„Das ärgert mich schon“

Saarbrücken · Gestern streikten erneut diejenigen Saarbahnfahrer, die in der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) organisiert sind. Und am Abend teilte die Saarbahn mit, dass die GDL auch heute, Dienstag, 31. Mai, wieder die Saarbahn bestreiken will. Die GDL fordert 13 Prozent mehr Lohn. Die Saarbahn bietet 5,5 Prozent. Die Saarbrücker Zeitung fragte Fahrgäste, was sie vom Streik am Montag hielten.

"Ich komme immer zu spät zur Arbeit, wenn die Saarbahn nicht fährt. Das ärgert mich schon, da ich die Zeit auch nacharbeiten muss. Letzte Woche war schon Streik, und heute habe ich es nicht mitbekommen und stand dumm an der Haltestelle rum", sagte Nadine Piazza, 33, Fahrschulsekretärin. Sie musste vom Cottbuser Platz bis in die Großherzog-Friedrich-Straße laufen. Vor der Arbeit muss sie noch ihren Großvater betreuen, was nun schwierig wird, da sie früher aus dem Haus muss, wenn die Bahn streikt: "Ich habe schon Verständnis für den Streik. Ich finde nur, er sollte früher angekündigt werden, damit man sich um seine Mobilität kümmern kann."

Sonja Gebhard, 62, aus Neunkirchen hat weniger Verständnis: "Das Schlimme ist, dass die Busfahrer unfreundlich sind, wenn man nach dem Weg fragt. So ist es mir heute Morgen passiert. Ich war auf Hilfe angewiesen, da die Bahn nicht fuhr und ich keinen Bus gefunden habe, der an meine Arbeitsstelle fuhr. Auskunft bekam ich keine, und dazu war der Busfahrer auch noch unfreundlich. Also bin ich zu Fuß vom Hauptbahnhof an den Landwehrplatz gelaufen." Gebhard empfindet die Gewerkschaftsforderung nach 13 Prozent mehr Lohn als übertrieben.

Uwe Kreis, 47, Inhaber von Herrenmoden Kreis in der Großherzog-Friedrich-Straße, bleibt die Kundschaft aus: "Viele unserer Kunden sind auch schon etwas älter und kommen von Lebach oder Riegelsberg. Dank des Streikes können uns die Herrschaften nicht erreichen. Des Öfteren beschweren sich auch Kunden über die schlechte Erreichbarkeit ohne Bahn, denn Busse fahren hier nicht unbedingt aus jeder Richtung an." Für den Streik hat Kreis kein Verständnis. Jeder könne sich seinen Beruf aussuchen, und nun müssten die Unschuldigen leiden.

Ebru Janzen, 22, arbeitet in einem Laden an der Johanneskirche und sieht die Sache etwas gelassener: "Ich kann die Bahnfahrer schon verstehen. Nur ist es einfach nicht gut organisiert. Wenn die Fahrer streiken, sollte die Saarbahn GmbH sich um Schienenersatzverkehr kümmern, der auch funktioniert. Ich komme aus Berlin, und bei uns läuft es anders, wenn Bahnen streiken. Die Menschen erhalten ihr Geld wieder zurück, es gibt vergünstigte Fahrpreise, oder es gibt kostenlose Alternativen." Janzen meint die Saarbahn solle zusehen, dass ihre Arbeitnehmer zufrieden sind, denn das wirke sich selbstverständlich auch auf die Zufriedenheit der Kundschaft aus. Nathalie Benyakoub, 23, Tourismuskauffrau, ist kürzlich nach Saarbrücken gezogen und hat zum Teil Verständnis für die Fahrer: "Das einzige Problem ist, dass die Streiks nicht zeitig angekündigt werden. Zum Glück sieht mein Chef es nicht so eng, wenn ich mal ein paar Minuten später auf die Arbeit komme, aber das sollte natürlich nicht zur Regel werden."

Kauffrau Elke Jakobi sagt: "Das sollte nicht häufiger passieren. Die Jahreskarten oder auch Monatskarten kosten sehr viel Geld, und der Fahrgast ist später der Leidtragende. Meine Kollegin kam heute mit dem Taxi zur Arbeit."

Jakobi hat kein Verständnis für den Streik. Neben der bezahlten aber nicht erbrachten Dienstleistung müsse man teilweise noch drauflegen. Wer mit dem Auto zur Arbeit fahren muss, der bezahle Parkgebühren von 15 Euro am Tag. An normalen Tagen sind die beiden Bahnsteige am Saarbahn-Haltepunkt Heusweiler Markt mittags dicht bevölkert. Gestern jedoch warteten nur drei Leute: zwei Schülerinnen der nahen Friedrich-Schiller-Schule, die täglich vom Haltepunkt Riegelsberg Rathaus nach Heusweiler und retour fahren, sowie ein Heusweiler Bürger, der nach Dillingen wollte. Während die Mädchen darauf warteten, abgeholt zu werden, studierte der Mann die Fahrpläne. Weil auf der Köllertalstrecke bis Lebach kein Schienen-Ersatzverkehr eingerichtet war, blieb ihm nur der Weg von Heusweiler mit dem Bus nach Völklingen und von dort mit der Eisenbahn nach Dillingen. Lukas Ewen fährt, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, mehrmals in der Woche mit der Saarbahn von Heusweiler nach Saarbrücken bis zur Haltestelle Hauptbahnhof und mit dem Zug weiter bis zum Bahnhof Burbach Mitte. Auch diese Verbindung war wegen des Streiks gekappt, sodass der Informatiker die wichtigste Arbeit von zuhause aus erledigen musste. Die Monatskarte für die 18 Kilometer lange Strecke kostet rund 100 Euro. Ewen war verärgert über den zweiten Streik von GDL-Mitgliedern innerhalb weniger Tage, bei dem auf seiner Route wiederum kein Ersatzverkehr eingerichtet war. "Schon am Freitag waren kurz vor 8 Uhr erst so etwa 50 Schüler da", berichtete Alexander Paschke, Leiter der Friedrich-Schiller-Schule.

Auch gestern seien in Folge des Streiks ein paar Schüler gar nicht und etliche verspätet gekommen. Am Freitag habe man zudem große Bedenken wegen der Französisch-Abschlussprüfung gehabt, aber glücklicherweise seien alle rechtzeitig da gewesen.

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