Warum 26 Millionen nicht verbaut wurden

Saarbrücken · Die Grünen sprechen von einem Trauerspiel, für die FDP ist es sogar ein Skandal: Das Saarland hat seit 2012 rund 26 Millionen Euro Bundesgelder für Autobahnen und Bundesstraßen nicht verbaut. Woran liegt das?

 Auf der Fechinger Talbrücke wurden mittlerweile 2000 Tonnen Straßenbelag abgefräst.

Auf der Fechinger Talbrücke wurden mittlerweile 2000 Tonnen Straßenbelag abgefräst.

Foto: B&B

Das Saarland hat in den vergangenen Jahren nicht alle Gelder, die es vom Bund für die Autobahnen und die Bundesstraßen bekommen hat, auch tatsächlich verbaut. Wie die Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Grü- nen-Politikers Markus Tressel zeigt, flossen in den Jahren 2012 bis 2015 rund 398 Millionen Euro für Autobahnen und Bundesstraßen ins Saarland. 26,4 Millionen davon wurden aber nicht abgerufen (6,6 Prozent).

Dabei handelt es sich um Mittel für den Erhalt, die Neubau-Mittel wurden laut saarländischem Verkehrsministerium alle verbaut. Das Ressort von Ministerin Anke Rehlinger (SPD) versichert auf Anfrage: "Alles, was im Saarland notwendig und baureif war, wurde auch gebaut." Die Differenz zwischen den zur Verfügung stehenden Bundesmitteln und der tatsächlich abgerechneten Summe hänge "nicht mit einem grundsätzlichen Problem, sondern unter anderem damit zusammen, dass Verzögerungen im Bauablauf oder bei der Vergabe eingetreten sind und die Statistik sich nach Kalenderjahren richtet". Gleichwohl befeuern die Zahlen die Diskussion über eine Bundesautobahngesellschaft. Bislang zahlt der Bund, und die Länder bauen und erhalten die Autobahnen und Bundesstraßen. Der Bund will diese Aufgaben selbst übernehmen, weil er fürchtet, dass die Länder nicht in der Lage sind, das Geld komplett auszugeben - zumal die Beträge in den nächsten Jahren deutlich steigen werden. Die CDU-Seite in der Saar-Regierung zeigt sich aufgeschlossen, die SPD-Seite ist skeptisch bis ablehnend (die SZ berichtete).

Tressel sprach von einem Trauerspiel". Die Landesregierung schaffe es nicht, dem Bund genügend baureife Projekte vorzuschlagen, weil offenbar der zuständige Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) nicht genü- gend Stellen habe. "Dadurch verfallen jedes Jahr Mittel aus dem Bundeshaushalt für das Saarland. Gleichzeitig hat das Saarland aber bundesweit mit die marodesten Brücken und Autobahnen im Bereich der wichtigen Bundesfernstraßen", so Tressel. So könne es nicht weitergehen. Durch eine Bündelung der Zuständigkeiten beim Bund, so Tressel, "bleiben uns hoffentlich auch solche Sperrungsdebakel wie an der Fechinger Talbrücke erspart". FDP-Landeschef Oliver Luksic bezeichnete es als "Skandal", dass Bundesgelder in einem Haushaltsnotlageland nicht zeitnah abgerufen und verbaut würden. Die Mitarbeiter des LfS hätten bei einem Wechsel zum Bund keine Nachteile zu befürchten, ganz im Gegenteil. Das Land könne diese Mittel dann in die maroden Landesstraßen investieren.

Verkehrsministerin Rehlinger hat schon vor Monaten bestä- tigt, dass Geld des Bundes liegen geblieben ist, und dies darauf zurückgeführt, dass es aus der Amtszeit ihrer Vorgängerin Simone Peter (Grüne, 2009-2012) keine fertigen Pläne gebe. "Hätte man in einem zuvor grün geführten Umweltministerium vernünftig geplant, könnte ich das Geld, das ich habe, auch ausgeben", sagte sie im Oktober in der Landtagsdebatte über den Haushalt 2016/17. Nach SZ-Informationen soll der LfS nun personell verstärkt werden. Die Rede ist von fünf zusätzlichen Stellen. "Es geht um Ingenieure und Techniker, die mit Brückenbau und Brückenprüfung zu tun haben, auch um Vermessung", heißt es im Verkehrsministerium. Schon 2013 hatte Rehlinger vor allem für den Brückenbau zusätzliche Ingenieurs-Stellen bewilligt. Die 119 Millionen Euro des Bundes für das laufende Jahr, versichert das Verkehrsministerium, könnten "nach dem heutigen Stand der Bauvorbereitung" komplett verbaut werden.
Wer zu schwer ist, wird gestoppt

Landesbetrieb richtet auf A 6 Verwiegesystem vor Fechinger Talbrücke ein

"Ab auf die Waage" heißt es ab Mitte Mai vor der Fechinger Talbrücke. Dort wird gerade ein System eingerichtet, das verhindern soll, dass zu schwere Fahrzeuge über die Brücke fahren.

In Fechingen haben gestern Arbeiten für eine breitere Autobahnausfahrt von der A 6 begonnen. Der Grund: Hier wird eine der Waagen montiert, die ab Mitte Mai sicherstellen soll, dass nur noch Fahrzeuge über die Brücke fahren können, die unter einem bestimmten Gewicht liegen. Das genaue Gewicht ist laut Wirtschaftsministerium noch nicht festgelegt. Auch ob überhaupt in drei Wochen wieder Verkehr über die Brücke fahren kann, steht noch nicht fest. Die endgültige Entscheidung soll in der kommenden Woche fallen. Über Induktionsschleifen und Sensoren sollen künftig alle Fahrzeuge vermessen und gewogen werden.

"Man kann die Messstelle mit 50 Stundenkilometern durchfahren und muss überhaupt nicht stehenbleiben, es sei denn, man ist zu schwer", erklärte Werner Nauerz das Verfahren gestern an der Baustelle. Der stellvertretende Direktor des Landesbetriebs für Straßenbau (LfS) ist guter Dinge, dass man die Brücke bald öffnen kann. "Wir sind voll im Plan. Wir haben 2000 Tonnen Material abgetragen und die Brücke damit leichter gemacht", sagte er. Noch fehle das letzte Gutachten der Statiker, aber man sei optimistisch, dass man Mitte Mai den PkwVerkehr und leichte Lieferwagen wieder über die Brücke lassen könne. Die neue Ausfahrt wird den Fahrzeugen zur Verfügung stehen, die den Gewichtstest nicht bestehen. "Wiegt ein Fahrzeug zu viel, dann geht ein Signallicht an und eine Schranke senkt sich. Der Wagen wird dann nach rechts über die neue Ausfahrt zur Umleitungsstrecke geschickt", sagte Nauerz.

Lkw müssen die Umleitung über die Heringsmühle und die Flughafenstraße ohnehin weiter nutzen. Die Waage in Fechingen und ihr Pendant in St. Ingbert-West lassen aber zumindest den Pkw-Verkehr wieder über die Brücke. Später, wenn die Brü- ckenpfeiler verstärkt sind, sollen auch die Lkw wieder fahren dürfen. "Das wird in einem zweiten Schritt bis Jahresende umgesetzt sein", sagte Nauerz. Die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) begutachtete gestern die Baustelle. Die Fahrbahn führt später über den blanken Beton. Der bekommt einen auffallenden roten Schutzanstrich. Das Bundesverkehrsministerium will derweil prüfen, ob für einen Neubau der Fechinger Talbrücke ein beschleunigtes Verfahren möglich ist. Durch eine "Verkürzung der Rechtswege" könnte die Brücke unter Umständen schneller gebaut werden.

Im Falle einer Klage gegen das Bauvorhaben würde der Instanzenzug von ansonsten zwei Instanzen (Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht) auf eine Instanz (Bundesverwaltungsgericht) verkürzt. Ob durch dieses Verfahren tatsächlich Planungszeit eingespart werden kann, hängt davon ab, ob überhaupt jemand klagt. bub/fre

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