Erschöpfter Freund und Helfer

Saarbrücken · Der Stellenabbau bei der Polizei hinterlässt seine Spuren. Die Beamten sehen sich an der Belastungsgrenze. Nun kommen erste Signale aus der SPD, beim Personal wieder aufzustocken – allerdings erst nach der Landtagswahl 2017.

 90 Kommissaranwärter werden derzeit pro Jahr eingestellt. Die Gewerkschaft der Polizei hält 100 bis 110 Neueinstellungen für erforderlich. Foto: Andreas engel

90 Kommissaranwärter werden derzeit pro Jahr eingestellt. Die Gewerkschaft der Polizei hält 100 bis 110 Neueinstellungen für erforderlich. Foto: Andreas engel

Foto: Andreas engel

261 800 Überstunden und 61 400 Krankentage im vergangenen Jahr - die Belastung der 3360 Polizisten im Saarland ist in Zeiten der Flüchtlingskrise hoch. 2015 steuerte die große Koalition bereits nach: Die Zahl der Neueinstellungen wurde von 80 auf 90 pro Jahr erhöht, zudem sollen 30 Hilfskräfte des Polizeilichen Ordnungsdienstes (POD) die Polizei entlasten. Doch reicht das aus? Die Gewerkschaft der Polizei schlägt erneut Alarm: Die Zahlen zeigten deutlich, dass die Belastungsgrenze nicht nur erreicht sei, sondern immer öfter überschritten werde, sagte der Landesvorsitzende Ralf Porzel: "Wir brauchen dringend Verstärkung." Nötig seien 100 bis 110 Neueinstellungen .

Innerhalb der SPD gibt es Signale, dass man das ähnlich sieht. Generalsekretärin Petra Berg hatte kürzlich gefordert, ab 2018 auf 100 Neueinstellungen zu erhöhen. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn ging gestern noch weiter: "Falls die Entwicklungen bundesweit gleich bleiben, müssen wir vielleicht über die 100 hinausgehen." Die Stellen vor der Landtagswahl aufzustocken, lehnte er jedoch ab. Selbst wenn jetzt 100 Anwärter eingestellt würden, wären diese frühestens 2020 nach ihrer Ausbildung einsatzbereit. "Damit löst man kein Problem, das jetzt vor der Hütte steht", so Pauluhn. Denkbar sei aber, die Zahl der POD-Mitarbeiter zu erhöhen - womöglich noch in diesem Jahr, falls Bedarf bestehe.

Doch die CDU-Fraktion gibt sich zurückhaltend. Fraktionschef Tobias Hans sagte: "Wir müssen die Polizei in die Lage versetzen, dass sie ihre Arbeit sinnvoll machen kann. Das geht vor." Soll heißen, die Polizei soll zur Terrorabwehr mehr Rechte erhalten. Eine Forderung, die bereits für Zwist in der großen Koalition gesorgt hatte (die SZ berichtete). Gänzlich ausschließen wollte Hans mehr Personal aber nicht. Derzeit werde die Polizeireform evaluiert. "Wenn zusätzlicher Bedarf da ist, können wir nachpersonalisieren, wie wir das bei den Lehrern auch getan haben", so Hans.

Die Opposition drängt indes auf mehr Beamte . Notwendig seien 100 bis 120 Neueinstellungen pro Jahr, sagte Grünen-Fraktionsvize Klaus Kessler . Damit die Anwärter nicht erst 2020 in der Öffentlichkeit präsent seien, müssten die praktischen Anteile der Ausbildung erhöht werden, um die "Anwärter frühzeitig auf die Straße schicken zu können". Die 30 Hilfskräfte, die mit Handschellen und Pfefferspray ausgestattet werden, reichten nicht aus. "Wir halten nichts von leicht bewaffneten Briefträgern", so Fraktionschef Hubert Ulrich . Auch die Linke, die mit einer Anfrage an die Regierung die Überstunden ans Licht gebracht hatte, fordert, die Zahl der Anwärter anzuheben. Das Sicherheitsgefühl der Saarländer habe gelitten. Finanziert werden müsse dies durch eine Steuerreform, so Fraktionschef Oskar Lafontaine . Eine Forderung, die die Piraten teilen. Alle Versuche der Koalition den Personalmangel abzufedern, seien gescheitert, sagte Fraktionschef Michael Hilberer .

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HintergrundAm 1. März hat die dreimonatige Ausbildung der 30 Mitarbeiter des Polizeilichen Ordnungsdienstes (POD) begonnen. Zum 1. Juni werden sie ihre Arbeit aufnehmen. Ursprünglich sollte dies bereits zum 1. Mai geschehen. Aus organisatorischen Gründen habe sich das aber verzögert, so das Innenministerium, unter anderem wegen des Auswahlverfahrens und wegen Kündigungsfristen, die eingehalten werden mussten. Die Hilfskräfte sollen unter anderem auch bei der Verkehrsüberwachung und bei Abschiebungen eingesetzt werden. noe

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