„Klare Kante“ erst nach der Wahl

Saarbrücken · Fachleute überprüfen derzeit Möglichkeiten zu einer stärkeren Zusammenarbeit der Kommunen. Richtig voran ging es bislang nicht, trotz aller Beteuerungen. Nun soll der Landkreis St. Wendel ein Beispiel geben.

 Mehrere Gutachten sollen zeigen, dass sich durch interkommunale Zusammenarbeit viel Geld sparen lässt. Foto: Wolf/dpa

Mehrere Gutachten sollen zeigen, dass sich durch interkommunale Zusammenarbeit viel Geld sparen lässt. Foto: Wolf/dpa

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Über eine Gebietsreform der 52 Städte und Gemeinden will Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) nicht mehr reden. Jeder in der Landespolitik weiß, dass er für eine Zusammenlegung von Kommunen ist. Vielleicht darf er deshalb vor der Landtagswahl am 26. März 2017 auch nicht mehr darüber reden, das weiß man nicht so genau. Er sagt nur: "Die Leute wissen doch, dass wir zu viel Verwaltung haben."

Bouillon konzentriert sich nun auf eine engere Kooperation der Kommunen. Sie soll dabei helfen, dass die Kommunen bis 2024 rund zehn Prozent ihres Personals einsparen - eine Zahl, die durch die Flüchtlingskrise in Gefahr ist. CDU und SPD sind sich einig, dass die Kommunen deutlich stärker kooperieren müssen, um Geld zu sparen. Trotz der sehr angespannten Haushaltslage seien bislang aber nur wenige Aktivitäten zur Ausweitung der Zusammenarbeit zu erkennen gewesen, heißt es in einem internen Papier aus dem Innenministerium.

Bouillon hat eine einfache Erklärung dafür: "Eine zentrale Frage ist: Wo bleibe ich? Es geht um Stellen, Geld und Ansehen", berichtet Bouillon aus seinen Gesprächen. Wobei die Bürgermeister mittlerweile weiter seien als die Sachbearbeiter, weiter als Kämmerer oder Hauptamtsleiter, die um ihre Positionen fürchteten.

Anders als die SPD will Bouillon die Kommunen aber nicht zwingen, bestimmte Aufgaben zusammenzulegen, er setzt auf freiwillige Lösungen. Alle Beteiligten wüssten doch, was zu tun sei, sagt er. Mehrere Gutachten sollen nachweisen, dass sich durch die Zusammenarbeit tatsächlich viel Geld sparen lässt. "Wir liefern die Daten und Fakten und weisen nach, was möglich wäre", sagt Bouillon . Sein Haus bezahlt sämtliche Honorare der externen Gutachter, rund 800 000 Euro. Das Innenministerium habe alle Möglichkeiten und Hilfestellungen angeboten, um Zusammenarbeit zu ermöglichen, sagt der Innenminister . Nun müsse sich zeigen, ob eine freiwillige Zusammenarbeit gewünscht sei, wo und in welcher Form. Nach der Landtagswahl 2017, so steht es in Bouillons Papier, sei es die Aufgabe der neuen Landesregierung, "klare Kante zu zeigen und zu sagen, was man will". Also doch eine Gebietsreform? Das Wort nehme er nicht mehr in den Mund, sagt Bouillon , "es will ja keiner hören".

40 der 58 Kommunen (52 Städte und Gemeinden, fünf Landkreise und der Regionalverband) seien an diversen Projekten zu einer stärkeren Zusammenarbeit beteiligt. Andere hätten wenig Interesse. Im Regionalverband Saarbrücken passiere "so gut wie gar nichts", sagte Bouillon .

Als Vorreiter, dem alle anderen folgen sollen, sieht der Innenminister seinen Heimat-Landkreis St. Wendel. Dort hätten sich - beraten von der Bertelsmann-Stiftung - der Landrat und die acht Bürgermeister (schwarz wie rot) darauf verständigt, auf zahlreichen Feldern zusammenzuarbeiten. Geplant ist, dass sich die Kommunen unter anderem folgende Aufgaben teilen: Personalkostenbearbeitung, Beschaffung, Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, Vollstreckung, Kita-Betrieb, Standesamt, Verkehrskontrollen, Reinigung, Hallenbewirtschaftung, Fahrzeugpark, Unterhaltung von Straßen, Schwimmbäder.

In anderen Teilen des Saarlandes gibt es weitere Projekte, die allerdings noch nicht so ausgefeilt sind wie in St. Wendel. "Höchste Eisenbahn" sei es, hatte Bouillon vor einem Jahr gesagt und darauf gedrängt, dass sofort mit den nötigen Sparmaßnahmen begonnen werden müsse. Heute sagt er: "Wir brauchen Geduld."

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