„Die Stadt wird unterschätzt“

Saarbrücken · Wie lockt man junge Besucher an, ist international und zugleich regional gut angebunden? SZ-Redakteurin Ilka Desgranges sprach mit Leiterin Andrea Jahn über ihre Ansprüche an die Saarbrücker Stadtgalerie.

 Andrea Jahn, Leiterin der Saarbrücker Stadtgalerie. Foto: Iris Maurer

Andrea Jahn, Leiterin der Saarbrücker Stadtgalerie. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Die Saarbrücker Stadtgalerie öffnet heute nach zweiwöchiger Pause wieder. Zu sehen ist die Ausstellung "Nach der Natur". Von der Ausstellung "Neon", die im Frühjahr gezeigt wurde, haben Sie gesagt: Da kommen auch Leute hin, die sonst nicht in die Stadtgalerie kommen.

Jahn: Mit einer solchen Themenausstellung sprechen wir natürlich sehr viel mehr Leute an. Das Konzept war ja bisher immer eine Paarung zweier verschiedener künstlerischer Konzeptionen. Das funktioniert natürlich prima für ein Publikum, das sich auch für junge Kunst interessiert und nicht die großen Namen sucht. Blockbuster gibt es in der Stadtgalerie keine, das ist ja auch nicht unsere Aufgabe. Aber wir haben natürlich vor, ein internationales Programm auf die Beine zu stellen. Mit "Neon" haben wir einen neuen Schritt getan. Das ist eine Kooperation mit dem Museum für konkrete Kunst in Ingolstadt, die wir alleine gar nicht hätten auf die Beine stellen können.

Gehen Sie mit dieser Ausstellung auch einen Schritt in die Stadt, einen Schritt auf die Menschen zu?

Jahn: Das war von Anfang an mein Ziel: Wir versuchen, an verschiedene Generationen heranzutreten, die Menschen überall abzuholen. Wir machen kein Programm für ein ausgesuchtes Kunstpublikum, sondern versuchen, auch diejenigen zu erreichen, die mit aktueller Kunst noch keine Erfahrung haben. Kinderprogramm, Lesungen, Konzerte laufen mit unseren Ausstellungen zusammen.

Als Sie vor fast zwei Jahren nach Saarbrücken kamen, haben Sie von Spaß gesprochen. Spaß, etwas aufbauen zu können. Hat sich der Spaß gehalten?

Jahn: Ich würde sagen, ich habe den schönsten Beruf auf dieser Welt. Gerade an der Ausstellung "Neon" habe ich gemerkt, dass sich dieses Gebäude hervorragend eignet, nicht nur für installative Kunst, sondern auch für solche Präsentationen von Malerei, weil wir hier richtige Räume haben, die es auch aushalten, wenn starke Positionen aufeinandertreffen.

Das ist ein schönes Kompliment für das Haus. Wie sieht es aus mit dem Verhältnis der Saarbrücker zu der Stadtgalerie? Für viele ist sie immer noch unentdeckt, obwohl sie sich mitten in der Stadt befindet.

Jahn: Was die Infrastruktur angeht, müssen wir auf jeden Fall noch viel tun. Wir brauchen zum Beispiel ein Leitsystem in der Stadt, Plakatieren alleine reicht nicht. Aber das sind kleine Schritte. Im Grund müsste eine große Lösung her, also eine neue Eingangssituation geschaffen werden, die die Menschen ins Haus holt und nicht eine Hinterhofsituation, wie wir sie jetzt haben. Das ist einfach wahnsinnig mühsam. Ich denke, in Zusammenarbeit mit dem Saarlandmuseum werden wir einen größeren Weg einschlagen müssen, indem wir sagen, wir entwickeln neue Formate. Etwa einen Abend, an dem alle gemeinsam eröffnen, an dem die Innenstadt Saarbrückens zur Kunstmeile wird. Nicht im Sinne einer Museumsnacht, wo es um die Party geht. Wir wollen dann wirklich Kunstpublikum ansprechen mit sehr vielen Angeboten, die Kunst soll aber im Vordergrund stehen. Das Saarlandmuseum kämpft gerade mit seinem Bauzaun, viele wissen nicht, dass dahinter ganz wunderbare Dinge zu sehen sind, und wir verschwinden mit der Stadtgalerie ein bisschen hinter den Fassaden im Innenhof. Im Grund haben wir ein ähnliches Problem und wollen es auch gerne gemeinsam lösen.

Nachdem Sie die Stadt seit fast zwei Jahren kennen, wie würden Sie Saarbrücken beschreiben? Allgemein und im Bezug auf Kunst.

Jahn: Saarbrücken hat mich aufs Schönste willkommen geheißen. Ich mag die Menschen hier. Es herrscht eine sehr offene Atmosphäre. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier gegeneinander arbeiten. Es gibt keinen Konkurrenzkampf. Manche Dinge gehen vielleicht ein bisschen langsamer als anderswo. Im Grund habe ich eine sehr schöne Arbeits- und Lebenssituation. Es ist aber wichtig, sich nicht allzu wohl zu fühlen und sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: "Ach, wie schön haben wir es hier." Ich will mehr. Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass die Stadtgalerie überregional wieder zur Kenntnis genommen wird, dass man auch sieht, was Saarbrücken als Stadt zu bieten hat. Das wird von außen leider immer noch unterschätzt.

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