Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Saarland steigt rapide

Saarbrücken · Die Zahlen kennen nur eine Richtung: nach oben. Immer mehr Rentner und immer mehr kranke oder behinderte Menschen im Saarland sind auf staatliche Hilfen angewiesen. Was sind die Ursachen dafür?

Immer mehr ältere Saarländer beziehen eine Rente, die zum Lebensunterhalt nicht ausreicht. Laut Statistischem Landesamt ist die Zahl der Bezieher der sogenannten Grundsicherung im Alter zwischen 2010 und der Jahresmitte 2015 um 31 Prozent gestiegen - von 6319 auf 8278. Allein der Regionalverband Saarbrücken verzeichnet laut Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD ) monatlich einen Netto-Zuwachs von mehr als 20 Personen. "Vor allem die seit Jahren steigenden Zahlen bei Arbeitslosen, Teilzeitbeschäftigten, Mini-Jobbern und Geringverdienern sorgen dafür, dass diese Menschen im Alter kaum Rentenansprüche haben und damit in Abhängigkeit von kommunalen Sozialleistungen geraten", erklärte Gillo unlängst.

Das saarländische Sozialministerium sieht darin "eine Problematik, die sich aufgrund von zunehmend lückenhaften Erwerbsbiografien, Langzeitarbeitslosigkeit sowie Änderungen im Rentenrecht in der jüngeren Vergangenheit weiter verschärfen und erst mittel- bis langfristig voll wirksam wird". Aber auch aufgrund des demographischen Wandels werde sich dieser Trend bei Personen ab 65 Jahren weiter fortsetzen. Im Saarland beziehen besonders viele Frauen Grundsicherung im Alter - ein Ergebnis der hierzulande traditionell niedrigen Erwerbstätigkeit von Frauen. Mit steigender Erwerbstätigkeit rechnet das Sozialministerium hier langfristig mit Verbesserungen. Zu einer ausreichenden Alterssicherung könne auch der Mindestlohn beitragen. Wichtig seien zudem durchgehende Erwerbsbiografien und die Reduzierung von Langzeitarbeitslosigkeit . Dazu gehöre auch die Reduzierung von Frühverrentungen.

Eine ähnliche Entwicklung mit ähnlichen Ursachen gibt es bei der Hilfe zur Pflege, auf die Menschen einen Anspruch haben, die sich einen Platz im Pflegeheim aus ihrem Einkommen und ihrer Pflegeversicherung nicht leisten können (wir berichteten). Das Sozialministerium verweist darauf, dass in den vergangenen Jahren nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen, sondern auch die der stationären Pflegeplätze deutlich gestiegen sei. "Die sich verändernden Arbeitswelten, Geschlechterrollen und Familienarrangements in unserer Gesellschaft tragen dazu bei, dass diese auch genutzt werden", so das Ministerium. Gerade in diesem Bereich sei die Anzahl der Empfänger von Hilfe zur Pflege extrem gestiegen, weil die Leistungen der Pflegeversicherung insbesondere bei Menschen ohne Pflegestufe oder mit Pflegestufe 1 die Pflegeheimkosten nicht komplett abdeckten.

Einen noch deutlicheren Anstieg als bei der Grundsicherung im Alter verzeichnen die Behörden bei der Grundsicherung bei dauerhafter voller Erwerbsminderung. Dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Hier liegt das Plus seit 2010 sogar bei 45 Prozent - von 4985 auf 7231. Das Sozialministerium sieht eine Ursache "in der ständig steigenden Anzahl der Menschen mit Behinderung, unter anderem weil immer mehr schwerbehinderte Kinder geboren werden und Dank des medizinischen Fortschrittes überleben". Darüber hinaus sei die Lebenserwartung von Menschen mit Behinderung insgesamt gestiegen. Hinzu komme, dass viele Menschen psychisch oder körperlich krank aus dem Berufsleben ausscheiden und vom medizinischen Dienst der Rentenversicherungsträger als dauerhaft voll erwerbsgemindert eingestuft werden. Aufgrund ihrer "negativen Erwerbsbiografien", so das Ministerium, seien sie häufig auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen.

Zum Thema:
Die Grundsicherung wird seit 2014 komplett vom Bund übernommen - um die Kommunen finanziell zu entlasten. Allerdings bleiben die Personalkosten für die Sachbearbeiter, die angesichts der steigenden Empfängerzahlen kontinuierlich aufgestockt werden müssen, bei den Landkreisen und beim Regionalverband hängen. Die Hilfe zur Pflege zahlen hingegen die Städte und Gemeinden über die Kreisumlage. Ihre Ausgaben stiegen zwischen 2006 und 2014 von 25,4 Millionen auf 56,5 Millionen Euro. kir

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