Grüne: „Bouillon ist gnadenlos“

Saarbrücken · Wenn humanitäre oder persönliche Gründe gegen eine Abschiebung sprechen, kann die Härtefallkommission angerufen werden. Doch nicht immer hören die Behörden auf sie. Auch weil sie manchmal nicht zuständig sind.

 Die Abschiebepraxis des Saarlandes ist aus Sicht der Opposition zu restriktiv. Foto: Seeger/dpa

Die Abschiebepraxis des Saarlandes ist aus Sicht der Opposition zu restriktiv. Foto: Seeger/dpa

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Der Spitzname, den sich Grünen-Fraktionsvize Klaus Kessler gestern für Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) ausdachte, ist nicht schmeichelhaft - jedenfalls aus Sicht der Grünen nicht. Ein "Richter Gnadenlos" sei Bouillon, schimpfte Kessler und bezog das auf dessen Abschiebepraxis. "Wir haben den Eindruck, dass seitens der Landesregierung und seitens des Innenministers verstärkt Härte gezeigt werden soll", sagte Kessler. 2015 seien 19 Anträge an die Härtefallkommission gerichtet worden: In acht Fällen sei ein Härtefall festgestellt worden, doch Bouillon habe in fünf dieser Fälle trotzdem abschieben lassen. Dies sei eine "Trendwende" gegenüber der bisherigen Praxis. Auch Pirat Michael Hilberer sagte: "Es war eine gute Tradition, dass die Härtefallkommission angehört wurde. Dass der Innenminister das geändert hat, ist ein starkes Stück."

Die Grünen wollen am Mittwoch im Landtag beantragen, die Härtefallkommission aufzuwerten. Abschiebungen gegen die Empfehlungen der Härtefallkommission oder zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kommission einen Fall noch nicht abgeschlossen hat - das soll es künftig nicht mehr geben. Die Linke unterstützt das, will aber zusätzlich beantragen, dass - wenn es zu Abschiebungen kommt - diese "humaner" vonstattengehen sollen. Familien mit Kindern sollen demnach unter keinen Umständen mehr nachts abgeschoben werden dürfen. Bei der Linken hatte der Fall einer syrischen Familie in Riegelsberg für Empörung gesorgt, die nachts von der Polizei abgeholt worden war - über ihren Antrag bei der Härtefallkommission war zu dem Zeitpunkt noch nicht entschieden.

Aus Sicht von CDU-Fraktionschef Tobias Hans ergibt sich ein anderes Bild. Er hält es erstens "natürlich" für denkbar, dass die Behörden auch entgegen einer Empfehlung der Härtefallkommission eine Abschiebung vollziehen, etwa aus zwingenden rechtlichen Gründen. Und zweitens gebe es eine aufschiebende Wirkung durch ein Votum der Härtefallkommission überhaupt nur dann, wenn die Kommission auch zuständig sei. Nicht zuständig ist sie bei sogenannten Dublin-Verfahren, wenn Flüchtlinge also auf ihrem Weg nach Deutschland in einem anderen EU-Staat schon einen Asylantrag gestellt haben. Dann muss über diesen Antrag in diesem Staat entschieden werden, und dazu muss der Flüchtling in dieses Land abgeschoben werden. Die Opposition will, dass die Härtefallkommission auch für diese Fälle zuständig wird. Menschliche Schicksale, sagt CDU-Mann Hans, könne es zwar auch geben, wenn jemand nach Spanien abgeschoben werde. "Aber wir können uns als Rechtsstaat nicht lähmen."

SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn sieht aktuell zwar "keinen Handlungsdruck", weil eine Zulassung der Dublin-Fälle die Kommission nach seiner Einschätzung zahlenmäßig überfordern würde. Aber ganz einig sind sich SPD und CDU auch nicht. Die CDU verfolge "eine härtere Linie", weil sie Dublin-Fälle generell aus der Härtefallkommission ausschließen wolle, sagte Pauluhn. Die SPD sei offen für Ausnahmen, etwa bei Menschen, die schon lange in Deutschland lebten. Aber erst, wenn sich die Zahlen wieder normalisiert haben.

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