Trotz Hindernissen auf der Überholspur

Saarbrücken · Ataxie ist eine Nervenkrankheit, die bei den Betroffenen motorische Störungen hervorruft. Claudia Nicoleitzik lässt sich davon nicht unterkriegen: Dieses Jahr nimmt die 26-Jährige an ihren dritten Paralympics teil.

 Die Paralympics-Teilnehmerin Claudia Nicoleitzik (r.) mit ihrer Chefin Helga Jahrmann an ihrem Arbeitsplatz.

Die Paralympics-Teilnehmerin Claudia Nicoleitzik (r.) mit ihrer Chefin Helga Jahrmann an ihrem Arbeitsplatz.

Foto: Becker&Bredel

Claudia Nicoleitzik ist eine schüchterne junge Frau. In der Praxis für Physiotherapie von Helga Jahrmann beantwortet sie Anrufe, verwaltet Rezepte und Termine und bereitet Anwendungen vor. Manchmal zittert ihre Hand, die 26-Jährige wirkt zerbrechlich.

Doch Nicoleitzik ist zugleich eine der erfolgreichsten Sportlerinnen des Saarlandes, vierfache Medaillengewinnerin der paralympischen Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Peking und London. Nach den Sprintwettbewerben in Peking lief sie selbstbewusst mit der Saarlandflagge eine Ehrenrunde vor tausenden Zuschauern.

Die behinderte Frau, die an der Nervenkrankheit Ataxie leidet, mit motorischen Problemen, Zittern und Gleichgewichtsstörungen, hat seit einem Jahr erstmals einen Job in der freien Wirtschaft. Bei der gemeinnützigen Reha GmbH wird sie betreut. Dort ist sie angestellt, der Job bei Helga Jahrmann ist ein "Außenarbeitsplatz". Denn die Reha hat das Ziel, behinderte Menschen in die normale Arbeitswelt einzugliedern. Claudia machte ein Praktikum, dann begann sie halbtags in der Praxis am Landwehrplatz und ist glücklich, wie sie sagt. Auch ihre Chefin freut sich: "Viele Behinderte haben ständig Kontakt zu Physiotherapeuten. Die Welt der Krankengymnastik ist ihnen nah, die Abläufe sind ihnen nicht fremd." Herrmann hat mit der Reha und Claudia einen Deal, der auch Raum für den Sport lässt. In Kürze stehen die Olympischen Spiele in Rio an. Die Olympia-Norm ist Claudia 2016 in Dubai bereits gelaufen, das Team wird im Juli nominiert. Die Dillingerin, die bei einer Pflegefamilie in Wehrden aufwuchs und deren Sporttalent in der Körperbehindertenschule in Püttlingen entdeckt wurde, wird dann an ihrer dritten Olympiade teilnehmen.

"Das ist ja kein Häkelkurs", sagt ihre Chefin und unterstützt ihre Angestellte nach Kräften. "Ich würde mir wünschen, dass sich noch mehr Firmen für behinderte Menschen öffnen", wirbt sie. Am Ende bringt Claudia den Reporter zur Tür, mit zarten Händedruck verabschiedet sie sich. Wie kann diese scheue Frau allen anderen davonlaufen? Sie beantwortet es selbst: "Mit ganz viel Training schaffe ich das."

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