20 Millionen Euro für kaputte Straßen

Saarbrücken · Das Land verspricht allen Städten und Gemeinden sechsstellige Summen für ihre Straßen. Das hilft, wird den Sanierungsstau aber nicht auflösen.

 Viele Straßen der hochverschuldeten saarländischen Städte und Gemeinden müssten von Grund auf erneuert werden. Foto: Gärtner/dpa

Viele Straßen der hochverschuldeten saarländischen Städte und Gemeinden müssten von Grund auf erneuert werden. Foto: Gärtner/dpa

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Es ist schlecht bestellt um die Straßen der Kommunen im Saarland. Wie schlecht, zeigt die Aussage eines Bürgermeisters, der im vergangenen Jahr klagte, seine recht kleine Gemeinde habe nicht einmal mehr Geld, um einen vor Jahrzehnten angelegten Feldweg auszubessern. Wer mit dem Auto regelmäßig über die Dörfer fährt und nicht direkt einen Autobahnanschluss vor der Tür hat, kann ein Lied davon singen, wie desolat mancherorts der Straßenzustand ist. Der Sanierungsstau ist gewaltig.

Deshalb legt Innenminister Klaus Bouillon (CDU) jetzt ein Sonderprogramm auf, "das es in dieser Form noch nie gegeben hat", wie er sagt. 20 Millionen Euro verspricht Bouillon den Städten und Gemeinden - Gelder, mit denen keiner gerechnet habe und die in keiner Finanzplanung stünden. Das Land zahle Festbeträge, die Kommunen müssten keinen Eigenanteil leisten. Das ist wichtig, weil viele Kommunen gar kein Geld mehr haben, um diesen Eigenanteil zu bezahlen. "Der vorzeitige Baubeginn für alle Baumaßnahmen aller Kommunen ist hiermit mündlich erteilt", so Bouillon. Die Bewilligungsbescheide seien vorformuliert und würden heute per Post an die Kommunen verschickt. Bei passendem Wetter könne mit den Arbeiten begonnen werden.

"Sensationell" findet der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT), Bouillons Parteifreund Klaus Lorig, das neue Programm. "Das hilft uns ungeheuer." Seine Stadt Völklingen wird 503 236 Euro bekommen. Das neue Programm sei eine gute Nachricht, sagt auch Claus Weyers, der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Bauwirtschaft (AGV Bau) des Saarlandes. Die kleinen und mittleren Bau-Unternehmen seien von Aufträgen der Kommunen abhängig. 20 Millionen reichten aber bei Weitem nicht aus, um den Sanierungsstau bei den kommunalen Straßen aufzulösen. Laut Bouillon können mit 20 Millionen Euro 200 Kilometer Straße saniert werden. Er geht also davon aus, dass für 100 Meter Straße rund 10 000 Euro benötigt werden. Fürs bloße Ausbessern reicht das wohl, doch für eine grundhafte Sanierung, die vielerorts nötig ist, liege die Summe deutlich höher, sagt Weyers.

Wie viel Geld eine Kommune erhält, hängt von der Länge ihres Straßennetzes ab. Eine mittlere Kommune bekommt aus dem Programm zwischen 200 000 und 500 000 Euro. Zur Einordnung: Der jährliche Etat zur Straßensanierung liegt in diesen Kommunen in der Regel im niedrigen sechsstelligen Bereich.

Die 20 Millionen kommen aus Bedarfszuweisungen des Kommunalen Finanzausgleichs, also aus kommunalen Geldern, die das Innenministerium verwaltet. Auf Antrag gewährt das Ministerium den Kommunen aus diesem Topf Zuschüsse für Investitionen. Wie viel Geld eine Kommune für ein Projekt bekommt, hängt auch von ihrer Finanzsituation ab. Häufig wird das in Gesprächen mit dem Bürgermeister ausgehandelt.

Nun wird mancher fragen, wieso in diesem Topf anderthalb Monate vor der Landtagswahl plötzlich 20 Millionen Euro übrig sind. Zumal Bouillon gerade erst zehn Millionen für marode Schwimmbäder lockergemacht hat. Bouillon weist den Verdacht, dass es sich um eine Wahlkampf-Wohltat handeln könnte, weit von sich. Die Landesregierung verfahre seit Jahren nach dem Motto "sparen und investieren". Die Dinge würden der Reihe nach abgearbeitet, zuerst bei den Schwimmbädern, jetzt auch bei den Straßen.

Die Herkunft der 20 Millionen Euro ("absolut seriös finanziert") erklärte Bouillon mit Ersparnissen, die dadurch zustandegekommen seien, dass die vorhandenen Mittel zum Teil nicht abgeflossen seien. Viele Städte und Gemeinden hätten in den letzten Jahren Projekte, für die sie Zuschüsse beantragt hätten, dann doch nicht umgesetzt. Etwa, weil sie ihren Eigenanteil nicht hätten aufbringen können.

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