„Viele Lehrer stoßen an ihre Grenzen“

Saarbrücken · Marode Gebäude und schlechte Ausstattung machen Lehrern im Saarland zu schaffen, klagt ein Berufsschullehrer. Durch zu viele administrative Aufgaben gerate die Wissensvermittlung oft in den Hintergrund.

 In der Saarbrücker Berufsschule Am Mügelsberg stürzte 2013 eine Decke ein. Ein Lehrer klagt über fehlende Investitionen. Foto: B&B

In der Saarbrücker Berufsschule Am Mügelsberg stürzte 2013 eine Decke ein. Ein Lehrer klagt über fehlende Investitionen. Foto: B&B

Foto: B&B

Krankheitsfälle ziehen sich seit Jahren reihenweise durch das Lehrerkollegium von Ernst K. (Name geändert). "Das ist nicht nur die einfache Grippe, sondern auch massive psychische Belastungen und ernsthafte Erkrankungen", erzählt K. Von Kollegen an anderen Schulen weiß er, dass dies keine Einzelfälle sind. "Die saarländischen Lehrerverbände fordern zu Recht ein längst überfälliges Gesamtkonzept für Lehrergesundheit", sagt er daher (wir berichteten). "Aber es dürfen nicht nur die Symptome behandelt werden, sondern vor allem die Ursachen bekämpft werden." So fordert er auch für Berufsschulen Sozialarbeiter, zu denen Lehrer und Schüler im Konfliktfall gehen können.

Mit dem alltäglichen Stress könnten Lehrer seiner Erfahrung nach gut umgehen. Belastend sei jedoch, dass die eigentliche Aufgabe des Lehrers, nämlich die Wissensvermittlung, durch organisatorische und administrative Aufgaben überfrachtet werde. Die Schulträger - für die weiterführenden Schulen sind dies die Kreise sowie der Regionalverband - stellten den Schulen nicht ausreichend Mittel zur Verfügung. "Damit wird die Qualität des Unterrichts negativ beeinträchtigt und viele Lehrer stoßen bei der Arbeit an ihre gesundheitlichen Grenzen. Dann macht Schule krank!", so seine Beobachtung.

K. beziffert den Investitionsstau an den Schulen im Regionalverband Saarbrücken auf "weit über 20 Millionen Euro ". Dies habe gravierende Folgen: "Am 26. November 2013 ist am TGBBZ II Saarbrücken Mügelsberg die Decke eines Schulsaales eingestürzt. Es war reiner Zufall, dass zu diesem Zeitpunkt kein Unterricht in dem Saal stattfand", empört er sich. Der Schulaufsicht, also dem Land, und dem Schulträger wirft er vor, seit Jahren wegzuschauen. "Dabei haben sie eine Fürsorgepflicht für uns."

Jedes Jahr lägen die Nerven der Lehrer blank, die mit der Organisation von Stunden- und Vertretungsplänen beauftragt seien. "Moderne Software versagt ihre Dienste auf Servern, die nicht selten älter als zehn Jahre sind", so K. "Die Erstellung der alljährlich äußerst zeitaufwendigen Jahresstatistiken kann die Software nicht erfüllen." Die Lehrer seien daher gezwungen, mit Zettel und Stift die Daten zu erfassen.

Der Direktor des Regionalverbandes, Peter Gillo (SPD ), bestätigt, dass es an den 75 Schulen des Regionalverbandes einen ständigen Investitionsbedarf gibt, dem nur begrenzte Mittel gegenüberstünden. Daher könnten die Maßnahmen nur allmählich nach Dringlichkeit umgesetzt werden. Die Zahl 20 Millionen Euro sei von Wirtschaftsprüfern ermittelt und bezeichne die "Lücke zwischen dem nach kaufmännischen Regeln zu ermittelnden planmäßigen Bauunterhalt und den tatsächlichen Aufwendungen". Betrug der Bauunterhalt in den Jahren 2003 bis 2007 etwa 1,7 Millionen Euro , sei er seitdem kontinuierlich gesteigert worden. Für die Jahre 2014 und 2015 seien mit zirka 6,2 Millionen Euro Bedarf und Finanzmittel deckungsgleich. Schäden seien bei den 50 Schulgebäuden, die zum Teil über 80 Jahre alt sind, nicht ungewöhnlich. Als Folge des Deckeneinsturzes am Mügelsberg habe man alle Decken an allen Schulen überprüft. Auf lange Sicht führe kein Weg an Mehreinnahmen vorbei. "Wie bei den Konjunkturpaketen I und II von 2009 bis 2011 bräuchten wir für fünf Jahre ein dauerhaftes Investitionsprogramm des Bundes und des Landes in vergleichbarer Größenordnung. Damit könnte der Investitionsbedarf abgearbeitet werden. Bedauerlicherweise aber hat das Land keinerlei Unterstützung in dieser Hinsicht für die kommunale Seite gewährt", sagt Gillo.

Das Bildungsministerium gibt dem Lehrer K. Recht, dass die Klassenbögen für die amtliche Schulstatistik, für die das Amt für Statistik zuständig ist, in Papierform ausgefüllt werden müssen. Grund dafür sei die Komplexität des beruflichen Schulwesens. Hier soll es Abhilfe in Form eines Schulverwaltungsprogramms geben, das mit diesem Schuljahr an den ersten beruflichen Schulen startet. Für Erhebungen des Bildungsministeriums würden webbasierte Formulare verwendet, für die die Schulen das Betriebssystem Windows 7 benötigen. Auf dieses hätten jedoch manche Schulen noch nicht umgestellt. Verantwortlich sei jedoch der Schulträger.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort