Neuer Blick auf den Nachbarn

Die Deutsch-Französische Gesellschaft Saar gibt es seit 55 Jahren. Durch Vorträge und Ausflüge möchte der Vorsitzende Professor Peter Moll seine Mitglieder auf den neuesten Stand bringen. Auch wer kein Französisch kann, ist willkommen, sagte er im Gespräch mit SZ-Redakteurin Hélène Maillasson.

Herr Moll, als Vorsitzender der Deutsch-Französischen Gesellschaft Saar (DFG) möchten Sie, dass sich noch mehr Leute für das Nachbarland interessieren. Ist es angesichts von Wirtschaftskrise und Terror-Anschlägen schwer für Sie, neue Menschen für das Land zu begeistern?

Moll: Ganz konkret hat mich bisher noch kein einziges potenzielles Mitglied darauf angesprochen. Natürlich ist die aktuelle politische Situation in Frankreich nicht so positiv. Aber wir von der Deutsch-Französischen Gesellschaft sind ein Kulturverein. Wir mischen uns nicht in politische Fragen ein. Wir nehmen die Probleme zur Kenntnis. Die Situation kann aber in ein paar Jahren ganz anders sein. Was uns als Verein interessiert, ist die französische Lebensart, die tolle französische Kultur, die sich in Kunst und Architektur widerspiegelt, und die großartigen und vielfältigen Landschaften.

Viele Vereine haben es schwer, Nachwuchs an sich zu binden. Die DFG ist 55 Jahre alt und zählt 309 Mitglieder. Wie viele davon sind jünger als 55?

Moll: Ungefähr fünf Prozent. Dass junge Menschen weniger Zeit für Vereine im Allgemeinen haben, hängt mit ihrem Alltag zusammen. Heutzutage sind sie viel mehr beruflich eingespannt, als wir es vor 30, 40 Jahren waren. Die jungen Leute haben dann eine doppelte Belastung, weil sie noch ihre Familie aufbauen. Daher sehen sie für eine Kulturgesellschaft wie die DFG keinen Spielraum. Dennoch machen wir uns auch viele Gedanken darüber, wie wir unser Programm ergänzen können, um mehr 20- bis 50-Jährige zu erreichen.

Warum lohnt es sich, bei der DFG mitzumachen?

Moll: Mit unserem Verein kann man Frankreich erleben und neue Facetten des Landes entdecken. Ich organisiere jedes Jahr eine Fahrt in unsere Nachbarregionen. Da lernen wir eine Stadt und dort auch einen Betrieb kennen. Im Sommer waren wir zum Beispiel in den südlothringischen Badeorten und in Mirecourt. Das ist eine der Hochburgen des Geigenbaus in Frankreich, die haben wir besichtigt und gesehen, wie die Saiteninstrumente hergestellt werden. Ich suche mir immer etwas raus, wo man sonst nicht so hinkommt. Manche Saarländer haben ein falsches oder veraltetes Bild von unseren französischen Nachbarregionen, die als rückständig gelten. Das ist nicht so. In den vergangenen Jahren hat sich dort sehr viel getan und in manchen Bereichen sind sie an der Spitze. Ich will den Menschen einen neuen Blick auf den "Grand Est" vermitteln. Und bei solchen Tagesfahrten nach Frankreich gehört ein gutes Essen natürlich mit dazu. Auch die Sprache ist kein Hindernis. Die Vereinsveranstaltungen sind auf Deutsch, und wenn wir in Frankreich unterwegs sind, ist immer jemand dabei, der übersetzt.

Was ist für die nächsten Monate geplant?

Moll: Unter anderem ein literarischer Abend mit einem Vortrag über die Literatur aus Champagne-Ardenne von einem deutschen Literaturwissenschaftler. 2017 wollen wir dann auch in die Ardennen fahren. Wir haben zwei weitere Vorträge in Vorbereitung, zwei Musikveranstaltungen, eine Reise nach Paris und eine Studienreise in die Haute-Savoie.

Seit ein paar Jahren dreht sich im Saarland wieder vieles um Frankreich. Haben Sie den Eindruck, dass die Frankreich-Strategie der Landesregierung ankommt?

Moll: Eine Strategie ist immer langfristig angelegt. Konkrete Aspekte verliert man schnell aus den Augen. Deshalb ist es für die Regierung wichtig, die Zwischenschritte immer neu zu verdeutlichen. Wir als Deutsch-Französische Gesellschaft betrachten uns als kleiner Partner und merken auch, wie schwer es ist, auf unserer Ebene Brücken zwischen den Zivilgesellschaften zu bauen. Man braucht einen beherzten Ansatz und einen langen Atem. Jetzt haben wir aber zwei französische Mitglieder im Vorstand, die die Weichen dafür stellen.

dfg-saar.de

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