Kohl lobt „bedeutende Figur“ Lafontaine

Saarbrücken · Nach Vorabmeldungen im „Spiegel“ ist das Buch „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ jetzt im Handel. Kohls Abrechnung mit der Saar-CDU fällt heftig aus. Freundliche Worte fand er 2001/2002 nur für Oskar Lafontaine.

600 Stunden lang befragte der Journalist Heribert Schwan in den Jahren 2001 und 2002 den früheren Kanzler Helmut Kohl in dessen Keller in Oggersheim. 600 Stunden, in denen Kohl bekannte, was er von politischen Freunden und Gegnern hielt. Das umstrittene Buch "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle" enthält auch Passagen über Saarländer. Darin wird deutlich, dass Kohl offenkundig wenig von den CDU-Landeschefs Klaus Töpfer (1990-1995) und Peter Müller (1995-2011) hielt.

Über Müller, der von Kohl in der Spendenaffäre "Signale tätiger Reue" gefordert hatte, sagte Kohl im Gespräch mit Schwan: "Müller ist charakterlich wirklich eine Null. Wie der sich in der Spendengeschichte aufgeregt hat!" Müller kenne doch die Verhältnisse. "Er hätte ja nicht sagen müssen, dass sie dankbar sind, sondern er hätte in Erinnerung an damals das Maul halten können." Kohl spielt hier offenbar darauf an, dass die Bundespartei die Saar-CDU finanziell half.

Kohl erinnerte an einen Bundesparteitag, vor dem die Saar-CDU keine Beiträge an die Bundespartei abgeführt habe, wie es die Satzung vorschreibt. Daher habe man den Saar-Delegierten mitgeteilt, dass sie kein Stimmrecht hätten. Die CDU Saar habe daraufhin einen Schuldschein hinterlassen, den die Bundespartei anerkannt habe. Kohl sagt, die Saar-CDU sei seit dem Abtritt von Franz Josef Röder "immer bankrott" gewesen. "Töpfer war der größte Bankrotteur von allen." Mit seinem Ex-Umweltminister ("Dieser Ökonom von großen Gnaden") ging Kohl besonders hart ins Gericht. "Als Minister taugte er nichts", lautet Kohls Urteil. "Er war ein großer Sprücheklopfer und verbrachte viel Zeit damit, abends in Bonn mit der ganzen journalistischen Mischpoke Karten zu spielen, was er sehr gut kann."

Milder fiel sein Urteil über Oskar Lafontaine (heute Die Linke ) aus, der ihn bei der Bundestagswahl 1990 als SPD-Kanzlerkandidat herausgefordert hatte. Lafontaine, so Kohl, sei ein "nachdenklicher Mann" und eine "bedeutende Figur", einer "der intellektuell spritzigsten und interessantesten" Köpfe in der SPD . Kohl weiter: "Lafontaine hat nicht zu den Vorkämpfern der deutschen Einheit gehört. Aber was ich ihm gar nicht hoch genug anrechnen kann, ist seine europäische Gesinnung. Hier waren wir in vielen Fragen nahezu deckungsgleich. Er hatte tiefe Sympathie für Frankreich, was zwischen uns ein ausgesprochenes Bindeglied war."

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