Zahl junger Flüchtlinge steigt wieder

Saarbrücken · Bis vor Kurzem kamen vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan junge Flüchtlinge ins Saarland. Mittlerweile sind es vor allem Afrikaner, die hier Zuflucht suchen – und ihre Zahl wächst. Im Herbst könnte der Schaumberger Hof, der sie aufnimmt, an seine Grenzen stoßen.

 Der Schaumberger Hof in Tholey ist ein Erstaufnahmezentrum für minderjährige Flüchtlinge. Foto: B&K

Der Schaumberger Hof in Tholey ist ein Erstaufnahmezentrum für minderjährige Flüchtlinge. Foto: B&K

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Die Zahl der neu ins Saarland kommenden Flüchtlinge ist zwar seit Monaten in etwa konstant. Doch wer genauer hinsieht, wird Auffälligkeiten feststellen. Zunächst einmal kommen wieder vermehrt minderjährige Flüchtlinge ohne ihre Eltern ins Land, in der Behördensprache heißen sie "unbegleitete minderjährige Ausländer " (umA). Die Vorclearingstelle im Schaumberger Hof in Tholey, in der die Neuankömmlinge unter anderem für die ärztliche Untersuchung einige Tage lang untergebracht sind, war in den ersten Monaten des Jahres mit etwa 10 bis 15 jungen Menschen belegt. Mittlerweile sind stets 20 bis 40 Jugendliche zeitgleich in der Einrichtung, wie Sozialstaatssekretär Stephan Kolling (CDU ) berichtet. Er spricht von einer Verdreifachung seit Ende Juni.

Auffällig zudem: Bis vor einigen Wochen kamen praktisch nur Syrer, Iraker und Afghanen. "Mittlerweile sind es fast nur noch Afrikaner", sagt Kolling. Vor allem junge Menschen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien und Marokko, dazu einige Afghanen. "Das ist der Trend der letzten drei bis vier Wochen", sagt Kolling. Sie kommen übers Mittelmeer und reisen dann über Spanien, Frankreich oder Italien nach Deutschland - ohne von der dortigen Polizei aufgegriffen zu werden. Mittlerweile gebe es auch hohe "Abgängigkeits-Raten", es verschwinden also viele junge Menschen nach kurzer Zeit aus der Unterkunft, mit unbekanntem Ziel.

Die jungen Menschen aus Nordafrika werden nach Kollings Einschätzung von ihren Familien und Schleusern nach Deutschland vorgeschickt. "Wir müssen damit rechnen, dass wir über die nächsten Monate stärkere Zuwächse aus Nordafrika bekommen", so Kolling. Er meint damit nicht nur die jungen Menschen, sondern auch erwachsene Migranten mit Familien, die dann in der Landesaufnahmestelle in Lebach unterkommen würden. "Wir wissen derzeit nicht, in welche Richtung es geht", sagt Staatssekretär Kolling.

Dass mittlerweile fast nur noch junge Afrikaner kommen, hat laut Kolling aufwendige Umstellungen im Schaumberger Hof zur Folge: Statt Dolmetscher für Arabisch werden jetzt Übersetzer benötigt, die Tigrinya oder Oromo sprechen. Auch das Essen muss umgestellt werden. Es sei eben ein völlig anderer Kulturkreis, so Kolling.

Viele der jungen Menschen würden von Schleusern vor dem Schaumberger Hof abgesetzt, wobei das Ziel dieser Jugendlichen gar nicht das Saarland sei. Sie wollten weiter nach Frankfurt, Stuttgart oder Berlin - daher auch die hohe Zahl von Jugendlichen, die über Nacht verschwinden.

Die unbegleiteten minderjährigen Ausländer , die ins Saarland kommen, werden in der Regel nach dem Vorclearing nach Rheinland-Pfalz weitergeleitet - sofern sie reisefähig sind. Denn das Saarland hatte 2015 so viele junge Migranten aufgenommen, dass nun erst einmal andere Länder an der Reihe sind. Derzeit leben 915 umA im Saarland, laut Verteilungsschlüssel der 16 Bundesländer müssten es aber nur 782 sein. Die meisten anderen Länder liegen hingegen deutlich unter dem Soll. Die Folge: Erst ab Oktober/November wird das Saarland junge Neuankömmlinge wieder dauerhaft bei sich aufnehmen. Dann soll auch das letzte verbliebene Clearinghaus in St. Wendel schließen und in das Zentrum im Schaumberger Hof integriert werden.

Hält der aktuelle Trend an, könnte der Schaumberger Hof laut Kolling bereits im Oktober/November wieder mit 80 bis 90 jungen Menschen belegt sein - und damit an seine Kapazitätsgrenzen stoßen.

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