Saarbrücker wollen an Willi Graf erinnern

St Johann · Er war Mitglied der „Weißen Rose“, einer Gruppe junger Leute, die Flugblätter gegen die Nazis verteilten und dafür enthauptet wurden – Willi Graf. Am 13. Oktober 2013 jährte sich seine Hinrichtung zum 70. Mal. Damals organisierten Schüler eine große Erinnerungsaktion, und der Stadtrat benannte das Saarufer von Congresshalle bis Ostspange nach Willi Graf – vergaß aber die Erinnerungstafel.

 Spektakuläre Erinnerungsaktion – Flugblätter der „Weißen Rose“ in der Europa-Galerie: Zum 70. Todestag von Willi Graf stellten Schüler der Willi-Graf-Realschule die Szene nach, die 1943 dazu führte, dass die Nazis die Mitglieder der „Weißen Rose“ erwischten und enthaupten ließen. SZ-Archiv-Fotos: Iris Maurer

Spektakuläre Erinnerungsaktion – Flugblätter der „Weißen Rose“ in der Europa-Galerie: Zum 70. Todestag von Willi Graf stellten Schüler der Willi-Graf-Realschule die Szene nach, die 1943 dazu führte, dass die Nazis die Mitglieder der „Weißen Rose“ erwischten und enthaupten ließen. SZ-Archiv-Fotos: Iris Maurer

 Auch Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (Mitte mit einer Rose) war 2013 dabei, als Schüler der Willi-Graf-Realschule zum 70. Todestag von Willi Graf in der Europa-Galerie weiße Rosen verteilten.

Auch Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (Mitte mit einer Rose) war 2013 dabei, als Schüler der Willi-Graf-Realschule zum 70. Todestag von Willi Graf in der Europa-Galerie weiße Rosen verteilten.

"Was los? Kalte Füße? Oder fehlt 'ne knackige Idee?" war der provokative Titel der SZ-Wochenkolumne vom Samstag, 22. November. Sie erinnerte daran, dass Saarbrücken zwar bereits seit dem 10. September 2013 ein Willi-Graf-Ufer hat - dass dort aber noch immer kein einziges Namensschild ist, und auch keine Tafeln, die erklären, wer Willi Graf war.

Die SZ hatte zuvor mehrmals darum gebeten, dass die Stadt Namensschilder und Erinnerungstafeln aufstellt, damit die Besucher der Stadt - beispielsweise die Hunderttausende beim Saar-Spektakel - erfahren, wo sie gerade flanieren und warum dieses Ufer so heißt. Aber es tat sich nichts. Darum fragte die SZ-Kolumne: "Was los? Kalte Füße? Angst, dass Saarländer sich unwohl fühlen, wenn da ein Schild steht, auf das sie stolz sein können? Oder fehlt ganz einfach nur der Text?" Und für genau diesen Fall lieferte die Kolumne auch gleich einen Vorschlag mit: "Oben Großbuchstaben: ,Willi-Graf-Ufer'. Drunter ganz normal: ,Willi Graf , geboren am 2. Januar 1918, war ein Saarbrücker Menschenfreund und Demokrat. Die Nazis folterten ihn 250 Tage lang, aber er verriet niemanden. Die Nazis enthaupteten ihn am 12. Oktober 1943. Er ruht auf unserem Friedhof St. Johann . Weil er und andere für die Demokratie kämpften, können wir heute hier in Ruhe feiern, bis das Licht ausgeht. Danke, Willi!" Die SZ bat Oberbürgermeisterin Charlotte Britz und die Stadtverwaltung darum, Saarbrücken möge sich solche Tafeln (oder andere mit einem vergleichbar "knackigen Text") vom "kommunalen Weihnachtsmann" wünschen. Dann stellte die SZ die Kolumne samt dem Textvorschlag auf dem Facebook-Angebot der Redaktion Stadtverband "Leben in Saarbrücken " zur Diskussion - und erhielt folgendes Echo.

Ariane Sauzay-Frohns schrieb: "Einen schönen Weihnachtswunsch haben Sie da, Herr Laskowski! Solch ein Held wie der Willi Graf war - davon kann es nicht genug geben - verdient in der Tat mehr, als dass ein nicht mal gekennzeichnetes Saar-Ufer seinen Namen trägt, ohne dass man weiß, was es damit auf sich hat."

Evelyn Zäh erklärte: "Der Text ist klasse, und jetzt muss das Ganze nur noch umgesetzt werden. Dürfte ja nicht so schwer sein!"

Catrin Endres empfahl: "Ausdrucken, laminieren, hinhängen."

Revilo Reppink kommentierte: "Ja, gute Idee. Muss demnächst mal suchen, wo dieses Ufer ist."

Daniel Kopp verriet: "Dass wir ein Willi-Graf-Ufer haben, ist das Erste, was ich höre! Da könnte man wirklich mal Werbung dafür machen!"

Peter Bauer, der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, gab zu und versprach: "So schwer es fällt, Laskowski hat Recht - wir kümmern uns!"

25 weitere Facebook-Nutzer hinterließen keinen Kommentar, erklärten aber, dass ihnen die SZ-Kolumne gefiel.

Andreas Hoffmann war weniger begeistert: "Das Willi-Graf-Ufer ist nun tatsächlich nichts Neues und mit Sicherheit die geringste Sorge, welche die Stadt hat. Aber danke SZ für einen weiteren Artikel, der...welcher..joa...halt für einen weiteren Artikel."

Dieter Reif glaubt: "Mit dem Mut der Verzweiflung wollte Mann/Frau Saarbrücken attraktiver gestalten. In einer Stadt mit Nothaushalt ein schwieriges Unterfangen. (Anm. der Red.: Saarbrücken muss seinen Haushalt zwar vom Innenministerium genehmigen lassen, hat aber keinen Nothaushalt.) Hat man doch noch so viel vor und will unbedingt sparen. Also woher nehmen wir das Geld für eine ordentliche Beschilderung, wo wir doch schon alles ausgegeben haben. EFRE-Mittel? Fehlanzeige! Landesmittel? Fehlanzeige! Städtische Mittel? Wo sind die geblieben. In den Müll getreten. Aber wir haben da ja noch die Anlieger, die man dazu zwingt, aus einer unteren Berliner Promenade ein Willi-Graf-Ufer zu gestalten und ihr komplettes Werbe-Management auf eigene Kosten, abzüglich der Kosten für die Ummeldung, neu zu gestalten. Begründung der LHS: Damit Feuerwehr und Rettungsdienste das Willi-Graf-Ufer finden. Finde ich toll, oder? Hoffentlich finden sich irgendwann Saarbrücker in Saarbrücken nicht mehr zurecht. Vielen Dank an unsere Bezirksbürgermeisterin und unsere Baudezernentin - ach, wie ich sie liebe."

facebook.com/saarbruecker

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