„Wir jammern wegen jeder Kleinigkeit“

Saarbrücken · Nur sechs Monate spielte der holländische Musiker Tim Vantol in der Band Antillectual. Dann sah er Chuck Ragan, Frontmann der Post-Hardcore-Band Hot Water Music, bei einem Solokonzert. Vantol ging ein Licht auf, und er wurde ebenfalls Singer-Songwriter. Warum das so war, und was er an Russland liebt, erzählte er SZ-Mitarbeiter Kai Florian Becker vor seinem Konzert am 28. September in Saarbrücken.

 Weiter auf dem eigenen Weg: Tim Vantol spielt lieber solo. Foto: Joe Davis

Weiter auf dem eigenen Weg: Tim Vantol spielt lieber solo. Foto: Joe Davis

Foto: Joe Davis

Sind Sie Solomusiker geworden, weil es unmöglich war, passende Musiker für eine neue Band zu finden?

Tim Vantol: Ich spielte seit jeher in Bands. Aber es war tatsächlich schwer, Musiker zu finden, die so motiviert sind wie ich. Dann sah ich vor acht Jahren in Rotterdam Chuck Ragan solo mit Akustikgitarre und dachte: Ja, er hat Recht, das ist es! Warum sich mit Mitmusikern rumschlagen und nicht lieber allein sein Ding durchziehen? Ich hatte das Vergnügen, seitdem mehrmals mit Ragan die Bühne zu teilen. Er ist ein sehr netter Zeitgenosse; ich habe viel von ihm lernen können.

Ist Punkrock nach wie vor ein großer Einfluss für Sie?

Tim Vantol: Das denke ich schon. Das Songschreiben ist nicht anders als zu Zeiten von Antillectual. Es beginnt immer mit Gesang und Gitarre. Letztlich spiegelt sich aber alles, was ich höre, irgendwie in meinen Liedern wider. Sei es nun Bluegrass, Punkrock , Folk, Country oder Pop. All das kann Einfluss auf meine Musik haben.

Können Sie sich noch an den ersten Song erinnern, den Sie geschrieben haben? Spielen Sie den noch?

Tim Vantol: An meinen allerersten selbst komponierten Song? Nein, den spiele ich nicht mehr, der ist Mist. Meinen ersten eigenen Solo-Song wiederum - das müsste "Nothing" sein - spiele ich jedes Mal, wenn ich auf der Bühne stehe.

Es war zu lesen, Sie waren 2011 mehrere Wochen lang in Russland auf Tournee?

Tim Vantol: Ja. Es war großartig und unglaublich. Russland ist eine komplett andere Welt. Wir spielten einige Shows in Städten, deren Namen ich noch nie zuvor gehört hatte. Das öffnete mir die Augen. Die Leute dort haben nicht viel, und wir hier jammern wegen jeder Kleinigkeit. Seit der Russlandtour begleitet mich ständig dieser Gedanke. Außerdem waren die Leute super nett und teilten mit uns das wenige, das sie hatten.

In den letzten sechs Jahren haben Sie nur zwei Soloalben veröffentlicht. "Road Sweet Road" erschien 2009 und ,,If We Go Down, We Will Go Together" in 2014. Fünf Jahre Abstand ist recht lang. Sind Sie so langsam mit dem Schreiben?

Tim Vantol: Nun, "If We Go Down, We Will Go Together" erschien schon 2013 in Eigenregie, bevor es im Jahr darauf vom Label Uncle M wiederveröffentlicht wurde. Aber okay, das macht mich dennoch zu einem langsamen Komponisten. Andererseits nehme ich mir lieber die Zeit, die ich brauche, und bin glücklich mit dem Endergebnis.

Tim Vantol gastiert am 28. September, 19 Uhr, in der Garage in der Bleichstraße.

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