„Wir sind offen für Gespräche“

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine erneuert seine Forderung nach höheren Reichensteuern und hält die Akzeptanz der Windkraft auch für eine Generationenfrage. Mit ihm sprach SZ-Redakteur Daniel Kirch.

 Oskar Lafontaine hält die Linke für regierungsfähig. Foto: B&B

Oskar Lafontaine hält die Linke für regierungsfähig. Foto: B&B

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Sie halten die Politik der Landesregierung für grundfalsch. Wie erklären Sie sich, dass nach dem jüngsten "Saarland-Trend" immerhin 58 Prozent der Saarländer mit der Arbeit der großen Koalition zufrieden sind?

Lafontaine: Das ist in der Tat erstaunlich, nach den vielen Pleiten, Pech und Pannen - Vierter Pavillon, HTW-Neubau, Fischzucht, Whitesell. Aber ich kann mich an keine einzige Umfrage im Bund oder in einem Bundesland erinnern, bei der nicht eine Mehrheit der Bevölkerung eine große Koalition gut gefunden hätte.

Die Linke steht derzeit im Saarland nur noch bei zehn Prozent. Was macht Ihre Partei falsch?

Lafontaine: Wir werden bei Umfragen immer unter Wert gemessen. Im Übrigen hatte und hat die Linke - wie alle neuen Parteien - eine Reihe von Mitgliedern in ihren Reihen, die etwas schwierig sind. Das geht natürlich zu Lasten des Ansehens der Gesamtpartei. Dennoch liegt die Linke im Saarland nach wie vor deutlich über dem westdeutschen Durchschnitt.

Sie haben in der Politik das große Rad gedreht. Ist es da nicht frustrierend, wenn Sie in der Opposition im Landtag nur noch kritisieren und Gesetzentwürfe für den Papierkorb schreiben können?

Lafontaine: Das ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Aber ich war immer der Meinung, dass die Opposition eine wichtige Rolle hat. Wir setzen eine ganze Reihe von Themen: mehr Belegschaftsbeteiligung, niedrigere Dispozinsen, keine Totalüberwachung durch NSA und Geheimdienste, keine Zerstörung der Landschaft durch Windkraft-Anlagen, mehr Demokratie durch Volksentscheide . Beispielsweise brauchen wir einen Bürgerentscheid, bevor Windkraft-Anlagen aufgestellt werden.

Ist die Akzeptanz von Windrädern in der Landschaft eine Generationenfrage?

Lafontaine: Das kann sein. Ästhetik ist eine persönliche Empfindung. Als junger Mann war auch ich an allem interessiert, aber nicht so sehr an der Schönheit der Landschaft. Insofern ist es ein Generationenproblem. Aber es gibt ja nicht nur junge Menschen.

Stellenabbau bei Lehrern und Polizisten, Fächerschließungen an der Uni - kommt Ihnen das aus Ihrer Amtszeit als Ministerpräsident bekannt vor?

Lafontaine: Selbstverständlich. Wenn es nicht gelingt, die Einnahmeseite der öffentlichen Haushalte zu verbessern, hat man gar keine andere Wahl, als sich an den Ausgaben vergleichbarer Flächenländer zu orientieren. Das war immer meine Politik. Mein Kronzeuge ist Eugen Roth . . .

. . . der damalige Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei .

Lafontaine: Wenn er zu mir gekommen ist und mehr Stellen gefordert hat, habe ich gesagt: Eugen, weise mir erstmal nach, dass es in Rheinland-Pfalz mehr Stellen gibt, dann kriegst du sie auch. Das hat er eingesehen. Die Landesfinanzen sind nur dann in Ordnung zu bringen, wenn beides beachtet wird: keine höheren Ausgaben als andere und eine Verbesserung der Einnahmen. Wir wollen trotz der angespannten Haushaltslage Steuererleichterungen für Arbeitnehmer, dafür aber eine deutlich höhere Besteuerung der Millionen-Einkommen, -Vermögen und -Erbschaften.

Ist Rot-Rot-Grün im Land 2017 aus Ihrer Sicht wünschenswert?

Lafontaine: Das kommt darauf an, welche Politik möglich ist. Wir waren 2009, 2011 und 2012 zu einer gemeinsamen Regierungsverantwortung bereit und sind nach wie vor offen für Gespräche. Aber da SPD und Grüne gemeinsam mit der CDU die neoliberale Politik in Form von Rentenkürzungen, Lohndrückerei über Hartz IV, Sozialkürzungen über die Agenda 2010 und Steuersenkungen für Reiche zu verantworten haben und im Wesentlichen an dieser Politik festhalten, ist eine Zusammenarbeit auch im Land schwierig. Für uns steht fest: Der Haushalt des Landes kann nicht allein mit Ausgabenkürzungen saniert werden. Ohne höhere Reichensteuern geht es nicht.

Wäre Ihre Partei überhaupt regierungsfähig?

Lafontaine: Wenn ich nur mal die erste Bank der Fraktionen im Landtag sehe (bei der Linken: Lafontaine und Heinz Bierbaum; d. Red.), habe ich nicht den Eindruck, dass die anderen Fraktionen besser besetzt sind.

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