Landtag ruft – Wenige kommen

Saarbrücken · Die Landtagsfraktionen haben zu einer Anhörung über Kinder- und Jugendrechte 30 Institutionen eingeladen, ihre Fachmeinung kundzutun. Doch nur acht haben zugesagt. Dabei ist das Thema brandaktuell.

 Der Landesjugendring fordert eine Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Gemeindewahlen auf 16 Jahre: In Bremen ist das bereits seit 2011 Alltag. Foto: Endig/dpa

Der Landesjugendring fordert eine Absenkung des Wahlalters bei Landtags- und Gemeindewahlen auf 16 Jahre: In Bremen ist das bereits seit 2011 Alltag. Foto: Endig/dpa

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Der Landtag ruft, doch nur wenige interessiert's. Wenn man die Resonanz auf den Aufruf des Familien-Ausschusses zum Maßstab nimmt, ist der Stellenwert des Hohen Hauses in der Saar-Gesellschaft auf einem niedrigen Niveau angelangt. Denn der Einladung der Landtagsfraktionen zur Anhörung zum Thema "Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen und zur Einsetzung einer oder eines unabhängigen Kinder- und Jugendbeauftragten des Saarlandes" an diesem Donnerstag um 19 Uhr an 30 Einrichtungen mit der nötigen Sachkenntnis folgen nur acht. Dies bestätigte gestern ein Sprecher des Landtags der SZ. Dabei sein wollen an diesem EM-spielfreien Abend Vertreter des Landesjugendrings, des Deutschen Kinderschutzbundes, des Jugendamts des Regionalverbands, der Arbeiterwohlfahrt , der beiden christlichen Kirchen, der Landesschülervertretung und der Arbeitskammer.

Dabei ist das Thema brandaktuell: Vor dem Hintergrund der demografischen Krise des Landes mit einer stetig fortschreitenden Überalterung der Bevölkerung haben die Fraktionen erkannt, dass dem Nachwuchs mehr Mitbestimmungs- und Teilhaberechte eingeräumt werden sollten, um ihn bei Laune und im Lande zu halten. CDU- und SPD-Fraktionen hatten dazu bereits im April unter Ausschluss der Öffentlichkeit Vertreter des Landesjugendrings und des Landesjugendhilfeausschusses angehört. Über diese Debatte "im stillen Kämmerlein" waren der Kinderschutzbund und die Opposition verärgert, weshalb an diesem Donnerstag im etwas größeren Kreis und öffentlich debattiert wird.

Dabei steht die CDU-Fraktion jedoch der Kernforderung des Kinderschutzbundchefs, Stefan Behr, einen ehrenamtlichen Kinder- und Jugendschutzbeauftragten des Landes zu berufen, ablehnend gegenüber. Behr hatte eine zentrale Anlaufperson auch mit dem Argument gefordert, dass dies im Pflege- oder Tierschutzbereich bereits erfolgreich praktiziert werde. Behr befürchtet, dass es eher einen "Landesfußpilzbeauftragten" geben wird, bevor etwas für die Rechte von Kindern und Jugendlichen getan werde. In der Stellungnahme zu der Anhörung beklagt der Kinderschutzbund die "enorme Kluft zwischen Anspruch und politischen Absichtserklärungen" der CDU /SPD-Regierung - er wirft dieser also Sonntagsrednerei vor. Behrs 43-seitige Expertise beweist dagegen mit einer Vielzahl von Beispielen, wie entscheidend die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen für die Entwicklung demokratischer Strukturen im Lande ist. Im Grunde liest sich die Expertise wie eine Gesetzesvorlage, die nur noch umgesetzt werden muss.

Auch der Landesjugendring hat seine Forderungen vorgetragen: Zum einen müsse das Wahlalter bei Landtags- und Gemeindewahlen auf 16 Jahre gesenkt werden. Das stößt der CDU sauer auf. Dagegen setzt sich die SPD für die Absenkung des Wahlalters ein. Im SPD-mitregierten Bremen können Jugendliche seit 2011 ab 16 Jahren wählen. In Sachsen-Anhalt, das unter Bevölkerungsschwund leidet, bestellte die CDU /SPD-Regierung 2007 einen Kinderbeauftragten.

Der Landesjugendring fordert zudem, dass Kinder und Jugendliche bei Entscheidungen in den Kommunen, die sie selbst unmittelbar betreffen, beteiligt werden müssen. Bisher ist dies eine windelweiche gesetzliche Kann-Bestimmung.

Meinung:

In der Ideologie-Festung

Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann

Oft ist von der Sozialdemokratisierung der Merkel-CDU die Rede, die Saar-CDU gilt gar als "linkslastig". Fest steht aber: Wenn es um Homosexuellenrechte, wenn es um das Kruzifix im Landtag oder in Gerichten geht, bleibt die Saar-CDU rabenschwarz. Ob das bei Kinder- und Jugendrechten ebenso ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn das Wählen mit 16 Jahren, ein Landeskinderschutzbeauftragter und die Beteiligung der Jugend an Entscheidungen sind keine Gründe, sich in der Ideologie-Festung einzuigeln. Es geht darum, den Nachwuchs für voll zu nehmen. Wenn weiter über seinen Kopf hinweg regiert wird, ist Frust die Folge.

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