Glühwein unter Video-Kontrolle?

Saarbrücken · Geht es um Kameras an Kriminalitätsschwerpunkten, erntet Innenminister Klaus Bouillon für seine Pläne Zustimmung, die Videoüberwachung auszudehnen. Gegenwind bekommt er allerdings, wenn es um Weihnachtsmärkte geht.

 Der St. Wendeler Weihnachtsmarkt ist ein Besuchermagnet. Bislang ohne Videoüberwachung. Foto: B&K

Der St. Wendeler Weihnachtsmarkt ist ein Besuchermagnet. Bislang ohne Videoüberwachung. Foto: B&K

Foto: B&K

Um Terrorgefahr und Kriminalität zu begegnen, wollen Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) und mehrere Bürgermeister die Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausweiten (wir berichteten).

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Saar unterstützt das Anliegen, durch mehr Videoüberwachung für mehr Sicherheit zu sorgen. Zugleich warnt der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Bruno Leinenbach: "Videoüberwachung ist kein Allheilmittel." Sie dürfe im öffentlichen Raum nur an gefährlichen Orten oder bei konkreten Gefahren eingesetzt werden. "Kameratechnik an jeder Ecke kann den Schutzmann nicht ersetzen", mahnte er. Die GdP sei daher sehr gespannt, wie Bouillon die anvisierte Ausweitung auf "weiche Ziele" ohne konkrete Gefährdungslage rechtlich begründen wolle.

Bouillon hatte angekündigt, dass künftig nicht nur an Kriminalitätsschwerpunkten, sondern auch an "weichen Zielen", etwa auf Weihnachtsmärkten oder bei Großveranstaltungen, gefilmt werden soll. Dafür solle die gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Leinenbach nannte den Einsatz von Überwachungskameras zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung "sinnvoll und zweckmäßig", wenn die Aufzeichnungen von der Polizei beobachtet und im Nachgang ausgewertet werden könnten. Doch dafür müsse die Polizei personell und technisch besser ausgestattet werden.

Die Grünen im Landtag warnten vor einer ausufernden Videoüberwachung. Der Staat könne die Bürger mit einer guten Kriminalitätsprävention und ausreichend Polizeipräsenz vor Ort besser schützen. Videokameras an Kriminalitätsschwerpunkten wie Bahnhöfen oder auf zentralen Kundgebungsplätzen könnten ein Mittel sein, um die Aufklärung von Straftaten zu verbessern. "Allerdings lehnen wir das Vorhaben von Minister Bouillon entschieden ab, auch sogenannte weiche Ziele, darunter Veranstaltungsplätze wie Weihnachtsmärkte , durch Kameras überwachen zu lassen", sagte Vize-Fraktionschef Klaus Kessler . Zum einen würden dadurch viele Menschen unter Generalverdacht gestellt, zum anderem sei dies ein erheblicher Eingriff in grundlegende Bürgerrechte. Außerdem sei fraglich, ob es überhaupt genügend Personal zur Auswertung der Videos gebe.

Die FDP Saar weist darauf hin, dass bereits die geltende Rechtslage es erlaube, an Kriminalitätsschwerpunkten Videokameras zu installieren. Doch statt den erlaubten Spielraum auszuschöpfen, würden Scheindebatten über eine Ausweitung geführt. "Am Bahnhofsvorplatz in Saarbrücken macht Videoüberwachung zum Beispiel Sinn", sagte FDP-Landesvorsitzender Oliver Luksic. "Statt dort etwas zu tun, werden aber Debatten über Weihnachtsmärkte geführt."

Auch die Jusos im Saarland sehen die Pläne des Innenministers kritisch. Es sei unverhältnismäßig gegenüber den persönlichen Freiheitsrechten, die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass fast überall gefilmt werden dürfe. Untersuchungen in London hätten gezeigt, dass Videoüberwachung keine präventive Bedeutung habe. Bouillon missbrauche die Angst vor Terroranschlägen für weitere Einschnitte in die persönlichen Freiheitsrechte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort