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Saarbrücken · Bei der Finissage der Ausstellung „Präsenz, Wirken und Integration von Deutschen in Luxemburg vom Wiener Kongress 1815 bis zum Ersten Weltkrieg“ referierten prominente Fachleute im Rathaus.

Auch die Luxemburger nennen die Deutschen oft "die Preußen", aber im Gegensatz zu den Bayern sei das kein Schimpfwort, sagte Jacques Santer . Denn Luxemburg habe den Deutschen viel zu verdanken - angefangen von der Anerkennung der Unabhängigkeit, die es durch Bismarck bekommen habe. Santer, der frühere Präsident der EU-Kommission kam und sprach am Freitag als prominenter Überraschungsgast im Saarbrücker Rathaus. Anlass war die Finissage einer historischen Ausstellung, die "Präsenz, Wirken und Integration von Deutschen in Luxemburg " seit dem Wiener Kongress 1815 bis zum Ersten Weltkrieg beleuchtete. Die Ausstellung, die der Deutsche Verein in Luxemburg erstellt hat, hat nach Angaben von dessen Präsidenten Klaus Werner ein Thema untersucht, das bisher noch wenig erforscht war. Nicht nur in Luxemburg , wo sie zuerst zu sehen war, auch in Saarbrücken war sie laut Dezernent Thomas Brück ein voller Erfolg. Mit der Bedeutung der Deutschen - besonders als Nachbarn und Grenzgänger - für Luxemburg und den Perspektiven der Großregion befassten sich die Redner nun am Abschlussabend der Schau. Claude Gengler, stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der mitveranstaltenden Luxemburger Stiftung Forum Europa und Direktor der Zeitung Le Quotidien, wartete da mit einigen überraschenden Fakten auf. "Luxemburg braucht mehr denn je gute Nachbarn", so der Titel seines Vortrags. So sind ihm zufolge die Deutschen zwar nur die fünftgrößte Bevölkerungsgruppe in Luxemburg , doch ihre Zahl steige an. "Jedes Jahr ziehen 1000 Deutsche nach Luxemburg , nur 600 wandern wieder aus", erklärte Gengler. Außerdem stellten sie 40 000 - darunter 10 000 Saarländer - der insgesamt rund 158 000 täglichen Grenzgänger, die das Großherzogtum als Motor der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung benötige. "Wie abhängig Luxemburg von seinen Nachbarn ist, sieht man am Bruttoinlandsprodukt (BIP)", betonte Gengler. Zwar heiße es in den offiziellen Statistiken immer, Luxemburg habe das höchste BIP und mit 83 800 Euro das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Doch der Wert sei irreführend. Beziehe man nämlich bei der Berechnung die Zahl der Grenzgänger mit ein, komme man auf ein Pro-Kopf-Einkommen von nur 48 500 Euro. Zum Vergleich verwies er auf eine andere Statistik: Tränken die Luxemburger all den Alkohol, den sie verkaufen, selbst, wären sie alle Alkoholiker.

Was das Zusammenwachsen der Großregion betrifft, so mahnte Gengler zu "mehr Bescheidenheit". Es gebe keinen spezifischen Integrationsprozess der Großregion, sagte er, denn dafür brauche es einen starken politischen Willen, eine straffe Struktur und Organisation und einen Chef.

Das alles fehle hier, aber die Zusammenarbeit geschehe freiwillig. Arno Krause fürchtete wiederum, dass die großregionale Zusammenarbeit durch die Fusion der Regionen Lothringen, Elsass und der weit von der Grenze entfernten Champagne-Ardenne künftig noch schwieriger werden könnte. "Wenn die Regionen schon so groß werden, brauchen sie auch mehr Eigenständigkeit", plädierte er. "Wir dürfen uns das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen!"

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