Über das Bedürfnis der Menschen, sich über Wahnsinn auszutauschen

Saarbrücken · Über die trüben Verhältnisse mal so richtig lachen, das kann man am 10. Januar beim Gastspiel des renommierten Düsseldorfer Kom(m)ödchens im Staatstheater. SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss sprach mit dem Kom(m)ödchen-Mitglied Martin Maier-Bode darüber, worum es im Programm „Deutschland gucken“ geht und warum Kabarett wieder in ist.

 Die drei Jungs und das Mädel von Kom(m)ödchen. Martin Maier-Bode ist der erste von links.Foto: Staatstheater

Die drei Jungs und das Mädel von Kom(m)ödchen. Martin Maier-Bode ist der erste von links.Foto: Staatstheater

Foto: Staatstheater

In ihrem Programm treffen sich drei Freunde zum Fernsehabend mit Länderspiel. Wieso eigentlich Fußball, es ist doch keine WM?

Maier-Bode: Nun ja, Fußball ist ja der kleinste gemeinsame Nenner für Gespräche, auf jeden Fall für Männer. Darüber sind Männer schnell fähig, in Kommunikation zu kommen. Und dass die an dem Tag gestört wird, ist das, was uns stückmäßig interessiert.

... weil einer seine Freundin mitbringt...

Maier-Bode: Genau. Dass die drei dann anfangen, über gesellschaftliche Phänomene zu sprechen und einen Blick auf das Deutschland unserer Zeit werfen. Wir haben immer schon den Hang, Geschichten unterzubringen. Die Möglichkeit, die das Boulevard-Theater oder auch die Sitcom haben, Figuren mit verschiedenen Positionen aufeinander schießen zu lassen, das ist wahnsinnig produktiv. Wie wollten mit den Figuren so was wie Archetypen der Gesellschaft zusammenbringen: den Leistungsorientierten, der immer mehr zweifelt und den Frust der Mittelschicht hat, dann den Philanthropen, der immer einen leicht schrägen Blick auf die Gesellschaft wirft und alles in Frage stellt, aus einer linken Position. Der dritte Mann ist der Erbe, der viel Geld hat, eine Stiftung gründet, aber auch ein bisschen leer ist, nicht weiß, wofür er es einsetzen soll. Deshalb steht er auch auf diese Frau, weil sie so ein kreativer Kopf ist.

Ist es für Kabarettisten schwieriger geworden, Themen zu finden, die nicht schon am nächsten Tag wieder überholt sind? Durch die sozialen Netzwerke werden die politischen Debatten ja noch zusätzlich vervielfältigt und beschleunigt.

Maier-Bode: Es ist auf jeden Fall eine Beschäftigung. Als wir vor zweieinhalb Jahren mit dem Programm anfingen, war das Hauptthema Dobrindts Maut und wir dachten schon: Mein Gott, so richtig dicke Themen gibt es ja gar nicht. Kurz danach fing es an mit Griechenland, wir mussten das komplette Stück umarbeiten. Unser Verhältnis zu den Europäern war plötzlich ein komplett anderes geworden. Und wir Deutschen gaben als Vertreter des Sparkurses, die allen den Hals abwürgen, ein schlechtes Bild ab. Da kamen die ersten Flüchtlinge , das Thema wurde wahnsinnig wichtig. Auch die Art wie man über Flüchtlinge redete, das hat sich komplett geändert. Dann kam die AfD - damit verbunden die Frage: Wie sicher kann man sich seiner Demokratie sein. Man hatte natürlich immer schon das Gefühl, man geht auf dünnem Eis, aber dass es so dünn wird. Die politischen Parameter wechselten sehr schnell. Wir haben vier fünf Inseln im Programm, die wir mindestens wöchentlich, wenn nicht manchmal sogar täglich überarbeiten, wenn was passiert.

Vor Jahren galt das politische Kabarett fast als tot, alle interessierten sich nur noch für Comedy. Hat sich das sehr gewandelt?

Maier-Bode: Absolut. Wenn man sieht, wie viele, auch sehr gute, Kabarett-Sendungen es im Fernsehen gibt, wie gut die Kabarettisten besucht sind, von jeder Altersklasse, auch von jungen und mittelalten Leuten. Ich glaube, es gibt ein großes Bedürfnis der Menschen, sich über den ganzen Wahnsinn, der passiert, auszutauschen.

Auf jeden Fall gibt es beim Gros auch das Bedürfnis nach Inhalt beim Witz. Die ganzen sozialen Medien sind meist wahrscheinlich eher frustrierend, weil man entweder nur die Ja-Sager hat oder in Welten gerät, die man ganz fürchterlich findet.

Termin: 10. Januar, 19.30 Staatstheater , Karten: kasse@staatstheater.saarland und Tel.(06 81) 3 09 24 86

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