„So viel Liebe zum Ballett“

Saarbrücken · Am heutigen Dienstag beendet Youn Hui Jeon ihre Tanzkarriere am Staatstheater. Als Magd La Poncia in Bernarda Albas Haus ist sie zum letzten Mal zu sehen. Danach verlässt die 39-Jährige die Compagnie. Ab Herbst übernimmt sie die Ballettschule.

 Youn Hui Jeon stand im Zentrum nahezu aller großen Ballett-Produktionen, die in den letzten Jahren am Staatstheater zu sehen waren. Hier eine Szene aus Maggie Donlons „Schwanensee“. Foto: Stöß

Youn Hui Jeon stand im Zentrum nahezu aller großen Ballett-Produktionen, die in den letzten Jahren am Staatstheater zu sehen waren. Hier eine Szene aus Maggie Donlons „Schwanensee“. Foto: Stöß

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 Die Primaballerina wird ab Herbst ihr Wissen und Können an den Saarbrücker Ballett-Nachwuchs weitergeben. Foto: Mailänder

Die Primaballerina wird ab Herbst ihr Wissen und Können an den Saarbrücker Ballett-Nachwuchs weitergeben. Foto: Mailänder

Foto: Mailänder
 Eine der großen Erfolgs-Choreografien von Maggie Donlon war Giselle reloaded. Youn Hui Jeon war dabei. Foto: Stöß

Eine der großen Erfolgs-Choreografien von Maggie Donlon war Giselle reloaded. Youn Hui Jeon war dabei. Foto: Stöß

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 Ein Dauerbrenner war Casa Azul. Foto: Stöß

Ein Dauerbrenner war Casa Azul. Foto: Stöß

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 Ihr letzter großer Bühneneinsatz: Youn Hui Jeon in Stijn Celis' Choreografie „Bernarda Albas Haus“. Foto: Stöß

Ihr letzter großer Bühneneinsatz: Youn Hui Jeon in Stijn Celis' Choreografie „Bernarda Albas Haus“. Foto: Stöß

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Ob als Giselle in Gummistiefeln, verliebte Julia auf der Schaukel oder auch als weiße Odette mit schwarzem Prinz im Schwanensee: Wer im Saarland Ballettfan ist, hat die Tänzerin Youn Hui Jeon mit unvergesslichen Bildern im Kopf. Am heutigen Dienstag hat die Südkoreanerin ihren allerletzten Auftritt als Magd La Poncia in Bernarda Albas Haus von Stijn Celis. Dann heißt es: Bye, bye, Ballett ! Mit 39 beendet sie ihre Bühnenlaufbahn als Tänzerin und verlässt die Compagnie. Zwölf Spielzeiten, davon die meisten unter Ballettdirektorin Marguerite Donlon , tanzte Youn Hui Jeon in Saarbrücken und erlebte hier ihre erfolgreichste Zeit.

Zuvor hatte sie in ihrem Leben viel kämpfen müssen. In Seoul, wo sie aufwuchs, musste sie ihren Wunsch, so etwas Unseriöses wie Tanz zu studieren, gegen ihre Eltern durchsetzen. In New York City, wo sie ein weiteres Tanzstudium draufsetzte, gab man ihr anschließend keine Arbeitserlaubnis, um vortanzen zu können. In Korea, wohin sie zurückkehrte, erhielt sie als Talent zwar Preise, sah mangels Profi-Kompanien jedoch keine wirkliche Perspektive. Also auf nach Europa! Warum nicht Saarbrücken . . . Bei Maggie Donlon, am Staatstheater , da fand sie sie endlich: die guten Arbeitsbedingungen, um ihr tänzerisches Potenzial zu entfalten.

Donlons Arbeitsweise, ihre Art, die Tänzer mit einzubeziehen, habe sie von Anfang überzeugt, schwärmt Jeon. Die Chemie stimmte einfach zwischen den beiden. "Und sie hat mir als Künstlerin sehr großen Respekt entgegengebracht", sagt die Tänzerin. Donlon gab ihr große Rollen in der ersten Reihe: Giselle, Julia, Odette . . . Damit hat sie sich eingeprägt. Ob Jeon ein Lieblingsstück hatte? "Close up" nennt sie spontan, das Stück, in dem sie 2013 mit einem Gebärdensprachlehrer im Duo tanzte. Aber auch "Schwanensee aufgetaucht" - für Jeon "der Höhepunkt der Karriere". "Die Leute sprachen mich auf der Straße an und sagten: Ich habe sie im Ballett gesehen." Überhaupt das Saarbrücker Publikum! "Ich glaube nicht, dass es anderswo ein Publikum mit so viel Liebe zum Ballett gibt und das das auch ausdrückt."

Ob sie Wehmut spürt, nun da es vorbei sein wird mit den großen Auftritten und dem Applaus? "Gefühle? Oh, Gott!" Jeon kichert und sagt dann: "Ich war so beschäftigt, dass ich gar keine Zeit hatte, darüber nachzudenken." Die Vorbereitung für den Substanz-Abend, ihre letzte Premiere, bei der sie nicht nur in mehreren Choreografien mittanzte, sondern auch eine eigene vorstellte, hielt sie auf Trab. Und jetzt, danach? "Ich zähle nicht die Tage, ich lebe im Heute."

Ist das nun asiatische Zurückhaltung oder Gelassenheit? Den Plan, mit 40 aufzuhören, habe sie immer schon gehabt, um jung genug zu sein, vielleicht ein Studium, oder sonst etwas Neues anzufangen, fügt sie hinzu. Und nun hat sie die neue Aufgabe ganz nah bei ihrem alten Arbeitsplatz gefunden. Ab September übernimmt Jeon die Leitung der Ballettschule des Staatstheaters. Schon in Korea hatte sie Tanz unterrichtet. Außerdem, erzählt sie, werde sie hin und wieder als Trainerin beim Ballett-Ensemble arbeiten. So ganz verabschiedet sie sich vom Ballett also nicht. "Ich sage ja nicht, dass ich ganz aufhören werde zu tanzen, nur nicht mehr in der Compagnie." Aha! Wieder lächelt Jeon geradezu sibyllinisch. Vielleicht werden wir sie also auch in Zukunft doch noch tanzen sehen, als Gast oder in einer freien Produktion.

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