Blindenverein fordert den Erhalt der Förderschulen trotz Inklusion

Saarbrücken · Der Blinden- und Sehbehindertenverein für das Saarland (BSV) hat vor der Feier seines 90. Jubiläum den Erhalt der Förderschulen verlangt. Trotz Inklusion an Regelschulen seien viele Blinde darauf angewiesen, hieß es.

 Ein Blinder tastet sich voran. Schwer hätten es Blinde im Saarland besonders beim Busfahren, so BSV-Chefin Hopp. Foto: Gambarini/dpa

Ein Blinder tastet sich voran. Schwer hätten es Blinde im Saarland besonders beim Busfahren, so BSV-Chefin Hopp. Foto: Gambarini/dpa

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Stell' Dir vor, Du bist blind oder sehbehindert, bist täglich auf eine entsprechend ausgestattete Ampel zum Überqueren der Straße angewiesen. Und eines Tages ist die Ampel plötzlich nicht mehr da: "Das ist ein No-Go!", sagte die Vorsitzende des saarländischen Blinden- und Sehbehindertenvereins (BSV) Christa Maria Hopp der SZ zu entsprechenden Plänen der Stadt Merzig, zwei Blindenampeln in Besseringen durch Zebrastreifen zu ersetzen. "Selbst wenn täglich nur zwei Blinde diese Ampel nutzen, ist das für diese beiden lebenswichtig", betonte Hopp und erklärte ihr Unverständnis für die Merziger Entscheidung. Hopp beklagte im Vorfeld des BSV-Festes zu seinem 90-jährigen Bestehen am kommenden Samstag ab 11 Uhr im Saarbrücker VHS-Zentrum am Schloss, dass es für die etwa 1500 Blinden und Sehbehinderten im Saarland noch einige Einschränkungen gebe, die die Teilhabe am öffentlichen Leben behinderten. "Der öffentliche Personennahverkehr ist für uns das größte Problem", betonte Hopp. Zwar seien die neuen Bushaltestellen mit entsprechenden Aufmerksamkeitsfeldern, also Noppen und Linien im Boden, ausgestattet, die den Blinden den Weg zu den Einsteigepunkten weisen. Aber beim Großteil der Bushaltestellen, besonders im ländlichen Raum, fehlten diese Hilfen leider.

Zudem seien durch die Digitalisierung des öffentlichen Lebens viele Arbeitsstellen für Blinde wegrationalisiert worden. "Viele Blinde waren früher Telefonisten, die in den Verwaltungen die Verbindungen herstellten zu den einzelnen Büros", sagte Hopp. Doch durch die automatisierten Telefonansagen und den neuen Beruf des "Call-Center-Agenten", für den man schon Abitur brauche, seien die Job-Chancen für Blinde geringer geworden.

Zwar gebe es immer noch einige Blinde , die als Medizinische Bademeister, Masseure oder Physiotherapeuten Arbeit fänden. "Doch bei den meisten Jobs geht alles nur noch mit Bildschirmarbeit , da sind wir im Hintertreffen", betonte die Saarbrückerin Hopp, die ab 2017 neue Landesbehindertenbeauftragte wird. Die CDU/SPD-Landesregierung hatte Hopp im Sommer als Nachfolgerin von Wolfgang Gütlein berufen.

Hopp forderte die CDU/SPD-Landesregierung auf, trotz der UN-Übereinkunft über die Inklusion aller behinderten Kinder an Regelschulen die bestehenden Förderschulen im Saarland zu erhalten. "Für blinde Kinder ist es oft schwierig, gleich in einer Grundschule anzufangen", sagte Hopp. Sie müssten erst einmal die Blindenschrift erlernen. Daher sei es für blinde Kinder besser, in einer Förderschule zu beginnen und erst später, ab dem fünften Schuljahr, an eine Regelschule zu wechseln. "Es gibt allerdings kaum noch Blindenlehrer, die über entsprechende Ausbildungen verfügen", beklagte die BSV-Vorsitzende. Auf Bundesebene forderte sie Verbesserungen im Bundesteilhabegesetz für sinnesbehinderte Menschen.

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