Vinyl-Platten sind nicht tot, sie waren immer da

Saarbrücken · Am weltweiten „Record Store Day“ suchen Schallplatten-Liebhaber in Saarbrücken nach seltenen Veröffentlichungen.

Andreas During hält schwärmend die Schallplatte "Secret Rarities" von Pink Floyd in die Höhe. Der 31-Jährige aus Heidelberg hat ein Leuchten in seinen Augen, als er von seiner Vorliebe für die britische Rockband erzählt und von seiner Liebe für Vinyl. Auf einem Flohmarkt kaufte er einst die Doppel-Langspielplatte des Klassikers "The Wall" - aber erst eine Woche später den passenden Schallplattenspieler dazu. Die Liebe zu Langspielplatten hat er wohl von seinem Vater geerbt. Seit etwa zwei Jahren geht er seiner Liebe zu den schwarzen Tonträgern nach. Mittlerweile habe er alles, was sein Vater auf CD besitzt, auf Schallplatte.

Er wohnt in Heidelberg, kommt aber regelmäßig nach Saarbrücken: "Wenn ich hier bin, ist das Rex Rotari der erste Laden, in den ich gehe." So also auch am Samstag, 22. April, an dem das Geschäft im Nauwieser Viertel am bundesweiten "Record Store Day" teilnahm. An diesem Tag bieten unabhängige Plattenläden weltweit und zeitgleich ganz besonders hochwertige und seltene Musikveröffentlichungen und Spezialpressungen an, die extra für diesen Tag hergestellt wurden.

In der LP-Auswahl der speziellen Veröffentlichungen wurde During am diesem Tag zwar nicht fündig, jedoch ist er vom Sound der Schallplatten überzeugt. Er nehme zu Hause mit einem Schallplattenspieler die Musik ganz anders wahr: "CDs höre ich nur noch im Auto."

Eine neue Schallplatte koste etwa 20 Euro. LPs sind also ein nicht ganz günstiges Hobby. "Das ist schon viel Geld", sagt Andreas Eid, einer der beiden Inhaber des Geschäftes. Trotzdem habe sich eine regelrechte Schlange an der Eingangstür gebildet, als der "Record Store Day" am Samstagmorgen begann. "Bei den Sammlern ist die Aufregung groß", sagt Eid. So sei eine Pressung von Pink Floyds "Interstellar Overdrive" aus dem Jahr 1967 in dieser Version zum ersten Mal beim Rekord Day dabei. Das sei natürlich eine Rarität anlässlich des Tages. Zu den Spezial-Pressungen gehören beispielsweise eine Veröffentlichung des 80er-Jahre-Klassikers "Moments in Love" von The Art of Noise. Die Platte hat die Form eines Häschenkopfes, der gerade eine Möhre verspeist.

Andere Platten sind pink, grün oder blau eingefärbt, mit einem Postermotiv bedruckt wie der Soundtrack von "Blade Runner", oder sie werden in weltweit limitierter Stückzahl herausgebracht. So bringt es eine Platte der Briten The Kinks, bevor sie sich so nannten, auf 1000 Stück. "Ausflug mit Razzia" von Olli Schulz und der Hund Marie ist auf 400 Stück begrenzt und galt lange Zeit als vergriffen.

Neben solchen Sammlerstücken gibt es jedoch auch einfache Neuveröffentlichungen. Sinn und Zweck des "Record Store Days" sieht Hans Müller, einer der Inhaber von Humpty Records im Nauwieser Viertel, deswegen eher skeptisch. Denn wie oft benötigt man solche Nachpressungen von LPs von Depeche Mode oder Pet Shop Boys eigentlich? Eine Unterstützung von unabhängigen Plattenläden sei der Spezial-Tag seiner Meinung nach nur bedingt. Die Besucher, die zum "Record Store Day" kommen, kämen auch tatsächlich in der Regel nur dieses eine Mal im Jahr. Zudem würden die Spezialpressungen der großen Labels die Presswerke blockieren, so dass sich die Wartezeit für Auslieferungen von kleineren Firmen bis auf ein halbes Jahr ziehen würde. So hält er den Tag vor allem für eine geschickte Marketing-Idee: "Das dient lediglich dazu, den Hype auszunutzen." Auch die Meinung, dass Schallplatten nach Einführung der CD tot seien, hält er für eine Erfindung der Werbeindustrie: "Vinyl war immer da."

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