„Eine Sparorgie nach Rasenmäher-Methode“

Der Saartalk ist eine Gesprächsreihe von SR und SZ. Zur Halbzeit der Legislaturperiode stellten sich Klaus Kessler, Vize-Fraktionschef der Grünen im Saar-Landtag, Piraten-Landesparteichef Michael Hilberer und Heinz Bierbaum, parlamentarischer Geschäftsführer der Saar-Linken, den Fragen von SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst. SZ-Redakteur Johannes Schleuning hat Auszüge aus dem Gespräch dokumentiert.

 Klaus Kessler, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Saar-Landtag, Piraten-Landesparteichef Michael Hilberer und Heinz Bierbaum, parlamentarischer Geschäftsführer der Saar-Linken (von links), im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (rechts). Foto: Becker&Bredel

Klaus Kessler, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen im Saar-Landtag, Piraten-Landesparteichef Michael Hilberer und Heinz Bierbaum, parlamentarischer Geschäftsführer der Saar-Linken (von links), im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (rechts). Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Herbst: Herr Kessler, die CDU arbeitet mit der SPD deutlich geräuschloser zusammen als vorher mit FDP und Grünen im Jamaikabündnis. Welche Schulnote würden Sie der großen Koalition geben?

Kessler: Ich denke, dass ein "mangelhaft" an dieser Stelle gerechtfertigt ist, weil ich nicht den Fortschritt für dieses Land sehe, den sich die Bürger von einer großen Koalition versprechen. Dies insbesondere im Hinblick auf das, was sich im Haushalt abspielt. Ich sehe keine Entwicklung in Richtung eines Altschuldenfonds auf Bundesebene, ich sehe keine konkreten Akzente im Bereich der Einnahmenverstärkung, und ich sehe eine Sparorgie nach Rasenmäher-Methode, die im Grunde genommen nicht nach den Prioritäten erfolgt, wie sie das Land bräuchte. (…)

Klein: Herr Hilberer, wo liegt für Sie der Hase im politischen Pfeffer?

Hilberer: Ich würde mich dem "mangelhaft" durchaus anschließen. Ungenügend ist es noch nicht, aber wir kommen nicht voran. Die Zukunftsfähigkeit des Landes liegt weiterhin im Dunkeln. Schauen wir uns nur die Universität an: Da müssen wir investieren, um fit zu werden für die Informationsgesellschaft, die da kommt. Stattdessen wird dort gespart. So funktioniert das nicht.

Herbst: Herr Bierbaum, zweimal "mangelhaft". Schließen Sie sich an oder kommen Sie zu einem ganz anderen Ergebnis?

Bierbaum: Ich schließe mich dem "mangelhaft" an. Und zwar deswegen, weil die Landesregierung in ganz wesentlichen Feldern ihre Ziele nicht erreicht hat. Erstens im Bereich des Haushaltes. Wir sind von einer Haushaltskonsolidierung weit entfernt, die Schuldenproblematik ist alles andere als gelöst. Der zweite Punkt sind die Hochschulen. Hier hat die Landesregierung erhebliche Fehler gemacht. Wie sie mit den Hochschulen umgegangen ist, ist existenzgefährdend für dieses Land. Hier haben wir ein völliges Versagen der Regierung festzustellen. Und der dritte Punkt: Ich vermisse Impulse im Bereich der Wirtschaft. Auch hier hat die große Koalition nichts zu Wege gebracht. (…) Und die Ministerpräsidentin steht für dieses "mangelhaft".

Herbst: Herr Kessler, wie erklären Sie sich dann, dass die große Koalition bei Umfragen doch immer vergleichsweise hohe Zustimmung im Land bekommt? Das passt ja nicht zu der Einschätzung von Ihnen dreien . . .

Kessler: Ja, es herrscht eine relative Ruhe im Land. Ich könnte natürlich auch sagen, es ist ein gewisser Mehltau, der sich über das Land gelegt hat. Es gibt keine Leitinvestitionen in diesem Land, auch im Hinblick auf das, was beispielsweise in der Infrastruktur und Verkehrspolitik zu leisten wäre. Ich sehe die Gefahr, dass das Land abgehängt wird, etwa wenn man an die ICE-Verbindungen denkt, die jetzt gekürzt werden sollen. Dass der Saarländer dies im Wesentlichen akzeptiert, hängt ein bisschen auch mit der Mentalität zusammen. Aber er spürt auch noch nicht direkt die Auswirkungen. Wenn es jetzt allerdings dazu kommt, dass Schulen geschlossen werden, dass Lehrerstellen abgebaut werden, dann wird sich die Stimmung im Land schon ändern, und es wird aus dieser relativen Ruhe eine relative Unruhe werden.

Klein: Herr Hilberer, hat die Opposition vielleicht auch noch nicht die richtige Strategie gefunden, um ihre Themen und ihre Kritik zu artikulieren?

Hilberer: Derzeit gelingt es der Regierung, die Probleme klein zu reden. Das funktioniert aber nur im Moment, weil die Probleme sich aufbauen. (…) Deshalb ist es jetzt relativ einfach für die Landesregierung zu sagen, wir machen eine gute Arbeit. Aber in Wirklichkeit macht sie nicht sehr viel, sondern verwaltet nur ein bisschen vor sich hin.

Klein: Tun Peter Altmaier und Heiko Maas als Minister in Berlin genug für das Saarland?

Bierbaum: Im Ergebnis sehen wir da wenig. Es fängt an bei den Bundesbehörden, die im Saarland unterrepräsentiert sind. Das zeigt sich beim Fernverkehr, wo die beiden Minister offensichtlich keinen Einfluss hatten, denn das Land wird nun ein Stück weit vom Fernverkehr abgekoppelt. Was ich im Resultat mitbekomme, ist also sehr, sehr wenig. Ich erwarte mir aber mehr davon.

Herbst: Herr Bierbaum, wird Oskar Lafontaine bei der nächsten Landtagswahl 2017 nochmal für die Linken antreten?

Bierbaum: Das hat er bisher offen gelassen, das ist aber überhaupt nicht auszuschließen. (…) Bisher gibt es keine Signale in die eine oder andere Richtung. (…) Oskar Lafontaine ist natürlich nach wie vor ein Zugpferd. Mit Lafontaine haben wir immer ein besseres Wahlergebnis als ohne ihn. (…)

Herr Kessler, die Frankreich-strategie der Landesregierung ist . . .


Kessler: . . . richtig, muss aber untermauert werden durch die entsprechenden Investitionen.

Herr Bierbaum, die Gefahr der Schuldenbremse liegt in . . .

Bierbaum: . . . den mangelnden Zukunftsinvestitionen.

Herr Hilberer, die Opposition im Saarländischen Landtag braucht mehr Rechte, weil . . .

Hilberer: . . . wir in diesem Land einen Wettstreit der besten Ideen brauchen. Momentan gehen aber Ideen unter, das ist gefährlich.

Herr Kessler, die Proteste gegen G 8 sind . . .

Kessler: . . . ernst zu nehmen, weil im Schulsystem des Landes die Zukunft steckt.

Herr Bierbaum, bei den Linken wird parteiintern mehr gestritten als bei CDU und SPD , weil . . .

Bierbaum: . . . wir eine junge, pluralistische Partei sind, die den Streit liebt.

Herr Hilberer, der Absturz der Piraten erklärt sich . . .

Hilberer: . . . durch eine fehlende gemeinsame Vision, die müssen die Piraten erarbeiten.

Herr Kessler, die Erfolge der AfD sind . . .

Kessler: . . . das Ergebnis eines politischen Populismus, der auf einfache Lösungen für komplizierte Fragen setzt.

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