Bund will Länder bei Autobahnen entmachten

Saarbrücken · Der Bund fürchtet, dass einige Länder nicht in der Lage sind, das viele Geld des Bundes für Autobahnen und Bundesstraßen auch tatsächlich zu verbauen. Er will deshalb eine radikale Reform der Zuständigkeiten. Aus der Landesregierung kommen unterschiedliche Signale.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist ein selbstbewusster Mann, der gerne in Superlativen spricht. "Wir investieren in Autobahnen und Bundesstraßen eine Rekordsumme und geben Deutschland einen Modernisierungsschub", verkündete der CSU-Mann vor einigen Wochen. Die Gelder zum Erhalt der Bundesfernstraßen steigen allein im Saarland von 38,5 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 85 Millionen im Jahr 2019. Eine Sorge scheint Dobrindt dabei jedoch umzutreiben: dass nämlich die Länder gar nicht in der Lage sind, das ganze Geld auch tatsächlich zu verbauen. "Wir können uns keinen Investitionsstau leisten, nur weil manche Länder bei der Baureife von Straßen hinterherhinken", so Dobrindt.

Auch das Saarland soll Dobrindt damit gemeint haben. Der Bexbacher CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Funk, der in Berlin im Verkehrsausschuss sitzt, berichtete, Dobrindt habe ihm bereits im Sommer 2015 gesagt, das Saarland habe kein baureifes Projekt. Damals war das Land bei einem Investitionspaket gerade leer ausgegangen.

Nun plant Dobrindt eine kleine Revolution: Er will die 16 Bundesländer beim Bau und Unterhalt von Autobahnen entmachten. Bisher ist es so: Die Straßenbauverwaltungen der Länder - im Saarland der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) in Neunkirchen mit seinen 570 Mitarbeitern - kümmern sich im Auftrag des Bundes um Bau, Modernisierung und Erhalt der Autobahnen . Der Bund zahlt für alles - mit Ausnahme eines Großteils der Planungen, die das Land jedes Jahr rund fünf Millionen Euro kosten. Diese sogenannte Auftragsverwaltung führt, wie es in Dobrindts Haus heißt, jedoch zu "Fehlanreizen und Ineffizienzen". Nach seinem Konzept würden alle Zuständigkeiten für die Autobahnen in einer Bundesgesellschaft gebündelt, die auch privates Kapital mobilisieren soll. Nötig dazu wäre eine Änderung des Grundgesetzes.

Die Möglichkeit, diesen Plan durchzusetzen, sehen Bundespolitiker jetzt in den Verhandlungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich gekommen. Die Länder hatten am 3. Dezember 2015 nach äußerst zähem Ringen einen Kompromiss geschmiedet, der finanziell zulasten des Bundes geht. Der Bundesfinanzminister will nur mitspielen, wenn der Bund im Gegenzug mehr Zuständigkeiten bekommt - zum Beispiel bei den Autobahnen . Die SPD im Bundestag würde dabei wohl mitmachen, wenn die Interessen der Beschäftigten der Straßenbauverwaltungen gewahrt blieben und eine Privatisierung ausgeschlossen würde.

Aus der Landesregierung gibt es unterschiedliche Signale. Finanzminister Stephan Toscani (CDU ) hätte nichts dagegen, die Zuständigkeit für die Autobahnen an den Bund abzutreten, wenn der Bund im Gegenzug endlich den neuen Finanzausgleich absegnet, auch die CDU-Landtagsfraktion hat bereits "größtmögliche Offenheit" signalisiert. Grüne und FDP im Saarland sind ebenfalls dafür. Wirtschaftsminister Anke Rehlinger (SPD ) ist - wie ihre 15 Amtskollegen (selbst der bayerische!) - aber gegen eine zentrale Autobahngesellschaft, hält eine Anpassung der bestehenden Strukturen für wesentlich sinnvoller: "Ein kompliziertes Verfahren, das die bisherigen Verhältnisse auf den Kopf stellt und sogar eine Grundgesetzänderung voraussetzt, kann nicht der beste Weg sein", sagte sie. In der Saar-SPD wird auch gewarnt, dass eine Autobahngesellschaft vor allem der privaten Versicherungswirtschaft nutzen würde, die angesichts niedriger Zinsen neue Renditechancen sucht. "Es darf hier kein Feld für Dritte eröffnet werden, um Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit zu erzielen", so die Abgeordnete Elke Eder-Hippler .

Dass die Autobahngesellschaft in der von Dobrindt gewünschten Form kommt, ist angesichts der parteiübergreifenden 16:0-Front der Länder-Verkehrsminister ohnehin unwahrscheinlich geworden. Toscani sagt, es werde sich in den Bund-Länder-Gesprächen zeigen, ob die vom Bund verfolgten Ziele "nicht auch auf anderem Wege als durch die Einrichtung einer solchen Gesellschaft erreicht werden können". Was damit gemeint sein könnte, deutete CDU-Fraktionschef Tobias Hans jüngst an: Es sei für die Autobahnen auch eine Gesellschaft denkbar, an der auch die Bundesländer beteiligt sind.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort