Durchsuchungen bei Polizisten

Saarbrücken · In der Betrugsaffäre bei der Polizei haben Ermittler gestern drei Privatwohnungen und das Büro eines Hauptkommissars durchsucht. Der leitende Beamte wurde von seinen Führungsaufgaben entbunden und versetzt.

 Beim Kriminaldienst der Inspektion in der Saarbrücker Karcherstraße soll sich der Betrugsfall abgespielt haben. Foto: Oliver Dietze

Beim Kriminaldienst der Inspektion in der Saarbrücker Karcherstraße soll sich der Betrugsfall abgespielt haben. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Wegen Betrugs in einem besonders schweren Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen den vorzeitig pensionierten Kriminalkommissar J. (42) aus Saarbrücken , der auch im Amateurfußball bekannt ist. Vier seiner Kollegen, zwei leitende Beamte und zwei Polizisten aus dem Wachdienst in der Polizeiinspektion St. Johann in der Saarbrücker Karcherstraße, sollen ihn beim Betrug zu Lasten des Steuerzahlers Beihilfe geleistet haben. Konkret sollen Angaben in einer Dienstunfallanzeige und in einem Einsatzbericht nach einer nächtlichen Schlägerei im August 2013 manipuliert und fingiert worden sein, damit dem Kommissar eine Abfindung und eine deutlich erhöhte Pension zugesprochen werden sollte. Der mögliche Schaden der Staatskasse hätte nach groben Schätzungen bei etwa 700 000 Euro gelegen. Unsere Zeitung hat in der Dienstagsausgabe ausführlich über die Hintergründe des Falles berichtet, in dem weitere Vorwürfe wie Strafvereitelung, Urkundenfälschung, Körperverletzung und Volksverhetzung im Raum stehen.

Weil der wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig pensionierte 42-Jährige mutmaßlich seine Befugnisse und Stellung als Amtsträger missbraucht hat, unterstellen die Ermittler einen schweren Betrugsfall (§ 263 Absatz 3, Strafgesetzbuch). Nachdem ein Ermittlungsrichter bereits letzte Woche Durchsuchungen angeordnet hatte, schlugen die auf besondere Ermittlungen spezialisierten Fahnder des Landespolizeipräsidiums am Dienstagvormittag zu. Die Privatwohnungen des Kommissars im Ruhestand, seiner 36-jährigen Bekannten und seines unmittelbaren Vorgesetzten, eines 56 Jahre alten Kriminalhauptkommissars aus Saarbrücken , wurden nach Beweismaterial durchsucht, ebenso das Dienstzimmer und der Schreibtisch des Hauptkommissars. Dies bestätigte Pressestaatsanwalt Christoph Rebmann. Der 56-jährige Hauptkommissar wurde von seinen Führungsaufgaben entbunden und versetzt.

Bei der akribisch vorbereiteten Aktion legten die Sonderermittler besonderes Augenmerk auf Mobiltelefone und Computer sowie Speichermedien . Mehrere Dienst- und Privathandys wurden beschlagnahmt, sollen offenbar gezielt auf ausgetauschte Kurznachrichten ausgewertet werden. Die Inspektionsleitung unterstützte die Arbeit ihrer ermittelnden Kollegen, stellte aus dem Kellerarchiv auch Dienstpläne und Einsatzberichte der Streifenkommandos aus dem August 2013 zur Verfügung.

Damals kam es an einem frühen Sonntagmorgen in einer Kneipe in der Bleichstraße zu einem Zwischenfall. Der angeblich stark angetrunkene Kommissar hatte sich, so heißt es, einen Hitlerbart aufgemalt. Studenten fühlten sich provoziert. In einem Handgemenge ging ein Gast zu Boden. Die Berichte der alarmierten Polizeistreife über diesen Vorfall und eine spätere Schlägerei auf dem St. Johanner Markt, bei der der Kommissar schwer verletzt wurde, sollen nachträglich abgeändert worden sein.

Die Betrugsaffäre beschäftigt nächste Woche voraussichtlich auch den Landtag. Klaus Kessler , Vizefraktionschef der Grünen, beantragte eine Sondersitzung des Justizausschusses, in der über den Stand der Ermittlungen berichtet werden soll.

Meinung:
Selbstreinigung funktioniert

Von SZ-RedakteurMichael Jungmann

Erneut sind interne Ermittler Tatverdächtigen in den Reihen der Polizei auf der Spur. Die Fälle, da öffentlich wurde, dass Polizisten mutmaßlich auf die schiefe Bahn geraten sind, häufen sich. Nach den Foltervorwürfen gegen einen Kommissar und der angeblichen Strafvereitelung durch den Polizeichef in Nohfelden geht es jetzt um den handfesten Verdacht des schweren Betruges zum Nachteil des Steuerzahlers.

Wie in jeder Berufsgruppe gibt es auch bei der Polizei schwarze Schafe. Leute, die ihnen von Vater Staat verliehene Rechte und Kompetenzen missbrauchen. Die Spitze des Polizeipräsidiums und die Dienstaufsicht sind gut beraten, in solchen Fällen rigoros durchzugreifen - im Interesse all der Beamten, die ihre Arbeit ehrlich, korrekt und gesetzestreu erledigen. Der gute Ruf der Polizei steht auf dem Spiel. Die aufgedeckten Fälle belegen: Die Selbstreinigung bei der Polizei funktioniert.

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