Die Nächsten kommen in alte Büros

Saarbrücken · Seit Oktober 2013 hat das Land Saarbrücken rund 1400 Flüchtlinge zugewiesen. Bisher lief alles vorbildlich. Im Januar rechnet die Stadt mit weiteren 100 Asylbewerbern und ab Februar mit rund 150 pro Monat. Ab März sollen rund 80 Neuankömmlinge in Burbach einziehen. Für 21. Januar lädt die Stadt zum Info-Abend. Die SZ fasst in zwei Berichten zusammen, was 2015 geschah; heute Teil 2.

 Bei diesem Nachbarschaftsfest Mitte Dezember 2015 hatten syrische Flüchtlinge für ihre Saarbrücker Freunde das syrische Reisgericht Kabsi gekocht. Foto: Becker&Bredel

Bei diesem Nachbarschaftsfest Mitte Dezember 2015 hatten syrische Flüchtlinge für ihre Saarbrücker Freunde das syrische Reisgericht Kabsi gekocht. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Wie läuft das eigentlich mit den Flüchtlingen in Saarbrücken ? Wie viele haben wir schon? Wo wohnen die? Gibt's da Ärger? Diese und viele weitere Fragen landeten Ende 2015 bei der SZ. Wir reichten sie weiter an die Stadt, den Regionalverband (RV) und die Polizei . Hier einige Antworten.

Wenn das Land der Stadt Flüchtlinge zuweist, dann gelten die alle noch als Asylbewerber . Das heißt: Sie haben eine Aufenthaltsgestattung - die läuft bis das Anerkennungsverfahren abgeschlossen ist. Während dieser Zeit ist die Stadt dafür verantwortlich, die Asylbewerber unterzubringen. Und die Verwaltung versucht, die Neuankömmlinge möglichst gleichmäßig über alle Stadtviertel zu verteilen.

Wenn ein Asylbewerber anerkannt wird, erhält er den Status eines Asylberechtigten. Er darf dann erst mal drei Jahre bleiben, darf wohnen wo er will, seine Familie nachholen, arbeiten und Geld verdienen. Seit Oktober 2013 hat das Land Saarbrücken insgesamt rund 1400 Flüchtlinge zugewiesen. Davon sind rund 700 inzwischen als Asylberechtigte anerkannt. Die haben sich fast alle schon eine andere Bleibe gesucht.

In den städtischen Unterkünften für Neuankömmlinge leben derzeit also - von ein paar Ausnahmen abgesehen - rund 700 Asylbewerber , deren Verfahren noch laufen.

Die Stadt betreibt sieben Gemeinschaftsunterkünfte in fünf Stadtteilen mit jeweils zwischen 6 und 78 Bewohnern. Rund 140 möblierte Wohnungen für etwa 570 Bewerber hat die Stadt bei ihrer eigenen Saarbrücker gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (SGS) gemietet und dazu noch etwa 20 Privatwohnungen.

Um 2016 zusätzliche Neuankömmlinge aufnehmen zu können, will die Stadt nun auch leerstehende Bürokomplexe von Privatleuten mieten. "Mit diesen Gebäuden wären wir bis einschließlich Juni aus dem Schneider", sagt Bürgermeister Ralf Latz . Bis dahin hätte die Stadt dann Zeit, um weitere Unterkünfte zu suchen. Die wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach in der zweiten Jahreshälfte brauchen. Außerdem schaut die Stadt, wo sie selbst noch Grundstücke hat - auf denen sie Unterkünfte aus Betonfertigteilen bauen oder Wohncontainer aufstellen kann.

Die Hälfte der 140 SGS-Wohnungen waren schon fertig, als die Flüchtlinge kamen. Die anderen 70 standen leer, weil sie saniert werden mussten. Das Innenministerium förderte diesen Umbau mit jeweils 15 bis 20 000 Euro pro Wohnung. 65 Prozent bezahlte die SGS im Schnitt selbst. Diese 70 Wohnungen sind jetzt wieder für mindestens zehn Jahre Sozialwohnungen. Das heißt: Die SGS darf dafür nur begrenzte Miete nehmen.

Vier neue Mitarbeiter hat die SGS für die Flüchtlinge engagiert, drei in Vollzeit, einen in Teilzeit, drei Frauen und einen Mann. Sie erklären den Flüchtlingen die Wohnungen und mehr. SGS-Geschäftsführer Radu Gurau versichert: "Unsere Mitarbeiterinnen sind bei den Flüchtlingen allseits akzeptiert und werden stets respektvoll behandelt."

Die SGS-Leute versuchen, mindestens einmal pro Monat in jede Wohnung reinzukommen. Laut Gurau hat die SGS festgestellt: Flüchtlinge wohnen wie Deutsche. Manche Wohnungen sind super ordentlich, andere erinnern an Studentengammelbuden. Nirgends hat die SGS bisher Messies oder Wasserschäden entdeckt.

Gurau versichert - abgesehen von einer kaputten Tür und zwei defekten Elektrogeräten - habe es 2015 in SGS-Wohnungen keinerlei Zwischenfälle mit Flüchtlingen gegeben: "Es läuft überraschend gut." Dasselbe sagt die Stadt.

Nur die Nebenkosten machen der SGS Sorgen. Denn vielen Flüchtlingen ist nicht klar, dass vor allem das Heizen in Deutschland teuer ist. Die Nebenkostenabrechnung der SGS an die Stadt - so erläutert Gurau - war 2014 relativ niedrig. Denn 2014 hatte die Stadt nur rund 20 Flüchtlingswohnungen bei der SGS gemietet. 2015 wurden es dann 140. Die Nebenkostenabrechnung kommt aber erst im Sommer.

Guido Freidinger, Leiter des Saarbrücker Amtes für soziale Angelegenheiten, kennt Guraus Befürchtungen. "Die Stadt hat beim Regionalverband (RV) wegen der Nebenkostenpauschalen reklamiert. Und der RV hat das ans Land weitergereicht. Aber es ist wohl noch keine Antwort da."

www.saarbruecken.de

Wenn die Stadt für Asylbewerber oder andere Hilfebedürftige eine Wohnung mietet, muss sie sich an Raum- und Mietobergrenzen halten. Auch wenn sie bei ihrer eigenen Saarbrücker gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft (SGS) mietet. Beispiel: Ein Flüchtlingsehepaar mit zwei Kindern bekommt maximal eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 75 Quadratmetern für 450 Euro, also sechs Euro pro Quadratmeter, (brutto, kalt), plus Nebenkosten. Für eine Einzelperson in einer Gemeinschaftsunterkunft bezahlt die öffentliche Hand maximal 140 Euro plus 60 Euro Nebenkosten im Monat. SGS-Geschäftsführer Radu Gurau versichert: "Wenn in einer unserer Wohnungen mehrere Einzelpersonen gemeinsam untergebracht sind, hat fast jeder sein eigenes Zimmer. In einem Raum sind nie mehr als zwei Leute einquartiert."

Das Geld, das die Stadt für die Mieten von Asylbewerbern und für den Unterhalt ihrer eigenen Sammelunterkünfte ausgibt, holt sie sich beim Regionalverband (RV) zurück. Und der holt sich's beim Land. Aber verdienen kann die Stadt dabei nichts - sagt Bürgermeister Ralf Latz - auch nicht mit ihren eigenen SGS-Wohnungen.

Zum Thema:

Auf einen BlickZu einem Info-Abend lädt die Saarbrücker Stadtverwaltung am Donnerstag, 21. Januar, 18 Uhr, in die Willi-Graf-Schulen ein - auch in St. Johann will die Stadt weitere Flüchtlinge einquartieren. fitz

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