für ein Zuwanderungsgesetz aus. Eine Position, die in den eigenen Parteireihen umstritten ist. Ebenso wie in der Flüchtlingspolitik steht Hübinger auch etwa beim Betreuungsgeld "der SPD näher als der CSU ". Die Hartz-Gesetze unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD ) lobt sie sogar, denn "ohne sie hätten wir die Wirtschaftskrise sicher nicht so meistern können", sagt sie.

Ob Hübinger 2017 erneut als Bundestagskandidatin antritt, "muss ich erst noch überlegen", sagt sie. So oder so, man darf wohl vermuten: Engagieren wird sie sich auch weiterhin.

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Zur PersonAnette Hübinger wurde 1955 in Neunkirchen geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes und war anschließend persönliche Referentin des saarländischen CDU-Bundestagsabgeordneten Werner Schreiber. 1999 bis 2009 war Hübinger ehrenamtliche Bezirksbürgermeisterin von Saarbrücken-Halberg, seit 2000 ist sie stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende in Saarbrücken-Stadt. Hübinger ist seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags, sie gehört den Ausschüssen für Haushalt sowie für Bildung und Forschung an. Zudem ist sie Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. jos

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