Siedlungsgeselllschaft unterzeichnet Unterlassungserklärung

Saarbrücken · Im Saarland sollte kein Wohnungsbau aus Steuergeld finanziert werden, der „Barrierfreiheit“ verspricht, aber dann doch nicht hält. Behindertensprecher verlangen, dass Förderpraxis und Landesbauordnung geändert werden.

 Saniert, aber nicht barrierefrei: Die 96 Wohnungen am Saarbrücker Eschberg entsprechen nicht der DIN-Norm. Foto: H. Dillhöfer/SGS

Saniert, aber nicht barrierefrei: Die 96 Wohnungen am Saarbrücker Eschberg entsprechen nicht der DIN-Norm. Foto: H. Dillhöfer/SGS

Foto: H. Dillhöfer/SGS

Weiterer Erfolg für den Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK): Nachdem der anerkannte Verbraucherschutzverband die Saarbrücker Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft (SGS) wegen irreführender Werbung abmahnen ließ, hat die Beklagte nach BSK-Angaben nun die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnet. Wie berichtet ("Wohnungen voller Barrieren", SZ vom 8. November), hatte die Siedlungsgesellschaft 96 renovierte Wohnungen auf dem Saarbrücker Eschberg als "barrierefrei" angepriesen, obwohl keine einzige barrierefrei ist.

Der BSK hatte mit der Abmahnung deutlich machen wollen, dass der Begriff "Barrierefreiheit" in der DIN-Norm 18040 definiert ist. Damit, so der saarländische Landesvorsitzende Uwe Wagner, gebe er eindeutige Hiweise auf Zugänglichkeit und Nutzbarkeit. Die im Immobiliengeschäft benutzten Eigenschaften wie barrierearm, rollstuhlgerecht, seniorenfreundlich oder behindertengerecht sagten dagegen "rein gar nichts über die tatsächlichen baulichen Gegebenheiten aus", ärgerte sich Wagner im SZ-Gespräch über "Worthülsen". Der BSK hält für nicht akzeptabel, dass die Umbauten auf dem Eschberg über das saarländische Finanzministerium mit Krediten von über drei Millionen Euro gefördert worden waren, obwohl von Anfang an klar war, dass das Ergebnis nicht barrierfrei sein würde.

Wie das Ministerium dazu auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung mitteilte, habe man sich von der Überlegung leiten lassen, "dass es sinnvoller ist, Barrieren zumindest soweit wie möglich abzubauen, statt die Barrierereduzierung gänzlich aus den Augen zu verlieren, nur weil die Normziele nicht erreichbar erscheinen". Der Behindertenverband sieht in dem Vorgehen, das "leider nicht strafbar ist", so Mitglied Hermann Mottweiler, einen Verstoß gegen das saarländische Behindertengleichstellungsgesetz und die UN-Konvention für Behinderte. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, dass nur noch dann Wohnraum mit öffentlichen Mitteln gefördert werde, wenn die "DIN-Norm Mindestnorm ist".

Wenn es nach den kommunalen Behindertenbeauftragten im Saarland ginge, würde in die Landesbauordnung eine Nutzungsuntersagung durch Aufsichtsbehörden aufgenommen. Wer mit öffentlichem Geld nicht barrierefrei baut - seien es Parkplätze, Häuser, Kinos, Thermen oder Ferienparks am See -, der könnte dann, ähnlich wie bei der Missachtung von Brandschutzregeln, mit Sperren sanktioniert werden. Nach Angaben des BSK haben 13 Prozent der Saarländer einen Behinderungsgrad von 50 Prozent und mehr. Barriefreiheit nutze aber allen Menschen. Nach Angaben des Sozialverbandes VdK fehlen im Saarland 30 000 barrierefreie Wohnungen.

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