Wie es nach der Demonstration der 4000 Krankenhaus-Beschäftigten weitergeht

Saarbrücken · Bei den Protesten für mehr Klinik-Personal haben sich Regierungspolitiker zwar mit den Demonstranten soldidarisiert. Ob sich das beim Abstimmungsverhalten im Bundestag niederschlägt, wird jedoch bezweifelt.

 Beschäftigte des St. Wendeler Marienkrankenhauses beteiligten sich an den landesweiten Protesten gegen den Personalmangel. Bundestags- und Landtagsabgeordnete erklärten sich solidarisch. Foto: frf

Beschäftigte des St. Wendeler Marienkrankenhauses beteiligten sich an den landesweiten Protesten gegen den Personalmangel. Bundestags- und Landtagsabgeordnete erklärten sich solidarisch. Foto: frf

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. Mehr als 4000 Beschäftigte und Arbeitgeber aller saarländischen Krankenhäuser haben in der vergangenen Woche für exakt 2454 neue Stellen demonstriert, die zweite Groß-Demonstration nach der im Oktober 2013 im Saarland. Doch welche Wirkung hat dieser Protest auf die Politik der CDU /SPD-Bundesregierung, deren Gesundheitsstrukturgesetz-Entwurf im Zentrum der Kritik von Verdi und Arbeitgebern steht?

"Immerhin fordert Karl Lauterbach von der SPD-Bundestagsfraktion nun, die Summe für das Pflegeförderprogramm zu verdoppeln", sagte Michael Quetting, Gesundheitsexperte von Verdi Saar-Trier, der SZ. Sicher habe es an den verschiedenen Krankenhausstandorten im Saarland bei der Protestaktion ein "Schaulaufen" der Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD gegeben. "Sogar Nadine Schön war in St. Wendel dabei", erklärte Quetting. Jedoch sei die Frage, ob die CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Nordsaarland wie ihre anderen Kollegen nur bei den Demonstranten war, um ihre Solidarität mit ihren Heimat-Kliniken zu unterstreichen. Denn es sei nicht erkennbar, dass die saarländischen Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU ) ablehnten.

Die Gewerkschaft Verdi veranstalte am 9. Oktober gemeinsam mit der Arbeitskammer und der Linkspartei-nahen Peter-Imandt-Stiftung in Völklingen ein Symposium, um die Strategie auf dem Weg zu einer angemessenen Beschäftigtenzahl an den Kliniken zu besprechen. Ein Streik wie derzeit am größten deutschen Krankenhaus, der Berliner Charité, wo ein Drittel der Betten ausfällt, sei im Saarland nicht in Sicht. Stattdessen gebe es die Möglichkeit für die extrem gestressten Pflegekräfte, die freiwilligen Leistungen einzustellen. "Dann gibt es auf Anrufe an Pflegekräfte, die aus der Freizeit herbeitelefoniert werden, keine Antwort mehr. Das Blut abnehmen ist dann wieder Arztsache. Und ein hektischer Wechsel, heute Mittagschicht, morgen Frühschicht, ist dann auch tabu", sagte Quetting. Die Ruhezeiten der Pflegekräfte würden nicht mehr eingehalten, diese könnten ihre eigene Freizeit nicht mehr regeln, wenn sie erst morgens um 7 Uhr erführen, ob sie am gleichen Tag arbeiten müssten.

Auch Klinikseelsorger Hermann-Josef Mayers vom Caritas-Klinikum St. Theresia in Saarbrücken , Sprecher aller katholischen Klinikseelsorger und -seelsorgerinnen im Saarland, sagte, dass die Beschäftigten in allen deutschen Kliniken unter den politisch gewollten Gesundheitsreformen der letzten 15 Jahre derart zu leiden hätten, dass sie körperlich und seelisch extremen Schaden davon tragen würden. "Vor allem die Krankenschwestern und Pfleger werden von diesem System ausgebeutet", sagte Mayers. Der Personalabbau zur Kostenreduzierung habe im Gesundheitswesen, das zu einer "Gesundheitsindustrie verkommen" sei, seine Grenzen. "Diese Grenzen sind längst überschritten", so Mayers. Die Krankenhäuser funktionierten nur noch, weil die Beschäftigten sich auf Kosten der eigenen Gesundheit verausgabten, ein Akt der Solidarität gegenüber den Kollegen.

Manfred Klein, Chef der Saarländischen Krankenhausgesellschaft, die alle Kliniken im Land vertritt, bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als "Mogelpackung". "Die Sorgen und Ängste werden in Berlin nicht ernst genommen", sagte Klein, Geschäftsführer des katholischen St. Nikolaus-Hospitals in Wallerfangen. Der Kostendruck habe Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammengeschweißt im Kampf um eine angemessene Finanzausstattung. Ob er noch Chancen sehe, dass sich die Große Koalition bewegt? "Die Hoffnung stirbt zuletzt."

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