Im Saarland höhere Steuern als in Bayern?

Saarbrücken · Wie viel Einkommen-, Erbschaft- und Körperschaftsteuer Bürger und Unternehmen zahlen müssen, legt der Bund zentral für alle fest. Doch Bayern und Hessen wollen das ändern. Sie haben einen einflussreichen Fürsprecher.

In der Diskussion um einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich fällt in letzter Zeit häufiger ein Begriff, der in der saarländischen Landesregierung alle Alarmglocken zum Läuten bringen müssten. Der Begriff heißt "Steuerautonomie" und bedeutet, dass die 16 Bundesländer selbst über die Höhe der Einkommen- oder Körperschaftsteuer entscheiden dürfen. Für das Saarland wäre das brandgefährlich: In Kombination mit der Schuldenbremse, die ab 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt, würde es bedeuten, dass die Steuern in den finanzschwachen Ländern höher sein müssten als etwa in Bayern oder Hessen .

Dies zeigt bereits die Grunderwerbsteuer, die einzige Steuer, über deren Höhe die Länder bisher selbst entscheiden können. Sie ist im Saarland seit 2010 immer wieder angehoben worden und mit 6,5 Prozent mittlerweile der bundesweite Spitzenwert. Wer sich in Bayern oder Sachsen ein Häuschen kaufen will, muss nur 3,5 Prozent des Kaufpreises an Steuern zahlen. Die Saar-Wirtschaft warnte bereits, der Steuersatz im Saarland sei "alles andere als ein Willkommenssignal für Fachkräfte und junge Familien, die ins Saarland zuziehen wollen".

Kein Wunder also, dass gerade reiche Länder wie Bayern und Hessen einer größeren Steuerautonomie der Länder das Wort reden. Bereits in der Föderalismuskommission II (2007-2009), die sich die Schuldenbremse ausgedacht hatte, waren sie mit dieser Forderung angetreten - und schließlich gescheitert.

Nun unternehmen die Geberländer einen neuen Versuch. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU ) forderte kürzlich in einem Interview mehr Möglichkeiten für Länder, die Höhe der Erbschaft-, Grund- und Einkommensteuer selber festlegen zu können. Söder und sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU ), hoffen nicht zuletzt, mit einem niedrigen Erbschaftsteuer-Tarif wohlhabende Senioren nach Bayern zu locken. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU ) plädiert ebenfalls für "mehr Wettbewerbsföderalismus".

Anders als in der Föderalismuskommission II erhalten die reichen Länder diesmal Unterstützung vom Bund: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) ist der Meinung, in den aktuellen Bund-Länder-Verhandlungen werde sich "auch die Frage stellen, ob und inwieweit die Verantwortung der Länder bei der Wahrnehmung von Einnahmen und Ausgaben gestärkt werden kann". Im August-Heft der Zeitschrift "Politische Meinung" schreibt Schäuble, an guten Vorschlägen dafür mangele es nicht. Ausdrücklich nennt er Zu- und Abschlagsrechte bei der Steuer. Schäuble: "Bund und Länder müssen sich darüber verständigen, ob sie bereit sind, über derartige Vorschläge einer grundsätzlichen Weiterentwicklung des gelebten Föderalismus zu diskutieren oder ob sie im Wesentlichen nur innerstaatliche Finanzströme nachjustieren wollen."

Die Landesregierung ist alarmiert. Saar-Finanzminister Stephan Toscani (CDU ) schreibt in einem Aufsatz, ein Zuschlagsrecht auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer sei klar abzulehnen: "Das Saarland wäre auf seinem Konsolidierungsweg wegen seiner Haushaltslage gezwungen, dieses Zuschlagsrecht in hohem Maße auch auszuüben. Ein Facharbeiter, der in Homburg wohnt und bei Bosch arbeitet, müsste dann Monat für Monat eine höhere Einkommensteuer zahlen als sein Arbeitskollege, der ein paar Kilometer weiter in Zweibrücken wohnt." In einem gemeinsamen Papier von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) und Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD ) heißt es deshalb auch: "Steuerwettbewerb zwischen den Ländern schafft mehr Probleme, als er löst". Die Argumente aus saarländischer Sicht lauten: Erstens werde die Schere zwischen starken und schwachen Ländern dadurch nur noch größer. Zweitens widerspreche dies dem Verfassungsgebot nach Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.

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