„Weniger, dafür bessere Arztpraxen“

Saarbrücken · Im Nordsaarland fehlen Allgemeinärzte, Dudweiler hat keinen Hautarzt mehr. Experten erwarten Engpässe vor allem in ländlichen Regionen des Saarlandes. Der Sozialverband VdK fordert deshalb neue Konzepte gegen Ärztemangel.

 Auf dem Papier gibt es im Saarland genügend Hausärzte. Allerdings fällt es vor allem älteren Ärzten im Nordsaarland schwer, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Foto: Jansen/dpa

Auf dem Papier gibt es im Saarland genügend Hausärzte. Allerdings fällt es vor allem älteren Ärzten im Nordsaarland schwer, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Foto: Jansen/dpa

Foto: Jansen/dpa

In Dudweiler gibt es seit einer Weile keinen Hautarzt mehr. Im Nordsaarland finden die wenigen verbliebenen Hausärzte , die in Rente gehen wollen, keinen Nachfolger für ihre Praxen. Facharzttermine sind dort nur schwer zu bekommen. Das sind einige aktuelle Beispiele, die Tendenzen bei der Ärzteversorgung im Saarland aufzeigen.

Auf dem Papier gibt es im Saarland allerdings fast nirgendwo eine Unterversorgung. Laut Zahlen der für die Verteilung der Ärzte zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland liegt der Versorgungsgrad bei Haus- und Hautärzten nirgendwo unter dem kritischen Wert von 75 Prozent, bei dem der Ärztemangel beginnt. Die KV Saarland hat ein Problem mit den bundesweit einheitlich erhobenen Zahlen: "Sie stammen aus dem letzten Jahrhundert und tragen nicht der Tatsache ausreichend Rechnung, dass sich die Versorgungsumfänge geändert haben." Vereinfacht gesagt, hat die KV auf Grundlage dieser Zahlen nur einen begrenzten Spielraum, gemeinsam mit den Kassen zu entscheiden, wo ein Arzt sich niederlassen darf.

Was die Vereinigung jedoch stärker beeinflussen kann, ist die Zahl der neuen Ärzte. Da insbesondere in ländlichen Gegenden des Saarlandes in den kommenden Jahren "vereinzelt Engpässe auftreten können", hat die KV Anfang des Jahres ein Konzept für den ärztlichen Nachwuchs beschlossen (wir berichteten). Unter anderem berät die Vereinigung niederlassungswillige Ärzte, stellt Lotsen zur Seite, fördert Weiterbildungen und bezuschusst einzelne neue Praxen. In einem Zentrum für Allgemeinmedizin an der Uniklinik in Homburg werden zudem Medizinstudenten als Hausärzte ausgebildet.

"Die Nachwuchsförderung ist ein wichtiger Schritt", sagt Peter Springborn, Geschäftsführer des Sozialverbandes VdK Saarland. Er teilt die Befürchtung eines drohenden Ärztemangels, den er in "fünf bis zehn Jahren" kommen sieht. Anders als die KV hält der VdK allerdings tiefgreifendere Reformen für notwendig. Die saarländische Bevölkerung sei derzeit noch "absolut verwöhnt, was die Versorgung mit Ärzten angeht", so Springborn. "Wir wollen lieber weniger und dafür bessere Krankenhäuser und Arztpraxen ."

Längere Anfahrt zum Arzt

Wie in Dudweiler oder im Nordsaarland schon heute der Fall, müssten in Zukunft noch viel mehr Menschen mit längeren Anfahrtsstrecken zu einem Facharzt rechnen. Ärzte hätten nun mal auch heute schon "die Tendenz, sich in Städten niederzulassen und nicht auf dem platten Land". Der Experte findet: "Lieber ein paar Meter mehr in Kauf nehmen, dafür aber eine bessere Qualität bekommen." Anstatt eine freie Niederlassung der Ärzte zu fördern, solle die KV also lieber Konzepte für attraktive Zentren entwickeln, findet Springborn. Dort könne es dann "eine Art Schichtdienst" geben, sodass quasi "zu allen Tag- und Nachtzeiten" behandelt werden könne. Das komme auch vielen Ärzten entgegen. Laut KV schuften Praxisinhaber "in der Regel 50 bis 60 Stunden pro Woche", während "die Anzahl der in Teilzeit und Anstellung arbeitenden Vertragsärzte gestiegen ist".

Ein Problem gilt es laut Springborn aber nach wie vor zu lösen: Damit die Bürger auch zu ihrem Arzt gelangen könnten, müssten die Angebote von Bus und Bahn deutlich verbessert werden: "Sonst kommt jemand im Nordsaarland zwar zum Arzt, aber nicht wieder zurück."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort