Geschlossen gegen den Atommüll: Landtag spricht sich gegen Lothringen als Endlager-Standort aus

Saarbrücken · Das Thema Atommüll lässt keinen kalt. So ging es gestern im Landtag hoch her – trotz aller Einigkeit, dass man ein Endlager im lothringischen Bure, das nur 150 Kilometer vom Saarland entfernt ist, nicht haben will.

 Seit 2000 ist im lothringischen Ort Bure ein Test-Labor der Atommüllbehörde Andra in Betrieb. Das eigentliche Endlager soll in einem unterirdischen Röhrensystem südlich von Bure entstehen. Foto: ANDRA

Seit 2000 ist im lothringischen Ort Bure ein Test-Labor der Atommüllbehörde Andra in Betrieb. Das eigentliche Endlager soll in einem unterirdischen Röhrensystem südlich von Bure entstehen. Foto: ANDRA

Foto: ANDRA

Hochradioaktiver Müll von 58 französischen Atomkraftwerken in einem Endlager nur 150 Kilometer Luftlinie von der saarländischen Grenze entfernt - das will keiner, darin waren sich die Landtagsabgeordneten gestern einig. Einstimmig verabschiedeten sie eine Resolution, in der sie sich klar gegen ein Atommüll-Endlager im lothringischen Bure aussprechen. Die Sorge der Abgeordneten: Die Großregion wird zum "atomaren Dreieck", wie es Dagmar Ensch-Engel (Linke) ausdrückt. Denn Bure wäre bei weitem nicht die einzige Atomeinrichtung in der Region.

Die Debatte war erneut hochgekocht, nachdem die französische Regierung kürzlich ein Gesetz durchgedrückt hatte, das Bure als Standort für die Endlagerung ab 2025 ziemlich wahrscheinlich macht. Der entsprechende Passus war kurzfristig in ein Wirtschaftsgesetz eingeschoben worden. Ein Schachzug, der Landesumweltminister Reinhold Jost (SPD ) verärgert: "Es kann nicht sein, dass in Paris alles eingerissen wird, was wir über Jahrzehnte an Vertrauen in der Großregion aufgebaut haben." Auch der Europaabgeordnete Jo Leinen (SPD ) kritisierte das Vorgehen und forderte Frankreich auf, das Saarland in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

Bei aller Einigkeit im Landtag - Streit gab es dennoch. Denn die Opposition ist der Meinung, dass die Landesregierung nicht genug tut. Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich forderte mehr Druck von den beiden Saarländern in Berlin, Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU ) und Justizminister Heiko Maas (SPD ): "Es muss doch möglich sein, Kanzlerin Merkel in den Zug nach Paris zu setzen, für ernsthafte Gespräche mit dem französischen Präsidenten." Ensch-Engel warf der Landesregierung vor, sich blenden zu lassen von der "Disneyland-Manier", mit der der Betreiber in Bure eine heile Welt der Endlagerung vorgaukele: "Kinder können dort mit Mini-Baggern Mini-Atomfässer verbuddeln." Auf diese Hochglanz-Werbung dürfe das Land nicht hereinfallen. Im Falle eines atomaren Unfalls würde das Saarland stärker in Mitleidenschaft gezogen als viele französische Regionen. Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer mahnte indes zu Besonnenheit: Man müsse alle Fragen "freundschaftlich mit Frankreich" klären.

Untätigkeit wollten sich die Regierungsfraktionen nicht vorwerfen lassen, und so pochte Roland Theis (CDU ) darauf, dass man jede Beteiligungsmöglichkeit ausgeschöpft habe und auch künftig ausschöpfen werde. Anders als so mancher Oppositionspolitiker habe er auch an der öffentlichen Debatte, die im Zuge des Verfahrens 2013 stattfand, teilgenommen. "Sie nutzen das Thema, um den Menschen Angst zu machen", warf er der Opposition vor. Dabei sei Experten zufolge nicht mit gesundheitlichen Risiken zu rechnen.

Die Entscheidung darüber liegt letztlich bei Frankreich - und genau hier sieht Margriet Zieder-Ripplinger (SPD ) das Problem: "Es ist ein Fehler, dass es den einzelnen Staaten überlassen ist, Standorte für die Endlagerung zu finden. Diese Entscheidung müsste auf EU-Ebene fallen." Denn sonst werde nicht dort gebaut, wo es am sichersten sei, sondern dort, wo es den geringsten Widerstand gebe - in dünn besiedelten Regionen in Grenznähe. Der Widerstand im Saarland dürfte allerdings anhalten.

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