„Nicht zu schrill, aber kraftvoll“

Saarbrücken · Anderswo in Deutschland wird gegen Flüchtlinge demonstriert. In Saarbrücken wird am kommenden Donnerstag „Hand in Hand für Vielfalt“ geworben. Glaubensgemeinschaften, Schulen, Kindergärten und andere Institutionen wollen ein Zeichen setzen.

 Annette Orlinski, Heiner Buchen und Markus Hansen (von links) vom interreligiösen Arbeitskreis mit einem Marien-Kunstwerk von Orlinski. Maria, sagt Kirchenmann Buchen, spielt im Christentum und im Islam eine Rolle. Foto: Martin Rolshausen

Annette Orlinski, Heiner Buchen und Markus Hansen (von links) vom interreligiösen Arbeitskreis mit einem Marien-Kunstwerk von Orlinski. Maria, sagt Kirchenmann Buchen, spielt im Christentum und im Islam eine Rolle. Foto: Martin Rolshausen

Foto: Martin Rolshausen

"Da ist wieder so eine Stimmung", sagt Heiner Buchen. Eine Stimmung, wie damals, als Menschen vor dem Krieg auf dem Balkan zu uns geflüchtet sind, erinnert sich der der katholische Pastoralreferent. Nun sind es vor allem Flüchtlinge aus Syrien, die Schutz suchen in Deutschland.

Dazu komme, dass der Islam generell unter Verdacht gerate, etwas Böses zu sein. "Da läuft etwas schief", habe man im Stadtteil Alt-Saarbrücken gemerkt, sagt Buchen. Und deshalb haben sich der interreligiöse Arbeitskreis und der Arbeitskreis Alt-Saarbrücken entschlossen, für Toleranz und Miteinander auf die Straße zu gehen. In den beiden Arbeitskreisen bemühen sich unter anderem Schulen , Kindergärten , das Stadtteilbüro, die Kirchen, die türkisch-islamischen Ditib-Gemeinde, die Hochschule für Technik und Wirtschaft und einige Privatpersonen für ihren Stadtteil.

Zum Beispiel die Künstlerin Annette Orlinski. Sie hat einen Bastelbogen erstellt, mit dem Kinder in den Schulen und Kindergärten gerade Laternen in Form von Händen herstellen. Es sei schön zu sehen, sagt sie, wie ein ganzer Stadtteil dabei ist, "ein Zeichen zu setzen" für eine "bunte Gesellschaft". "Sich kennenzulernen, sich zu verständigen - das ist das einzige Mittel gegen offene und versteckte Fremdenfeindlichkeit", sagt Buchen. Aufklären und demonstrieren, wolle man deshalb, "nicht zu schrill, aber kraftvoll".

Die Demonstration beginnt am Donnerstag, 18. Dezember, um 17 Uhr vor der Ludwigskirche. Schirmherrin ist Oberbürgermeisterin Charlotte Britz. Info: Tel. (0681) 70 06 18.

Meinung:

Verneigung vor Alt-Saarbrücken

Von SZ-RedakteurMartin Rolshausen

Neulich habe ich einen Bettler gesehen, der auf ein Pappschild die Frage geschrieben hatte: "Wer hilft einem Deutschen?" Der Mann hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Nicht weil er Hilfe braucht, sondern weil er davon ausgeht, dass es für ihn lohnend ist, seine Nationalität ins Spiel zu bringen. Not, finde ich, hat aber keine Nationalität. Wenn Menschen in Not sind, darf es nicht darum gehen, welchen Pass sie haben.

Deshalb finde ich es auch schwer erträglich, wenn Menschen gegen Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Nachbarschaft demonstrieren. Wir sollten gute Nachbarn sein und uns auf die, die Dinge erlebt haben, die wir uns kaum vorstellen können, einlassen - und ihnen das gute Gefühl geben: "Bei uns seid Ihr in Sicherheit." Deshalb kann ich mich nur verneigen vor den Alt-Saarbrückern, die nun sagen: Zuwanderer sind "eine wertvolle Bereicherung für unsere Stadt".

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