„Es droht Gefahr für das Trinkwasser“

Die Parteivorsitzenden der Saar-Grünen, Hubert Ulrich und Claudia Willger, fordern, dass das Grubenwasser ewig gepumpt wird. Mit SZ-Redakteurin Nora Ernst sprachen sie zudem über das „Rasenmäher-Sparen“ der Landesregierung und darüber, ob die Grünen inzwischen überflüssig sind.

 Claudia Willger und Hubert Ulrich im Wassergarten Reden. Foto: Rolf Ruppenthal

Claudia Willger und Hubert Ulrich im Wassergarten Reden. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Sie sagen, beim Grubenwasser darf auf keinen Fall gespart werden. Das richtet sich wohl vor allem an die Adresse der RAG?

Ulrich: In erster Linie, ja. Dass die RAG das Grubenwasser ansteigen lassen will, um jährlich 20 Millionen Euro für das Pumpen zu sparen, sehen wir äußerst kritisch. Dadurch wird nicht nur das Trinkwasser gefährdet, es drohen auch Bergschäden und Vernässungen. Wir kritisieren aber auch, dass die Landesregierung bei diesen Plänen anstandslos mitmacht.

Sollen die Pumpen ewig laufen? Selbst Peter Lehnert , Landeschef der Bergbaubetroffenen, lehnt das ab. Er sagt, damit verschiebe man die Lösung des Problems auf nachfolgende Generationen.

Ulrich: Genau dieses ewige Pumpen haben das Land und die RAG 2005 in einem Erblastenvertrag festgelegt, um jede Gefährdung des Trinkwassers auszuschließen. Und diese Gefahr soll plötzlich nicht mehr bestehen? Nach allen Informationen, die wir haben, kann kein Gutachter dieses Risiko ausschließen.

Hier in Reden wird das Grubenwasser zum Heizen genutzt. Warum wurde nie diskutiert, das flächendeckend zu tun?

Willger: Das wäre sicher ein Ansatzpunkt für innovative Energiekonzepte, um die Wärme von konstant 32 Grad Celsius zu nutzen. Die Landesregierung müsste in dieser Richtung etwas anstoßen.

Stichwort Bure, Carling, Cattenom - tut Umweltminister Reinhold Jost hier genug, um saarländische Interessen durchzusetzen?

Willger: Nein, er lässt viele Möglichkeiten ungenutzt. Dabei bieten die EU-Richtlinien eine ganze Reihe von Optionen, um bei Grenzprojekten einzugreifen. Zum Beispiel könnte er sich auf die Wasserrahmenrichtlinie berufen, um zu verhindern, dass von der Chemieplattform Carling Lithium-Hydroxid in die Flüsse geleitet wird, wie es die Betreiberfirma Total plant.

Frankreich ist ein souveräner Staat. Wie realistisch ist es, dass die Nachbarländer bei solchen Projekten ein Mitspracherecht bekommen? Gab es das jemals?

Ulrich: Ob es das bereits gab, weiß ich nicht. Aber solche Probleme lassen sich nur auf nationaler Ebene lösen, die Kanzlerin muss mit Paris verhandeln. Wir haben mit Peter Altmaier und Heiko Maas zwei Minister in Berlin, die ihren Einfluss auf Angela Merkel geltend machen müssen, aber sie versagen hier auf breiter Front.

Die Landesaufnahmestelle Lebach ist überfüllt, der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab. Wie macht sich Innenminister Klaus Bouillon als Krisenmanager?

Willger: Seine unkonventionelle Art macht in so einer Situation durchaus Sinn. Wenn man bedenkt, wie lange viele Bürgermeister Front dagegen gemacht haben, Flüchtlinge in den Kommunen aufzunehmen, ist das wirklich ein dickes Brett, das er bohren muss.

Wenn die Grünen regieren würden, was würden sie anders machen als die große Koalition?

Ulrich: Wir würden die Spielräume nutzen, die das Land hat. Die große Koalition rudert ziellos durch die Gegend, es fehlen Innovationen. Zum Beispiel würden wir stärker auf erneuerbare Energien setzen, weil die Kommunen damit Geld verdienen können. Damit machen wir nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch etwas Sinnvolles. Wir würden den Öffentlichen Nahverkehr modernisieren und in die Bildung investieren. Klar, dafür braucht man Geld, das an anderer Stelle gespart werden muss. Aber wir würden schwerpunktmäßig sparen, statt nach dem Rasenmäherprinzip.

Wo denn?

Willger: Zum Beispiel beim Vierten Pavillon. Es ist unfassbar, dass die Landesregierung ein Museumskonzept durchgehen lässt, bei dem die jährlichen Betriebskosten nach der Fertigstellung bis zu eine Million Euro höher sind als zunächst geplant.

In der "Huffington Post" erschien kürzlich ein Artikel, in dem es heißt, die Grünen seien zur Partei "ohne Eigenschaften" geworden. Ihre traditionellen Themen wie Umweltschutz würden mittlerweile auch von anderen Parteien aufgegriffen.

Ulrich: Fakt ist, dass die Themen, für die die Grünen stehen, von den anderen Parteien schnell in die unterste Schublade geschoben werden, wenn sie in der Regierung sind. Die Energiewende zum Beispiel wurde von der großen Koalition im Bund massiv abgebremst. Oder hier im Saarland: Den Nichtraucherschutz und die Abschaffung der Studiengebühren haben wir durchgesetzt. Die Grünen würden bei Wahlen auf Bundesebene nicht immer um die zehn Prozent kriegen, wenn sie überflüssig wären.

Die Saar-Grünen liegen bei Wahlen aber immer unter zehn Prozent.

Ulrich: Weil die Wählerstruktur hier anders ist. Wir haben eine ausgeprägte Industriekultur, wenige mittelständische Zentren, und die jungen Leute wandern ab. Zum Teil sind die Gründe dafür auch hausgemacht. Wir hatten einige unappetitliche Auseinandersetzungen, aber die sind beigelegt. Das ist deutlich wahrzunehmen.

Zum Thema:

Die Landeschefs der Grünen, Claudia Willger und Hubert Ulrich , haben den Wassergarten in Landsweiler-Reden als Interviewort gewählt. Der Garten wird mit 32 Grad warmem Grubenwasser aus 800 Metern Tiefe betrieben. Aus Sicht der Grünenchefs darf beim Thema Grubenwasser auf keinen Fall gespart werden. Das Pumpen des Grubenwassers kostet die RAG jedes Jahr 20 Millionen Euro. Deshalb plant sie, die Gruben nach und nach volllaufen zu lassen und das Wasser in die Saar abzuleiten. noe

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