,,Das Rennen war schon immer eng”

Saarbrücken · Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer setzt auf ihren Amtsbonus und die Fortführung der großen Koalition.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer will auch in der nächsten Legislaturperiode mit der SPD regieren. Foto: Iris Maurer

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer will auch in der nächsten Legislaturperiode mit der SPD regieren. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Im Endspurt des Wahlkampfes wirft Ministerpräsidentin und CDU-Spitzenkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer ihr politisches Schicksal in die Waagschale, um SPD-Herausforderin Anke Rehlinger auf Distanz zu halten.

Das Rennen zwischen CDU und SPD ist eng geworden. Laut jüngster Umfrage noch ein Prozent Unterschied. Ist das alleine der Schulz-Effekt, der Ihren Amtsbonus als Ministerpräsidentin aufgezehrt hat?

Kramp-Karrenbauer Das Rennen war schon immer eng. Nur ist es jetzt sichtbar für alle. Denn man darf nicht nur die SPD alleine sehen, sondern das gesamte rot-rot-grüne Lager. Das waren immer schon nur wenige Prozentpunkte. Aber: Ich will nicht gewinnen, weil andere schwach sind. Ich will gewinnen, weil wir stark genug sind.

Sie werfen eine gute Woche vor der Landtagswahl Ihr politisches Schicksal in die Waagschale. Sie sagen: Entweder ich werde Ministerpräsidentin, oder ich ziehe mich aus der Landespolitik zurück. Ist das der letzte Trumpf?

Kramp-Karrenbauer Nein. Das ist Ausdruck dessen, dass ich mit mir absolut im Reinen bin. Die Saarländerinnen und Saarländer haben mir vor fünf Jahren dieses Regierungsamt anvertraut, weil sie mir geglaubt haben, dass ich dieses Land in eine stabile Zukunft führen kann. Das habe ich bewiesen. Jetzt trete ich wieder vor die Saarländer - mit einem klaren Plan, wie die Zukunft aussehen soll. Wenn die Saarländer sagen: Wir wollen das, dann müssen sie mich auch wählen. Immerhin sagen drei von vier Saarländern, sie sind zufrieden mit meiner Arbeit.

Bei einer Direktwahl der Ministerpräsidentin würden Sie wohl klar das Rennen machen. Werden Sie diesen persönlichen Bonus im Schlussspurt noch zum Thema machen?

Kramp-Karrenbauer Es geht genau um diese Frage: Wer wird Ministerpräsidentin dieses Landes? Entgegen allem, was die SPD-Spitzenkandidatin vertont: Sie will Ministerpräsidentin werden, wenn es sein muss auch mit den Linken. Schulz hat dazu ja schon seinen Segen gegeben. So gesehen ist es eine Direktwahl der Ministerpräsidentin.

Sie haben früh für die Fortsetzung der großen Koalition plädiert. War das ein Fehler, der SPD so ein Ver- sprechen zu geben?

Kramp-Karrenbauer Nein. Das ist Ausdruck klarer Haltung. 2012 haben Heiko Maas und ich diese große Koalition konstruiert und ins Laufen gebracht mit dem Ziel einer dauerhaften Sicherung des Saarlandes als eigenständiges Bundesland. Wir haben ein gutes Stück dieses Weges zurückgelegt. Ich nenne dabei nur die 500 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr aus Berlin. Aber ein weiteres Stück des Weges liegt vor uns. Wir werden klug investieren müssen. Alleine vor dem Hintergrund von Digitalisierung und demografischem Wandel wissen wir: Wir werden Strukturen im Land anpassen müssen. Das können am besten zwei große Volksparteien miteinander angehen. Insofern war für mich dieses Projekt immer auf zehn Jahre angelegt. Wir haben quasi Halbzeit.

Können Sie sich eine CDU auch als Juniorpartner in einer Koalition mit der SPD vorstellen?

Kramp-Karrenbauer Es wird keine Koalition geben nach dem Motto: Hauptsache, wir regieren mit. Das wäre Verrat an Landesinteressen.

Die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs war fraglos ein Erfolg Ihrer jetzigen Amtszeit, Resultat auch des harten Sparkurses. Jetzt aber kündigen Sie Geschenke an, Stichwort Bildungsbonus. Wirft man damit das sauer ersparte Geld nicht wieder zum Fenster raus?

Kramp-Karrenbauer Wir investieren in die Zukunft, in eine moderne Infrastruktur, in Straßen, Gebäude und den Breitbandausbau. Vor allem aber investieren wir in die Köpfe. Wir brauchen moderne Schulen mit ausreichend Lehrern, in denen die Lehrer das tun können, wozu sie da sind - nämlich unterrichten. Deswegen schlagen wir multiprofessionelle Teams vor. Auch wir wollen, dass die Eltern keine Beiträge mehr bezahlen. Da sind wir im Ziel mit den anderen Parteien einig. Das ist im Übrigen ja eine Erfindung der CDU Saar im Jahr 1999. Der Unterschied ist aber: Wir machen einen konkreten Vorschlag. Von anderen Parteien hört man nur Absichtserklärungen.

Kürzlich haben Sie Ihre CDU-Kabinettskandidaten vorgestellt. Das waren die Altvorderen mit Monika Bachmann, Klaus Bouillon und Stephan Toscani. Und als einzige Neue Nadine Schön für den Bereich Bildung. Dabei würde die SPD das Bildungsressort sicher nicht abgeben. Nicht gerade ein Aufbruchsignal.

Kramp-Karrenbauer Die Menschen kennen unsere Minister: Stephan Toscani hat mit einem sehr erfolgreichen Konsolidierungskurs die Grundlage für die Finanzverhandlungen gelegt. Monika Bachmann setzt auch bundesweit Signale für eine bessere Pflege. Und wer bei Klaus Bouillon auf die Idee kommt, der Mann habe keine Dynamik, der muss böswillig sein. Diese Minister haben ihre Arbeit gut gemacht - und sie haben viele Ideen für die Zukunft. Das ist dynamische Kontinuität. Nadine Schön verantwortet das Themenfeld Digitalisierung federführend in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Sie ist eine junge moderne Frau, die die Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kennt; sie hat selbst zwei kleine Kinder. Und sie hat einen sehr klaren Blick auf die Schulen. Dort brauchen wir eine umfassende Modernisierung, Es reicht nicht, ein Smartboard aufzuhängen oder WLan zu installieren. Die Digitalisierung muss den ganzen Lehrplan durchdringen. Bei all diesen Modernisierungen darf man einen gewissen gesunden Menschenverstand nicht vergessen. Nämlich, dass eine Schule auch erziehen muss, dass sie Noten braucht und dass es im Sinne der Inklusion für das einzelne Kind das bestmögliche Angebot gibt. Das kann die Inklusion sein, das kann aber auch die Förderschule sein. Nadine Schön ist eine echte Alternative zum jetzigen Amtsinhaber.

Sprechen Sie Ihrem Kabinettskollegen Ulrich Commerçon den gesunden Menschenverstand in diesem Bereich ab?

Kramp-Karrenbauer Es gibt einen Punkt, da haben wir einen klaren Dissens: Das ist das Thema Noten und Leistungserlass. Ich halte das, was das Kultusministerium macht, in weiten Teilen für falsch. Wir wissen auch, dass viele Lehrer und Eltern das genauso sehen. Da hat eine gewisse Ideologie und Eigendynamik im Ministerium mit der Realität an den Schulen und dem gesunden Menschenverstand relativ wenig zu tun.

Das Gespräch führte Oliver Schwambach. Eine ausführliche Fassung des Interviews finden Sie im Internet auf www.saarbruecker-zeitung.de

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